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+++ Nachrichten im Nahost-Konflikt +++Merz, Macron und Starmer fordern Ende der „humanitären Katastrophe“

In einer gemeinsamen Erklärung fordern Berlin, Paris und London ein Ende der Blockade für humanitäre Hilfe und einen sofortigen Waffenstillstand in Gaza.

Der Sprecher und sein Kanzler: Stefan Kornelius mit Friedrich Merz Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

Starmer: Anerkennung Palästinas als Staat muss Teil eines Friedensplans sei

Die Anerkennung Palästinas als Staat muss dem britischen Premierminister Keir Starmer zufolge Teil eines umfassenderen Planes für eine dauerhafte Sicherheit für Palästinenser und Israelis sein. Er arbeite mit Verbündeten an den Schritten, die für einen Frieden im Gaza-Konflikt notwendig seien, erklärt Starmer nach der Ankündigung Frankreichs, Palästina als Staat anzuerkennen. Starmer zufolge muss die Anerkennung eines palästinensischen Staates einer der Schritte sein. „Darin bin ich eindeutig. Aber sie muss Teil eines umfassenderen Plans sein, der letztlich zu einer Zweistaatenlösung und zu einer dauerhaften Sicherheit für Palästinenser und Israelis führt.“ (rtr)

Berlin, Paris und London: „Humanitäre Katastrophe“ im Gazastreifen „muss jetzt enden“

Deutschland, Frankreich und Großbritannien haben Israel zur Aufhebung aller Beschränkungen für humanitäre Hilfslieferungen in den Gazastreifen aufgerufen. „Die humanitäre Katastrophe, die wir derzeit im Gazastreifen beobachten, muss jetzt enden“, forderten Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU), Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und der britische Premierminister Keir Starmer am Freitag in einer gemeinsamen Erklärung. Zudem riefen sie zu einem sofortigen Waffenstillstand in dem Palästinensergebiet und zur „bedingungslosen“ Freilassung aller Hamas-Geiseln auf.

Merz, Macron und Starmer übten zudem scharfe Kritik an Äußerungen israelischer Regierungsmitglieder zur möglichen Annexion palästinensischer Gebiete. „Wir lehnen jegliche Bemühungen, israelische Souveränität über die besetzten palästinensischen Gebiete zu erzwingen, entschieden ab“, hieß es in der gemeinsamen Erklärung dazu. Die Staatenlenker erklärten weiter: „Annexionsdrohungen, Siedlungsbau und Gewaltakte von Siedlern gegen Palästinenser untergraben die Aussichten auf eine ausgehandelte Zweistaatenlösung.“

Deutschland, Frankreich und Großbritannien seien weiterhin bestrebt, gemeinsam mit internationalen Partnern einen „konkreten und glaubwürdigen Plan für die nächste Phase im Gazastreifen zu erarbeiten“. Dieser müsse „Übergangsregelungen für die Regierungsführung und Sicherheit“ enthalten und einhergehen mit dem „Rückzug der israelischen Streitkräfte und der Absetzung der Hamas-Führung“.

Der britische Premier Stamer hatte am Donnerstag für den Folgetag ein Krisengespräch mit Merz und Macron zur Lage angekündigt. Darin solle es um die Versorgung der Menschen im Gazastreifen mit Lebensmitteln und Lösungen für einen „dauerhaften Frieden“ gehen, hatte Starmer erklärt.

Israel war in den vergangenen Tagen wegen der verheerenden humanitären Lage im Gazastreifen zunehmend unter Druck geraten. Mehr als hundert Hilfsorganisationen hatten vor einem „massenhaften Verhungern“ in dem Palästinensergebiet gewarnt.

Israel weist die Kritik zurück. Die Regierung wirft der Hamas vor, die Verteilung von Hilfsgütern im Gazastreifen zu behindern, die humanitären Lieferungen selbst zu plündern, Nahrungsmittel zu überhöhten Preisen zu verkaufen und auf Hilfesuchende zu schießen. (afp)

Bundesregierung: Anerkennung zum jetzigen Zeitpunkt falsch

Die USA ziehen sich aus den Verhandlungen in Doha zurück Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

