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Greenpeace-PreisvergleichWo der Zug billiger ist als der Flieger

Klimaschädliche Flüge kosten in Europa oft weniger als Bahnfahrten, zeigt eine Studie. In einige Länder kommen Reisende aber günstiger auf Schienen.

Wer klima­freundlich reisen will, kann den Nachtzug nehmen – muss dafür aber oft mehr zahlen Foto: Simona Granati/getty images

Berlin taz | Kurzfristig von Köln nach Manchester? Mit dem Zug kostet das laut Greenpeace bis zu 300 Euro – während ein Flugticket spontan für 20 Euro zu haben wäre. Wer in Europa ins Flugzeug steigt, kommt immer noch oft billiger davon, als wenn er die gleiche Strecke mit dem Zug zurücklegen würde. Das zeigt eine Studie, die Greenpeace am Donnerstag veröffentlicht hat.

Darin steht, dass Zugfahren nur auf 46 Prozent der untersuchten grenzüberschreitenden Reiserouten günstiger ist als Fliegen. Auch in Deutschland sind die meisten Fahrkarten für eine Bahnfahrt innerhalb des Landes, ins Ausland oder aus dem Ausland teurer als ein entsprechendes Flugticket. Nur bei Reisen in polnische, tschechische, österreichische oder belgische Städte ist von Deutschland aus fast immer der Zug billiger.

Greenpeace untersuchte für den Preisvergleich einfache Fahrten auf 142 Routen in 31 europäischen Staaten – und dafür die jeweils billigsten Flug- und Bahntickets zu unterschiedlichen Buchungszeiten. 33 Strecken waren Inlandsverbindungen, die restlichen 109 grenzüberschreitend. Innerhalb der Landesgrenzen konnte der Zug in 70 Prozent der Fälle mit niedrigeren Preisen punkten. Im internationalen Verkehr aber war Bahnfahren nur bei 39 Prozent der Verbindungen günstiger. Immerhin sei der Preisunterschied zwischen Fliegen und Zugfahren seit 2023 kleiner geworden.

Fliegen ist die klimaschädlichste Art der Mobilität. Der Luftverkehr weltweit ist für rund 3,5 Prozent der Erderhitzung verantwortlich. Die hohen CO2-Emissionen der Kraftstoffverbrennung auf einem Flug verursachen etwa ein Drittel der Klimawirkung der Luftfahrt. Zwei Drittel kommen durch die sogenannten Nicht-CO2-Effekte zustande: Die Triebwerke eines Flugzeugs stoßen Rußpartikel aus, die Kondensstreifen entstehen lassen. Dies geschieht in 10 bis 15 Kilometern Höhe, wo die Atmosphäre besonders empfindlich reagiert.

Weniger Inlandsflüge in Deutschland

Außerdem ist Fliegen sozial ungerecht. Jährlich fliegen nur etwa fünf bis zehn Prozent der Weltbevölkerung, schätzt die Internationale Zivilluftfahrtorganisation ICAO. Die Folgen der Klimakrise – Dürren, Stürme oder Fluten – treffen laut Greenpeace hingegen oft die Menschen am härtesten, die am wenigsten zu den Flugemissionen beitragen.

Immerhin: Klimaschädliche Inlandsflüge gab es in Deutschland im Jahr 2024 deutlich weniger als noch 2019, wie das Onlinemedium Table berichtet. Vor der Coronapandemie, im Jahr 2019, flogen 238.000 Flugzeuge innerhalb Deutschlands – 2024 waren es 117.000. Table beruft sich auf Zahlen des Bundesverbands der Deutschen Luftverkehrswirtschaft und des Umweltbundesamtes. Demnach entstanden im vergangenen Jahr mit 1,1 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten auch weniger klimaschädliche Treibhausgase durch Inlandsflüge als vor der Pandemie. Damals waren es 2 Millionen Tonnen CO2, Lachgas und Methan. Die Wirkung der Kondensstreifen ist nicht Teil der Rechnung.

