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+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++UN-Sicherheitsrat hält Dringlichkeitssitzung zu Geiseln ab

Es soll dabei um die „schlimme Lage der Geiseln in Gaza“ gehen, so Israels UN-Botschafter Dannon. Derweil erwägt Premier Netanjahu eine Ausweitung des Krieges.

Protest für die noch immer in Gaza festgehaltenen Geiseln am 3. August 2025 Foto: Nir Elias/reuters

Dringlichkeitssitzung über Lage der Geiseln in Gaza

Nach der Veröffentlichung von Propagandavideos ausgehungerter Geiseln beschäftigt sich der UN-Sicherheitsrat nach israelischen Angaben mit den weiterhin von islamistischen Palästinenserorganisationen im Gazastreifen festgehaltenen Menschen. Der Sicherheitsrat werde am Dienstag zu einer Dringlichkeitssitzung „über die schlimme Lage der Geiseln in Gaza zusammenkommen“, erklärte der israelische Botschafter bei den Vereinten Nationen, Danny Danon.

Derweil forderte das Außenministerium der Palästinensischen Autonomiebehörde auf X den Sicherheitsrat auf, „seiner Verantwortung gemäß dem Völkerrecht nachzukommen, indem er eine sofortige Waffenruhe durchsetzt“.

Zuvor hatten die Hamas und die mit ihr verbündete Gruppe Islamischer Dschihad Propagandavideos von seit Oktober 2023 gefangen gehaltenen Geiseln verbreitet. Die Aufnahmen der ausgehungerten Geiseln lösten großes Entsetzen aus.

Eines der Videos zeigt den abgemagerten Evyatar David, wie er sich in einem engen Tunnel sein eigenes Grab zu schaufeln scheint. Ein anderes Video zeigt, wie der Deutsch-Israeli Rom Braslavski sich Nachrichtenvideos über die Hungersnot der Palästinenser im Gazastreifen anschauen muss.

Nach Angaben israelischer Behörden befinden sich derzeit 50 Geiseln im Gazastreifen, von denen nur 20 noch am Leben sein sollen. Die Hamas hat bisher humanitären Organisationen jeglichen Zugang zu den Geiseln verwehrt. (afp)

🐾 Die Grausamkeit der Geiselvideos

Hamas und PIJ veröffentlichten zwei neue Videos der israelischen Geiseln. Es ist Teil ihrer psychologischen Kriegsführung. Und die Strategie geht auf, kommentiert taz-Redakteur Nicholas Potter.

Netanjahu erwägt Ausweitung des Gaza-Kriegs

Angesichts schockierender Videos von abgemagerten Geiseln der islamistischen Hamas erwägt Israels Regierung Medienberichten zufolge eine Ausweitung des Gaza-Krieges zur Befreiung der Entführten. Regierungschef Benjamin Netanjahu strebe danach, die Freilassung der Geiseln „auf dem Weg eines militärischen Sieges“ zu erreichen, zitierten israelische Medien einen namentlich nicht genannten Beamten. „Ich verstehe genau, was die Hamas will. Sie will keinen Deal“, sagte Netanjahu in einer Video-Botschaft. Er sei nun noch entschlossener, die Geiseln zu befreien, die Hamas zu eliminieren und dafür zu sorgen, dass vom Gazastreifen nie wieder eine Gefahr für Israel ausgeht, sagte Netanjahu laut Times of Israel. Einzelheiten nannte er nicht.

Das Forum der Geisel-Familien übte deutliche Kritik an seinen Äußerungen. „Seit 22 Monaten wird der Öffentlichkeit die Illusion verkauft, dass militärischer Druck und intensive Kämpfe die Geiseln zurückbringen werden“, zitierte die Zeitung eine Erklärung der Gruppe. „Die Wahrheit muss gesagt werden: Die Ausweitung des Krieges gefährdet das Leben der Geiseln, die in unmittelbarer Todesgefahr schweben. Wir haben die erschreckenden Bilder der Geiseln in den Tunneln gesehen, sie werden weitere lange Tage des Grauens nicht überleben“, heißt es in der Erklärung des Forums. (dpa)

Hamas bereit zu Zusammenarbeit mit Rotem Kreuz

Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu hat das Internationale Komitee des Roten Kreuzes (IKRK) um Hilfe bei der Versorgung der im Gazastreifen festgehaltenen israelischen Geiseln gebeten. Dazu habe er mit dem Leiter der IKRK-Delegation in der Region, Julien Lerisson, gesprochen, erklärte Netanjahus Büro am Sonntag.

Die radikal-islamische Hamas ist nach eigenen Angaben zur Zusammenarbeit mit dem Roten Kreuz bereit, um von ihr im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln Hilfe zukommen zu lassen.

Zuvor aber müsse Israel bestimmte Bedingungen erfüllen, teilte die Hamas am Sonntag mit. Jede Koordinierung mit dem Roten Kreuz hänge davon ab, dass Israel dauerhaft humanitäre Korridore öffne und Luftangriffe während der Verteilung der Hilfe einstelle.