Die Bundesregierung hält die Anerkennung eines palästinensischen Staates zum jetzigen Zeitpunkt für falsch. „Die Bundesregierung hält an der Überzeugung fest, dass nur eine verhandelte Zwei-Staaten-Lösung dauerhaft Frieden und Sicherheit für Israelis und Palästinenser bringen wird“, sagte Regierungssprecher Stefan Kornelius. „Die Anerkennung eines palästinensischen Staates betrachtet sie weiter als einen der abschließenden Schritte auf dem Weg zur Verwirklichung einer Zwei-Staaten-Lösung.“ Israels Sicherheit habe dabei für die Bundesregierung übergeordnete Bedeutung. „Die Bundesregierung plant insofern nicht kurzfristig einen palästinensischen Staat anzuerkennen.“

Der Regierungssprecher wiederholte die Forderungen nach einem Waffenstillstand in Gaza, der Freilassung der Geiseln und einer Verbesserung der katastrophalen humanitären Lage in Gaza. Eine tragfähige politische Perspektive für Gaza sei notwendig. Auch dürfe es keine weiteren Schritte zu einer Annexion des Westjordanlandes geben. „Die Bundesregierung ist bereit, den Druck zu erhöhen, wenn Fortschritte ausbleiben“, so Kornelius weiter. Welche Schritte dazu denkbar wären, sagte er nicht. (sam)

Deutsch-Israelische Gesellschaft: Macrons Pläne sind ein „politischer Irrweg“

Die Deutsch-Israelische Gesellschaft hat die Pläne von Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron zur Anerkennung eines Staates Palästina als „politischen Irrweg mit gravierenden Folgen“ kritisiert. Sie komme einer „Belohnung“ der radikalislamischen Hamas gleich, die für den Überfall auf Israel im Oktober 2023 verantwortlich sei, erklärte der Präsident der Gesellschaft, Volker Beck, am Freitag. „Eine Anerkennung zu diesem Zeitpunkt stärkt nicht die Kräfte des Friedens, sondern jene des Terrors.“ (afp)

Deutsch-Palästinensische Gesellschaft: Auch Deutschland muss Palästina anerkennen

Die Deutsch-Palästinensische Gesellschaft (DPG) hat die Ankündigung aus Frankreich zur Anerkennung eines palästinensischen Staats begrüßt und die Bundesrepublik aufgefordert, das ebenfalls zu tun. „Es ist an der Zeit, dass die Bundesregierung vollendete Tatsachen schafft und endlich den palästinensischen Staat ebenso anerkennt“, teilte der Verein am Freitag gegenüber der Nachrichtenagentur AFP mit. „Die momentane deutsche Nahostpolitik ist nach unserer Auffassung nicht nachvollziehbar.“ (afp)

IAEA-Chef optimistisch mit Blick auf Iran

Der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Rafael Grossi, zeigt sich optimistisch, dass seine Inspektoren noch in diesem Jahr in den Iran zurückkehren können. Es sei wichtig, nun mit Teheran die Einzelheiten für eine Wiederaufnahme der Inspektionen zu besprechen, sagt Grossi vor Journalisten. „Wir müssen uns darüber einigen, wohin wir gehen und wie wir es tun“, sagt er. „Wir müssen uns anhören, welche Vorsichtsmaßnahmen der Iran für notwendig hält.“ Hintergrund ist der seit Jahren andauernde Streit über das iranische Atomprogramm. Teheran hatte in der Vergangenheit die Arbeit der IAEA-Inspektoren wiederholt eingeschränkt oder die Experten des Landes verwiesen. (rtr)

Paris: Anerkennung eines Palästinenserstaats richtet sich gegen Hamas

Die Ankündigung des französischen Präsidenten Emmanuel Macron zur Anerkennung eines palästinensischen Staats richtet sich nach Auffassung des französischen Außenministers Jean-Noël Barrot gegen die radikalislamische Hamas. „Die Hamas hat eine Zweistaatenlösung immer ausgeschlossen. Indem Frankreich Palästina anerkennt, stellt es sich gegen diese terroristische Organisation“, erklärte Barrot am Freitag im Onlinedienst X. Frankreich gebe „dem Lager des Friedens“ recht und nicht „dem Lager des Krieges“, betonte der Außenminister. (afp)

