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Springer-Klage gegen Adblock-EntwicklerNeue Runde im Werbeblocker-Streit

Der BGH will genau wissen, was in einem Browser eigentlich passiert. Nur dann kann er urteilen, ob Werbeblocker das Urheberrecht verletzen.

Verletzt ein Werbeblocker das Urheberrecht, das muss vor dem BGH jetzt geklärt werden Foto: Oliver Berg/dpa

Freiburg taz | Der jahrelange Streit über die Zulässigkeit von Werbeblockern geht in eine neue Runde. Der Bundesgerichtshof (BGH) sah sich noch nicht in der Lage, zu entscheiden. Er forderte das Oberlandesgericht (OLG) Hamburg zur weiteren Aufklärung über die technischen Vorgänge auf.

Werbeblocker verhindern, dass auf Computern (jegliche oder nur besonders aufdringliche) Online-Werbung angezeigt wird. In Deutschland sind auf rund 30 bis 40 Prozent der Computer und Smartphones Werbeblocker installiert. Die meisten Use­r:in­nen sind einfach werbemüde und wollen nicht durch Werbung behelligt werden, manche wollen so aber auch die Schnelligkeit des Geräts erhöhen.

Der Axel Springer Verlag, der unter anderem die Webseite bild.de betreibt, geht schon seit Jahren gegen Werbeblocker vor. Damit will Springer nicht nur die eigenen Werbeeinnahmen verteidigen. Nach eigener Darstellung bedrohen Werbeblocker auch den kostenlosen Zugang zu Journalismus und anderen Inhalten im Netz.

In einem ersten Grundsatzurteil hat der Bundesgerichtshof jedoch 2018 entschieden, dass der Vertrieb von Werbeblockern kein unlauterer Wettbewerb ist. Eine Klage von Springer gegen Eyeo, das Kölner Unternehmen, das den Werbeblocker Adblock plus entwickelt hat, scheiterte.

Springer klagt erneut

Doch Springer gab nicht auf und startete einen neuen Anlauf, Werbeblocker zu stoppen. Diesmal berief sich Springer auf das Urheberrecht an den online dargestellten Webseiten, in das Adblock plus unzulässig eingreife, weil es die Darstellung verändere.

Zunächst hatte Springer damit keinen Erfolg. Das Landgericht Hamburg lehnte die Klage 2022 ebenso ab wie ein Jahr später das OLG Hamburg. Dann lag die Sache lange beim BGH, der die Sache zwar nicht dem EuGH vorlegte, aber auf eine EuGH-Entscheidung zu sogenannter Cheat-Software wartete, die dann aber für das Werbeblocker-Problem keine Klärung erbrachte.

Nun stellte der BGH fest, dass er eigentlich noch gar nicht genug über die technischen Abläufe weiß, um zu entscheiden, ob Werbeblocker das Urheberrecht von Springer verletzen. Das OLG Hamburg habe sich zu wenig mit der Springer-Argumentation auseinandergesetzt. Danach funktioniere der Browser des Computers wie eine virtuelle Maschine, die den von Springer programmierten Quellcode letztlich in maschinenlesbaren Code übersetzt.

Das OLG muss nun klären, ob der Bytecode, mit dem der Browser arbeitet, noch nahe genug am Quellcode ist, um von dessen Urheberrechtsschutz zu profitieren. Oder ob der Browser als virtuelle Maschine eher einer Hardwaremaschine wie einer Spielekonsole nahesteht, deren interne Abläufe auch nicht von Springers Urheberrecht geschützt sind.

Es ist gut möglich, dass das OLG oder später der BGH die Bytecode-Frage auch noch dem EuGH vorlegt. Denn das Urheberrecht ist EU-einheitlich geregelt und muss deshalb auch EU-einheitlich ausgelegt werden. Der Rechtsstreit wird wohl noch einige Jahre dauern. Derzeit sind Werbeblocker weiter legal nutzbar.

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