Politischer Streit und Waldbrände: Schuld hat nicht Sánchez
Katastrophenschutz ist in Spanien Sache der Regionen, aber die Schuld schieben die Konservativen den Sozialisten zu. Das ist ein billiges Manöver.

S panien ist fast so föderal wie Deutschland. Mit diesem Satz brüstet sich vor allem die spanische Rechte, wenn sie gegen diejenigen Regionen Stimmung macht, die mehr Eigenständigkeit wollen. Doch wenn es darauf ankommt, will genau die gleiche Rechte vom Föderalismus und dessen Aufgabenverteilung nichts wissen. Sie schieben alle Verantwortung auf die Zentralregierung, auch wenn diese gar nicht zuständig ist.
So geschehen bei den verheerenden Überschwemmungen mit über 200 Toten vergangenen Herbst in der rechts regierten Region Valencia. Und so auch jetzt wieder bei den Waldbränden. Diese geraten in von der konservativen Partido Popular (PP) zum Teil mit Unterstützung der rechtsextremen Vox regierten Regionen wie Kastilien und León oder Galicien gerade außer Kontrolle.
Kastilien und León ist in etwa genauso groß wie Spaniens Nachbar Portugal, gibt aber nur ein Zehntel dessen für Brandverhütung aus, was Lissabon investiert. Und in Galicien kommt es seit Jahrzehnten immer wieder zu schweren Waldbränden – der Grund sind nicht zuletzt die Monokulturen an Eukalyptusbäumen für die Zellstoffindustrie. Die Regionalregierung schaut weg.

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Katastrophenschutz ist Regionalangelegenheit
In Galicien regierte übrigens, bevor er als Oppositionsführer nach Madrid ging, PP-Chef Alberto Núñez Feijóo. Dort, wo Vox PP-Minderheitsregierungen unterstützt, wurde gar die Klimapolitik zurückgefahren. Während die Konservativen für ihr allzu offensichtliches Versagen verantwortlich gemacht werden sollten, schieben diese der Zentralregierung unter dem Sozialisten Pedro Sánchez die Schuld zu. Dabei hat diese nur wenig mit dem zu tun, was geschieht. Katastrophenschutz ist Regionalangelegenheit. Sánchez tut, was in seiner Verantwortung liegt. Er schickt die Katastrophenschutzeinheit der Armee, fragt europäische Hilfe an.
Der Versuch der PP, aus den Bränden politisches Kapital gegen die Linkskoalition in Madrid zu schlagen, führt zu einem neuen politischen Streit, der die Politikverdrossenheit fördert. Davon profitieren wird weder die PP noch die Sozialisten, sondern die rechtsextreme Vox.
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