Palästinenser begrüßen geplante Anerkennung durch Frankreich

Die Palästinensische Autonomieverwaltung (PA) begrüßt die Ankündigung von Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron, Palästina als Staat anerkennen zu wollen. Dies bestätige, dass sich Frankreich dem internationalen Recht verpflichtet fühle, sagte PA-Vizepräsident Hussein al-Scheich nach Angaben der palästinensischen Nachrichtenagentur Wafa. Paris unterstütze damit das Recht des palästinensischen Volkes auf Selbstbestimmung und auf einen eigenen Staat, fügte er hinzu. (dpa)

Linke: Deutschland sollte Frankreichs Anerkennung von Palästinenserstaat folgen

Die Linkspartei hat die durch den französischen Präsidenten Emmanuel Macron angekündigte Anerkennung eines eigenständigen Palästinenserstaats begrüßt. „Die Anerkennung Palästinas durch Frankreich ist ein wichtiges Zeichen“, sagte Linken-Chef Jan van Aken der Nachrichtenagentur AFP am Freitag. „Die Bundesregierung sollte dem Schritt Frankreichs sofort folgen und auch Palästina als souveränen Staat anerkennen.“

Einen dauerhaften Frieden in Nahost könne es nur „mit einer echten Zweistaatenlösung“ geben, betonte van Aken. „Das bedeutet die Anerkennung der Souveränität von beiden Staaten: Israel und Palästina.“ Der Linken-Chef forderte die Bundesregierung auch auf, Frankreich gegen Kritik zu verteidigen. „Frankreich wird nun von den USA und Israel massiv angegriffen“, sagte er. „Deutschland darf Frankreich jetzt nicht allein lassen, sondern muss ein klares Zeichen setzen.“ (afp)

Kritik aus Union an Macrons angekündigter Anerkennung eines Palästinenserstaats

Vertreter der Union haben die Ankündigung des französischen Präsidenten Emmanuel Macron kritisiert, Palästina als eigenen Staat anzuerkennen. Dies sei zum jetzigen Zeitpunkt „das völlig falsche Signal“, sagte CSU-Generalsekretär Martin Huber dem Tagesspiegel am Freitag. Damit werde die radikalislamische Hamas „für ihren Terror belohnt.“ Huber betonte, eine Zweistaaten-Lösung sei nur möglich, wenn die Hamas zerschlagen sei und das Existenzrecht Israels nicht mehr angezweifelt werde.

Auch der CDU-Außenpolitiker Jürgen Hardt kritisierte das Vorgehen Macrons: Damit komme die internationale Gemeinschaft dem Ziel von zwei Staaten, die sich gegenseitig respektierten, „keinen Schritt näher“, erklärte Hardt auf Anfrage der Nachrichtenagentur AFP. Die Anerkennung durch Frankreich bleibe „rein symbolisch und wird in Israel als Affront betrachtet“. „Die Anerkennung Palästinas als eigenständiger Staat sollte am Ende des Friedensprozesses im Nahen Osten stehen“, betonte Hardt. Dies müsse auch die Klärung des Rechtsstatus von Jerusalem und von Verfassungsfragen umfassen. „Eine gute Zusammenarbeit mit der Palästinensischen Autonomiebehörde ist auch ohne staatliche Anerkennung schon lange deutsche Praxis“, erklärte Hardt. Deutschland gehöre zu den größten finanziellen Unterstützern der Autonomiebehörde. (afp)

Großbritannien: Andere Prioritäten als palästinensischer Staat

Großbritannien unterstützt grundsätzlich die Anerkennung eines Palästinenser-Staates, sieht die Priorität derzeit jedoch an anderer Stelle. Zunächst müsse das Leid im Gazastreifen gelindert und ein Waffenstillstand zwischen Israel und der Hamas erreicht werden, sagt Technologieminister Peter Kyle dem Sender Sky News. Zuvor hatte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron angekündigt, sein Land wolle im September einen Palästinenser-Staat anerkennen, was auf scharfe Kritik aus Israel und den USA gestoßen war. (rtr)

Israels Präsident Herzog hofft auf Waffenruhe für Gaza

Nach dem Abzug der israelischen und amerikanischen Verhandlungsdelegationen von den indirekten Waffenruhe-Verhandlungen für den Gazastreifen hat Israels Präsident Izchak Herzog dennoch die Hoffnung geäußert, dass es noch zu einer Einigung kommt. Ein Waffenruhe-Deal würde auch die Freilassung der verbliebenen Geiseln aus der Gewalt der islamistischen Hamas ermöglichen. „Ich bitte euch alle, zu beten, zu hoffen und den Entscheidungsträgern zuzurufen (…), weiter daran zu arbeiten, dass alle Geiseln, bis zur letzten von ihnen, nach Hause kommen“, zitierte ihn das öffentlich-rechtliche Kan-Radio. (dpa)

