Einflussnahme in Republik Moldau: Sieben Jahre Haft für Geld aus Moskau
In der Republik Moldau ist die Gouverneurin der autonomen Region Gagausien, Ewgenija Guzul, verurteilt worden. Sie soll mit russischem Geld Wähler*innen beeinflusst haben.

Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig. Die Anwälte kündigten an, in Berufung gehen zu wollen. Laut der Nachrichtenagentur Reuters hatten sich mehr als 100 Menschen vor dem Gerichtsgebäude in Chișinău versammelt. Eine Stunde vor Beginn der Anhörung umstellte die Polizei das Gebäude und Guzuls Anhänger*innen mussten auf der anderen Straßenseite protestieren.
Die Vorwürfe gegen Guzul beziehen sich auf den Zeitraum zwischen 2019 und 2022. Zu diesem Zeitpunkt soll die heute 38-Jährige in ihrer Eigenschaft als Sekretärin der Șor-Partei laut der moldauischen Antikorruptionsstaatsanwaltschaft Gelder in Höhe von 42,5 Millionen Lei (umgerechnet rund 2,2 Millionen Euro) von Moskau in die Republik Moldau transferiert haben, um „politische Kampagnen zu unterstützen, Wähler*innen zu beeinflussen und prorussische Narrative zu fördern, die den Interessen der Șor-Partei dienten“.
Besagte Partei, für ihre Nähe zum Kreml bekannt, ist nach Ilham Șor benannt. Der moldauische Unternehmer, der auch die israelische und russische Staatsbürgerschaft besitzt und sich derzeit in Israel aufhalten soll, wurde aufgrund seiner Verwicklung in einen Diebstahl von über 700 Millionen US-Dollar aus Moldaus Bankensystem zu 15 Jahren Haft verurteilt.
Prorussische Partei verboten
Am 19. Juni 2023 wurde seine Partei vom moldauischen Verfassungsgericht wegen Untergrabung der Souveränität und demokratischen Ordnung der Republik Moldau verboten. Im Oktober 2024 soll Șor im Auftrag Russlands 130.000 Wähler*innenstimmen gekauft haben, um ein Referendum über Moldaus Mitgliedschaft in der EU zum Scheitern zu bringen, was jedoch misslang.
Guzul wurde im Mai 2023 mit tatkräftiger Unterstützung der Șor-Partei zur Gouverneurin (Baschkanin) Gagausiens gewählt. In dem autonomen Gebiet im Süden von Moldau mit rund 130.000 Einwohner*innen stellen die türkischsprachigen orthodoxen christlichen Gagaus*innen die Mehrheit. Sie richten sich politisch nach Russland aus.
Nach ihrem Amtsantritt hatte Guzul wiederholt Moldaus proeuropäische Präsidentin Maia Sandu kritisiert und war mehrmals nach Moskau gereist, wo sie sich mit hochrangigen Beamten traf. Sie steht auf den Sanktionslisten der USA und der EU wegen angeblicher Beteiligung an Bemühungen zur Destabilisierung des moldauischen Staates.
Am 25. März dieses Jahres wurde Guzul auf dem Weg zu einer Geschäftsreise nach Istanbul festgenommen. Nach 20 Tagen Haft ordnete ein Gericht Hausarrest an.
Reaktion aus Moskau
Reaktionen auf die Urteile ließen nicht lange auf sich warten. „Dies ist wirklich ein Beispiel für eine politisch motivierte Entscheidung, dies ist ein Beispiel für den Versuch, im Wahlkampf unverhohlenen und tatsächlich illegalen Druck auf politische Gegner auszuüben“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow vor Journalist*innen.
Am 25. September finden in der Republik Moldau, die seit Juni 2022 den Status eines EU-Beitrittskandiaten hat, Parlamentswahlen statt. In der vergangenen Woche hatte Präsidentin Sandu behauptet, Russland bereite sich darauf vor, durch Desinformation, bezahlte Proteste und Versuche, die Abstimmung der Diaspora zu stören, um in die Wahlen einzugreifen. Von den knapp 2,4 Millionen Moldauer*innen lebt schätzungsweise die Hälfte im Ausland.
Die Verurteilung Guzuls zu sieben Jahren Haft zeuge von der ernsthaften Absicht und Entschlossenheit, harte Maßnahmen gegen diejenigen zu ergreifen, die an Wahlkorruption beteiligt seien, zitiert das russischsprachige oppositionelle Intenetportal insider.ru den moldauischen Ex-Diplomaten, Historiker und Politologen Alexei Tulbure. „Dies ist ein wichtiges Signal vor den Parlamentswahlen.“
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