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Bewährungsstrafe für CSU-PolitikerErste Verurteilung in Aserbaidschan-Affäre

„Natürliche Lobbyarbeit“: Eduard Lintner (CSU) hat Korruptionsgelder aus Aserbaidschan an Politiker weitergeleitet. Jetzt wurde er verurteilt.

Der Mann mit dem Geld ist da: Eduard Lintner Foto: Leonie Asendorpf/dpa

In der Aserbaidschan-Affäre ist ein erstes Urteil gefallen: Der frühere CSU-Bundestagsabgeordnete Eduard Lintner ist vom Oberlandesgericht München zu einer Bewährungsstrafe von neun Monaten verurteilt worden. Damit folgte die Kammer der Argumentation der Generalstaatsanwaltschaft, die dem 80-Jährigen Bestechung von Mandatsträgern vorgeworfen hatte.

Lintner saß von 1976 bis 2009 im Bundestag, in den Neunzigern war er zudem Staatssekretär im Innenministerium sowie Drogenbeauftragter der Bundesregierung. Nach Auffassung der Anklage erhielt Lintner zwischen 2008 und 2016 rund 4 Millionen Euro aus Aserbaidschan. Einen Teil davon soll er an Politiker weitergeben haben, die im Gegenzug Entscheidungen im Sinne des dortigen Regimes beeinflussen sollten.

Vor allem die beiden CDU-Bundestagsabgeordneten Axel Fischer und Karin Strenz sollen Empfänger dieser Gelder gewesen sein. Strenz ist 2021 überraschend während einer privaten Reise gestorben; Fischer saß zunächst gemeinsam mit Lintner auf der Anklagebank, dann wurde sein Verfahren abgetrennt. Fischer und Strenz sollen sich vor allem in der Parlamentarischen Versammlung des Europarats (Pace) für aserbaidschanische Interessen starkgemacht haben. Lintner saß auch selbst bis 2010 in der Pace.

Seit Langem ist Aserbaidschan bemüht, seine Beziehungen zu Europa zu verbessern und sein Image aufzupolieren. Das Land im Südkaukasus ist ein wichtiger Öllieferant für die EU, das dortige autoritäre Regime von Präsident Ilham Alijew stößt in Brüssel allerdings auf wenig Sympathie. Alijew greift hart gegen politische Gegner durch, seine Herrschaft ist von Personenkult und Korruption geprägt. Nachdem Aserbaidschan 2023 den Konflikt mit Armenien um die überwiegend von Armeniern bewohnte Region Berg-Karabach für sich entschied, wurden dem Land von armenischer Seite „ethnische Säuberungen“ vorgeworfen.

Es sei eine andere Zeit gewesen

Nachdem Lintner alle Vorwürfe zunächst entschieden abgestritten hatte, gab er schließlich zu, aserbaidschanische Gelder an Strenz weitergeleitet zu haben. „Ich habe das Ganze für die Art von Lobbyismus gehalten, die bis heute praktisch allgegenwärtig ist“, behauptete er vor Gericht. Er sei sich keiner Schuld bewusst gewesen.

Sein Verteidiger Martin Reitmaier sprach ebenfalls von „natürlicher Lobbyarbeit“. Es sei damals einfach eine andere Zeit gewesen, da sei derartiges Verhalten Usus gewesen. Der Anwalt bezeichnete Lintner als einen „Politiker vom alten Schlag“, der sich immer für hehre Ziele eingesetzt habe, und beantragte, ihn freizusprechen.

Die Generalstaatsanwaltschaft wollte sich dieser Haltung freilich nicht anschließen. Nach Ansicht von Oberstaatsanwalt Martin Weigl kam Lintner zwar keine Schlüsselrolle bei der Bestechung Strenz’ zu, er sei aber bei der zentralen Vereinbarung zwischen der CDU-Politikerin und der aserbaidschanischen Seite 2014 dabei gewesen und habe sich für Geldzahlungen an die Politikerin starkgemacht. Schon das Anbieten oder Versprechen eines ungerechtfertigten Vorteils sei jedoch strafbar. Tatsächlich flossen die ersten Gelder an Strenz auch über eine Firma Lintners.

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5 Kommentare

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  • "vom Oberlandesgericht München zu einer Bewährungsstrafe von neun Monaten verurteilt worden"



    Das wird den alten Mann schwer treffen. *Ironie off*



    Wie hoch wäre die Strafe wenn ich z.B. 1 Million € Steuern hinterziehen würde? Etwa das Gleiche, je nach der "Milde" (oder der Zuneigung) des Richters.



    Hier aber wurden nicht einfach Steuern hinterzogen. Korruption im Amt ist ja wohl nochmal was anderes. Ich denke, der Richter in München (!) hat sehr sehr milde geurteilt.

  • Ganz harte Korruption für einen repressiven, einen Fossilstaat mit Öl und Erdgas. Nichts zu deuteln. Manche Leute sollten mal für ihr Geld wirklich arbeiten bzw. einiges an Schamesröte aushalten müssen. Die Union sollte zukünftig mehr achtgeben.

  • " Es sei damals einfach eine andere Zeit gewesen, da sei derartiges Verhalten Usus gewesen."

    So viel zu Lobbyismus hat nichts mit Bestechung zu tun...

    • @esgibtnureinengott:

      So viel zu gerechten Urteilen von Richtern. Zumindest bei bayrischen Richtern gegenüber csU-Politikern.

  • Wie schön, keinerlei Einsicht. Vielleicht sollte man mal bei allen Mitgliedern des Vereins CSU mal prüfen ob sie Grundgesetz und FDGO überhaupt verstanden haben und ob sie sich auf dem Boden derer bewegen.