Treffen in Paris: US-Gesandter vermittelt zwischen Israel und Syrien

Der US-Gesandte für Syrien hat nach eigenen Angaben Gespräche mit Vertretern Israels und Syriens zur Deeskalation der Lage in der Region geführt. Wie Tom Barrack, der auch US-Botschafter in der Türkei ist, in den sozialen Medien mitteilte, hat das Treffen am Donnerstag in Paris stattgefunden. Mit Blick auf die Deeskalationsbemühungen schrieb er: „Genau das haben wir erreicht.“

In der Provinz Suweida im Süden Syriens hatten sich Milizen der drusischen Minderheit mehr als eine Woche lang Gefechte mit sunnitischen Beduinenclans geliefert. Die syrische Regierung schickte Truppen in das Gebiet, die Berichten zufolge mit den drusischen Milizen aneinander gerieten und teils auch Zivilisten angriffen. Auch Israel griff in den Konflikt ein – nach eigenen Angaben, um die drusische Gemeinde Syriens zu schützen. Barack sagte der Nachrichtenagentur AP, dass Israels Vorgehen zum falschen Zeitpunkt gekommen sei und die Bemühungen um eine Stabilisierung der Region, nach Jahren des Bürgerkriegs, erschwere. (ap)

US-Außenminister nennt Frankreichs Anerkennung eines Palästinenserstaats „rücksichtslos“

US-Außenminister Marco Rubio hat die Ankündigung von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, im September einen palästinensischen Staat anzuerkennen, als „rücksichtslose Entscheidung“ kritisiert. „Diese rücksichtslose Entscheidung dient nur der Propaganda der Hamas und verzögert den Friedensprozess“, erklärte Rubio am Donnerstag (Ortszeit) im Onlinedienst X. Der Schritt sei zudem „ein Schlag ins Gesicht der Opfer vom 7. Oktober“, fügte Rubio mit Blick auf den brutalen Angriff der Hamas auf Israel an dem Tag im Jahr 2023 hinzu, der den Gaza-Kreg ausgelöst hatte. Die USA lehnten den Plan Macrons „entscheiden“ ab, betonte Rubio in dem Beitrag. (afp)

Israelische Politiker verurteilen Macrons Zusage für Palästinenserstaat scharf

Israelische Politiker haben die Ankündigung von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, im September einen palästinensischen Staat anzuerkennen, scharf verurteilt. Regierungschef Benjamin Netanjahu erklärte am Donnerstag, die Entscheidung sei eine „Belohnung für Terror“ und eine existenzielle Bedrohung, da sie eine „Startrampe für die Vernichtung“ Israels biete. „Die Palästinenser wollen keinen Staat neben Israel, sie wollen einen Staat anstelle von Israel“, fügte Netanjahu hinzu.

Außenminister Gideo Saar erklärte, dass ein palästinensischer Staat „ein Hamas-Staat“ sein werde. Die radikalislamische Gruppe hatte gemeinsam mit Verbündeten im Oktober 2023 Israel aus dem Gazastreifen heraus angegriffen und damit den Gaza-Krieg ausgelöst. Verteidigungsminister Israel Katz betonte, Israel werde „die Gründung einer palästinensischen Entität, die unsere Sicherheit gefährdet, nicht zulassen“. Justizminister Jariv Levin sprach von einem „schwarzen Fleck in der Geschichte Frankreichs“. Der ultrarechte israelische Finanzminister Bezalel Smotrich erklärte, die Ankündigung Frankreichs gebe Israel einen weiteren Grund, das seit 1967 besetzte Westjordanland zu annektieren und „ein für alle Mal mit der gefährlichen Illusion eines terroristischen palästinensischen Staates aufzuräumen“. (afp)

Hamas: Anerkennung eines Palästinenserstaates durch Frankreich ist „positiver Schritt“