Nun will Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) die Luftfahrt in Deutschland wieder voranbringen – und unter Umständen Steuern, Gebühren und Abgaben reduzieren. Dabei werde der Flugverkehr ohnehin schon „üppig subventioniert“, kritisiert Lena Donat, Verkehrsexpertin bei Greenpeace. In fast allen europäischen Staaten ist zum Beispiel der Flugkraftstoff Kerosin von der Mineralölsteuer befreit. Die Bahn aber zahle für den Zugbetrieb Stromsteuern.

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Internationale Flugtickets seien mehrwertsteuerbefreit – während auf Zugtickets im grenzüberschreitenden Verkehr eine Mehrwertsteuer entfalle. „Es ist absurd, dass Reisende in Europa mit Steuerausnahmen ins klimaschädliche Flugzeug gedrängt werden“, sagte Donat.

Bahntickets ohne Mehrwertsteuer

Mobilitätsexpertin Katja Diehl ergänzt: Nicht alle Flughäfen seien wirklich nötig – doch gerade in Regionalflughäfen, die oft keine wichtigen Drehkreuze sind, fließen Millionen an staatlichen Geldern. „Das ist nicht mehr zeitgemäß“, so Diehl zur taz. Bahntickets könnten mehrwertsteuerfrei verkauft werden, um Zugfahren erschwinglicher zu machen.

Und für Flugtickets schlägt Diehl eine zusätzliche Abgabe vor, die abhängig vom Einkommen der Flugreisenden und vom CO2-Ausstoß ihres Flugs eingefordert wird. „Es muss spürbar sein, dass Fliegen ein Privileg ist, das vielen Menschen weltweit niemals zuteilwird“, forderte Diehl.

Es muss spürbar sein, dass Fliegen ein Privileg ist

Katja Diehl, Mobilitätsexpertin

Die Deutsche Bahn rückt die Greenpeace-Zahlen derweil in gutes Licht. Gerade auf beliebten internationalen Strecken seien die Tickets für eine Zugfahrt „ganz klar günstiger“ als für einen Flug, teilte ein DB-Sprecher am Donnerstag mit. Buchungen grenzüberschreitender Fahrten über die DB-Website oder die Bahn-App DB Navigator sollen einfacher werden, neue Züge und Verbindungen mehr Leute auf die Schiene locken. Dennoch kann es sich lohnen, Zugtickets möglichst früh zu erstehen – oder mit einem Interrail-Ticket flexibel über Landesgrenzen hinweg zu reisen.

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1 Kommentar

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  • Danke für diesen Artikel!



    Es freut mich, wenn gelegentlich erwähnt wird, dass Fliegen klimaschädlich ist.



    Zu häufig ist in der kommune zu lesen, dass es sich beim Fliegen gar um ein "Grundrecht" handele, dass "unbedingt nötig" sei , um Kontakt zu anderen Menschen zu pflegen.



    Ich halte das Fliegen hingegen für völlig überflüssig.



    Es wundert mich immer wieder, dass Menschen Verantwortung antäuschen, indem sie auf das billig Argument verweisen.



    Es ist möglich, den Kaffeebecher fallen zu lassen, wo man geht und steht. Es ist aber auch möglich, ihn in den nächsten Mülleimer zu werfen. Diese Entscheidung trifft stets das Individuum.



    Ich kann versuchen, nachhaltig zu konsumieren, oder eben nicht.



    Zwingt mit Irgendjemand dazu, das billigste Fleisch auf den Grill zu legen?



    Bin ich verpflichtet, fast Fashion zu kaufen?



    Wer, als KonsumentIn, stets auf die Umstände verweist,, und Andere verantwortlich macht, verweist letztlich auf die eigene Unreife.



    Schön, dass im Artikel positive Trends hervorgehoben werden.



    Diejenigen, die das Glas als halbleer betrachten, werden in Ihrem Leben kaum Positives bewirken. Schöner ist kleine Erfolge zu feiern und dann auszubauen.