In einer Erklärung des Geisel-Familien-Forums, das die Angehörigen der festgehaltenen Geiseln vertritt, hieß es, die Hamas halte seit über 660 Tagen unschuldige Menschen unter unmöglichen Bedingungen fest. Bis zu deren Freilassung habe die Hamas die Pflicht, sie mit allem Notwendigen zu versorgen. (rtr/afp)

Weitere Hungertote im Gazastreifen

Die der Hamas unterstellten Gesundheitsbehörden im Gazastreifen teilten mit, sechs weitere Menschen seien in den vergangenen 24 Stunden im Gazastreifen an Hunger oder Unterernährung gestorben. Damit steige die Zahl derer, die seit Beginn des Krieges an den Folgen einer sich abzeichnenden Hungersnot gestorben seien, auf 175 – darunter 93 Kinder. UN-Organisationen haben Israel aufgefordert, viel mehr Hilfe in das Gebiet zu lassen. Von israelischer Seite hatte es wiederholt geheißen, man müsse verhindern, dass die Hilfen in die Hände der Hamas gelangten.

Noch immer katastrophale Lage im Gazastreifen: Eine Frau vor einem Zeltcamp in Gaza-Stadt am 3. August Foto: Jehad Alshrafi/ap

Den palästinensischen Behörden zufolge wurden am Sonntag in der Küstenenklave zudem auch mindestens 80 Menschen durch israelischen Beschuss und Luftangriffe getötet. Darunter seien auch Personen, die versucht hätten, zu Hilfslieferungen in den südlichen und zentralen Gebieten des Gazastreifens zu gelangen. (rtr)

🐾 Scharfe Worte stoppen keinen Genozid

Die Bundesregierung äußert sich kritischer zu Israel. Die Genozidkonvention verpflichtet sie aber, zu handeln, um das Sterben in Gaza zu beenden, kommentiert taz-Redakteur Leon Holly nach der Reise von Außenminister Wadephul.

Demos für Gaza und Gefangene im Westjordanland

Tausende Palästinenser haben im von Israel besetzten Westjordanland gegen den Krieg im Gazastreifen und für die palästinensischen Häftlinge in israelischen Gefängnissen demonstriert. Allein auf einem zentralen Platz in Ramallah, wo die Palästinensische Autonomiebehörde ihren Sitz hat, versammelten sich am Sonntag hunderte Menschen und schwenkten palästinensische Flaggen. Auch in Städten wie Nablus und Hebron gab es Proteste. Viele Regierungsangestellte hatten den Tag frei bekommen, um an den Demonstrationen teilnehmen zu können.

Viele Demonstranten hielten Fotos von Palästinensern hoch, die von Israel getötet oder inhaftiert worden waren. Die palästinensische Autorin Rula Ghanem etwa demonstrierte für ihren Sohn, der im israelischen Megido-Gefängnis sitzt. Er leide dort „unter vielen Dingen“, etwa einem Mangel an Nahrung und Medikamenten, sagte Ghanem. Ihr Sohn habe im Gefängnis zehn Kilogramm abgenommen und sich Krätze zugezogen.

Die Zahl der Palästinenser, die in israelischer Haft sitzen, ist seit Beginn des Gaza-Krieges stark angestiegen. Einige seien wegen Gewalttaten inhaftiert worden, andere aber auch wegen politischer Äußerungen in Onlinenetzwerken, teilte die Palästinensische Kommission für die Angelegenheiten von Häftlingen und Ex-Häftlingen mit. (afp)

US-Bürger bei Siedlerangriff getötet

Bei Brandanschlägen israelischer Siedler im besetzten Westjordanland ist nach Angaben der US-Regierung ein US-Bürger getötet worden. „Wir können den Tod eines US-Bürgers in der Stadt Silwad im Westjordanland bestätigen“, sagte am Sonntag ein Sprecher des Außenministeriums in Washington. Den Namen des Getöteten nannte er nicht.

Israelische Siedler hatten im Westjordanland nach palästinensischen Angaben am Donnerstag Brandanschläge auf Häuser und Fahrzeuge in Silwad verübt. Wie das Gesundheitsministerium der Palästinensischen Autonomiebehörde mitteilte, starb der 41-jährige Khamis Ayyad an einer durch die Feuer verursachten Rauchvergiftung.

Die Familie des Verstorbenen erklärte am Freitag in Chicago, Ayyad sei vor einigen Jahren mit seiner Frau und seinen Kindern ins Westjordanland gezogen, habe aber weiter für ein US-Unternehmen gearbeitet.

Er ist bereits der zweite US-Bürger, der im Juli bei Siedlergewalt im Westjordanland getötet wurde. Zuvor war bereits ein 20-jähriger Mann bei einem Familienbesuch in Sindschil zu Tode geprügelt worden. Der US-Botschafter in Israel, Mike Huckabee, forderte Israel auf, diesen „kriminellen und terroristischen Akt“ zu untersuchen. Zum Tod von Ayyad äußerte er sich bisher nicht. Der Sprecher des US-Außenministeriums erklärte: „Wir verurteilen kriminelle Gewalt aller Parteien im Westjordanland.“ (afp)

🐾 Sport in Gaza: Die schwersten Tage meines Lebens

Maha Shabat hat Mädchenteams trainiert, und als Schiedsrichterin leitete sie Fußballspiele. Nun kämpft sie ums Überleben. Und schreibt einen Hilferuf in der taz.

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