Die radikalislamische Hamas hat die Ankündigung Frankreichs, im September einen palästinensischen Staat anzuerkennen, als „positiven Schritt“ begrüßt und weitere Staaten aufgefordert, dem Beispiel zu folgen. „Wir betrachten dies als einen positiven Schritt in die richtige Richtung, um unserem unterdrückten palästinensischen Volk Gerechtigkeit widerfahren zu lassen und sein legitimes Recht auf Selbstbestimmung zu unterstützen“, erklärte die Hamas am Donnerstag. „Wir rufen alle Länder der Welt – insbesondere europäische Nationen und jene, die den Staat Palästina bisher noch nicht anerkannt haben – auf, dem Beispiel Frankreichs zu folgen“, hieß es in der Erklärung weiter. (afp)

Netanjahu wirft Macron „Belohnung für Terror“ vor

Der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu hat die Ankündigung von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron über eine Anerkennung Palästinas als Staat scharf verurteilt. „Ein solcher Schritt belohnt Terror“, hieß es in einer Stellungnahme von Netanjahus Büro. Zudem riskiere dies die Schaffung eines iranischen Stellvertreterstaates, wie es der Gazastreifen unter der Hamas geworden sei. „Ein palästinensischer Staat unter diesen Bedingungen wäre eine Startrampe zur Vernichtung Israels.“ (dpa)

USA rufen Gaza-Verhandlungsteam aus Doha zurück

Im Ringen um eine Waffenruhe für den Gazastreifen haben Israel und die USA ihre Verhandlungsteams zurückgerufen. Fast drei Wochen nach Beginn der jüngsten Gesprächsrunde im katarischen Doha hätten die USA beschlossen, ihre Delegation abzuziehen, um sich in Washington weiter zu beraten, erklärte der US-Sondergesandte Steve Witkoff am Donnerstag in Onlinemedien. Er warf der Hamas eine Blockadehaltung vor. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron kündigte indes die Anerkennung eines palästinensischen Staates an.

„Während die Vermittler große Anstrengungen unternommen haben, scheint die Hamas nicht koordiniert zu sein oder in gutem Glauben zu agieren“, teilte Witkoff mit. „Wir werden jetzt alternative Optionen in Erwägung ziehen, um die Geiseln nach Hause zu bringen und ein stabileres Umfeld für die Menschen von Gaza zu schaffen.“ Wie diese Optionen aussehen könnten, war zunächst unklar. Das Weiße Haus wollte die Angaben nicht kommentieren.

Es sei „eine Schande, dass die Hamas auf diese egoistische Weise gehandelt“ habe, sagte Witkoff weiter. Die USA seien entschlossen, sich um ein Ende des Kriegs zwischen Israel und der Hamas im Gazastreifen zu bemühen.

Die Trump-Regierung versucht seit Monaten, ein Waffenruheabkommen im Gaza-Krieg zu erreichen. Bei wochenlangen Gesprächen in Katar sind kleine Fortschritte gemeldet worden, ein Durchbruch blieb aber aus.

Das Büro des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu hatte am Donnerstag das israelische Verhandlungsteam nach Hause einbestellt, nachdem die Hamas nach eigenen Angaben Israel einen neuen Vorschlag für eine Waffenruhe übermittelt hatte.

Netanjahus Büro bedankte sich bei Witkoff und den Vermittlern Katar und Ägypten für deren Bemühungen. Nähere Details wurden nicht genannt.

Zuletzt war bei den Verhandlungen über eine Vereinbarung gesprochen worden, zu der voraussichtlich eine 60-tägige Waffenruhe gehören würde. Während dieser würde die Hamas zehn noch lebende Geiseln freilassen sowie die Überreste von 18 weiteren Geiseln. Im Gegenzug würde Israel palästinensische Häftlinge freilassen. Zudem würden die Hilfslieferungen in den Gazastreifen verstärkt und beide Kriegsparteien würden über einen dauerhaften Waffenstillstand reden.

Doch die Gespräche sind durch Forderungen beider Seiten erschwert worden. Die Hamas sagt, sie würde die restlichen Geiseln nur im Gegenzug für einen kompletten Rückzug des israelischen Militärs aus dem Gazastreifen und ein Ende des Kriegs freilassen. Israel will den Krieg nicht beenden, bevor die Hamas auf ihre Herrschaft im Gazastreifen verzichtet und die Waffen niedergelegt hat. Die Hamas lehnt diese Bedingungen ab. (afp/ap)

Bericht: Hamas fordert Freilassung von Massaker-Beteiligten

Im Gazastreifen befinden sich nach israelischen Angaben noch 50 Geiseln in der Gewalt der Hamas, von denen noch mindestens 20 am Leben sein sollen. Einem Bericht des israelischen Senders KAN zufolge soll die Hamas in ihrer Antwort auf den Waffenruhe-Vorschlag erstmals die Freilassung von Terroristen verlangt haben, die an dem Massaker am 7. Oktober 2023 beteiligt waren.

