Massenabschiebungen in Pakistan: Regierungsamtliche Xenophobie
Pakistan will 1,4 Millionen Afghanen abschieben. Es braucht Hilfe aus dem Ausland – Solidarität kommt einzig von der Zivilbevölkerung in Afghanistan.

P akistan setzt gerade die dritte Phase von Massenabschiebungen von Afghan*innen in Gang. Nach bereits 800.000 anderen geflüchteten Menschen, die das seit November 2023 traf, sollen jetzt noch einmal 1,4 Millionen hinzukommen. Dabei dürfte es sich um eine, wenn nicht die größte solche Abschiebeaktion seit den erzwungenen „Bevölkerungsaustauschen“ während der Teilung Indiens handeln.
Dass dahinter zumindest zum Teil politische Motive stehen – die Weigerung des Taliban-Regimes, nach Islamabads Pfeife zu tanzen und sogar stillschweigend ihren pakistanischen Taliban-Brüdern in ihrem Kampf gegen die dortige Regierung Unterschlupf zu gewähren – zeigt, dass regierungsamtliche Xenophobie kein Privileg nach rechts driftender westlicher Regierungen und auch im globalen Süden weit verbreitet ist. Mehr noch als in Pakistan werden staatlich organisierte Massenabschiebungen afghanischer Geflüchteter auch in Iran von rassistischen Kampagnen begleitet, vor allem auch in sozialen Medien.
Dabei werden sogar hierzulande verbreitete utilitär-wirtschaftliche Argumente in den Wind geschlagen: In Iran stellen Afghanen bis zu 60 Prozent der Arbeitskräfte im Bauwesen, der Lederindustrie und bei der Müllabfuhr. In Teheran soll sich der Müll bereits in den Straßen sammeln.
Während sich in den Bevölkerungen von Süd und Nord, Ost und West Empathielosigkeit zu normalisieren scheint, gibt es zum Glück auch einen Gegentrend der Solidarität. In Afghanistan verteilen Freiwillige, die selbst wenig haben (über 90 Prozent der Bevölkerung leben in Armut), Lebensmittel und Hygieneartikel als Ersthilfe. Selbst afghanische Frauen – im eigenen Land fast völlig von den Taliban entrechtet – engagieren sich und schaffen in kleinen Werkstätten Arbeitsplätze und damit Einkommen für ihre Geschlechtsgenossinnen.

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Angesichts der Millionen von Abgeschobenen wird das aber trotzdem nicht ausreichen. Schnelle Hilfe auch von außen wäre vonnöten – aber die Bundesregierung kürzt ja auch schon die weltweite humanitäre Hilfe.
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