Anderen Medienberichten zufolge soll die Terrororganisation verlangt haben, dass im Gegenzug für die Freilassung von zehn in Gaza festgehaltenen Geiseln Israel 200 zu lebenslanger Haft verurteilte Palästinenser freilässt. Außerdem müsse Israel 2.000 Palästinenser, die seit Beginn des Krieges festgenommen worden waren, gehen lassen, hieß es unter Berufung auf Vermittlerkreise. (dpa)

Vor dem Hintergrund anhaltender Warnungen vor einer tödlichen Hungerkrise haben einige Hilfsgüter UN-Angaben zufolge den Gazastreifen erreicht. Die Vereinten Nationen bestätigten, dass UN-Teams am Mittwoch vor allem Mehl an zwei Grenzübergängen abholen und in den Küstenstreifen mit zwei Millionen notleidenden Menschen bringen konnten. UN-Sprecher Farhan Haq betonte in New York, dass die freigegebenen Mengen nicht genug seien: UN-Partnerorganisationen im Gazastreifen sowie das Nothilfebüro der Vereinten Nationen berichteten, „dass die Hilfe, die sie in den letzten zwei Monaten nach Gaza bringen konnten, bei Weitem nicht ausreicht, um den Überlebensbedarf der Menschen zu decken.“ Israel müsse mehr Lieferungen zulassen.

Israel kontrolliert Grenzübergänge

Der UN-Sprecher widersprach der israelischen Darstellung, die Vereinten Nationen würden sich weigern, Nahrungsmittel zu verteilen. „Wir versuchen nicht, all diese Menschen, einschließlich unserer eigenen Mitarbeitenden, daran zu hindern, Lebensmittel zu bekommen. Sie werden durch verschiedene Hindernisse aufgehalten, auch durch die israelischen Behörden“, sagte Haq. Der mehrstufige Genehmigungsprozess durch die israelische Armee sei sehr umständlich, es gebe große Verzögerungen, oft breche die Nacht herein, bevor umgeladene Güter losfahren könnten.

Zuvor hatte das israelische Außenministerium mitgeteilt, das israelische Militär habe Dutzende internationale Journalisten an den Grenzübergang Kerem Schalom eingeladen, um zu zeigen, wie Hunderte von Lastwagen mit Hilfsgütern in den Gazastreifen fuhren. Die Güter stünden jedoch herum und würden nicht verteilt. Das Ministerium warf den UN vor, die Verteilung der Hilfsgüter zu verweigern.

Der Gazastreifen steht nach Angaben von Hilfsorganisationen kurz vor einer „Hungersnot“. Jeder Tag ohne ausreichende Nahrungslieferungen verschärfe die Situation weiter, sagte UN-Sprecher Haq am Donnerstag. „Wir sagen das seit Monaten, und jetzt sind wir an einem Punkt angelangt, an dem tatsächlich Menschen sterben.“ (dpa)

Macron kündigt Anerkennung von Palästinenserstaat an

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron will bei einer UN-Sitzung im September einen palästinensischen Staat offiziell anerkennen. „Getreu seinem historischen Engagement für einen gerechten und dauerhaften Frieden im Nahen Osten habe ich beschlossen, dass Frankreich den Staat Palästina anerkennen wird“, erklärte Macron am Donnerstag in Onlinediensten. Der Stellvertreter von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas, Hussein al-Scheich, begrüßte Macrons Ankündigung. Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu hingegen sprach von einer „Belohnung für Terror“.

Er werde die Anerkennung eines Palästinenserstaates „im September dieses Jahres auf der Generaldebatte der Vereinten Nationen feierlich verkünden“, erklärte Macron. Derzeit sei es „dringend notwendig, dass der Krieg im Gazastreifen zu Ende geht und die Zivilbevölkerung in Sicherheit lebt“, betonte er. In diesem Zusammenhang müsse „endlich der Staat Palästina aufgebaut“ werden. (afp)

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