piwik no script img

Gesetz zu CCS-Technik im BundestagKlimagase sollen im Meeresboden verpresst werden

Die Abgeordneten beraten eine Novelle des Kohlendioxid-Speichergesetzes. Umweltschützer warnen vor längerer Abhängigkeit von Erdgas.

Das CO2-Tankschiff Northern Pioneer von Northern Lights Foto: Stian Lysberg Solum/NTB/dpa

Norwegens Energieminister war dafür extra angereist: Vor einem Jahr eröffnete er das „Northern Lights“-Projekt in Øygarden. Hier, auf einer Inselkette vor der Stadt Bergen, entsteht das erste kommerzielle Projekt zur unterirdischen Speicherung von Kohlendioxid. Terje Aasland erklärte: „Dies ist ein historischer Moment, nicht nur für Norwegen, sondern für die Welt.“ Tatsächlich werden dort nun seit August Treibhausgase im Meeresboden gelagert.

Es geht um die CO2-Abscheidung und die unterirdische Speicherung – Englisch „Carbon Capture and Storage“ – kurz CCS: In der Bundesrepublik ist es bislang nicht möglich, Treibhausgase in großem Stil zu verflüssigen und dann in porösen Gesteinsschichten unterirdisch zu verpressen, quasi als Endlager. Deshalb hat der Bundestag an diesem Donnerstag in erster Lesung Änderungen am Kohlendioxid-Speicherungsgesetz debattiert. Klimaneutralitätsstudien seien zu dem Ergebnis gekommen, „dass für die Erreichung der Klimaziele nach dem Klimaschutzgesetz der Einsatz von CCS … notwendig ist“, heißt es im Gesetzentwurf. Rechtslage ist bislang, dass nur Pilotprojekte zur Erforschung, Erprobung und Demonstration der Technologie erlaubt sind, kommerzielle Lager sollen etwa unter der Nordsee entstehen.

Die Ampel hatte bereits einen Gesetzentwurf vorgelegt, sich bei der Umsetzung aber zerstritten. Einstimmiger Beschluss der SPD sei, dass CCS nur für unvermeidbare Emissionen aus der Industrie oder der Abfallverbrennung Anwendung finden soll, erläuterte damals Nina Scheer: „Für uns hat die Vermeidung und auch die Wiederverwertung von Treib­haus­gasen Vorrang vor dem Verpressen“, so die SPD-Klimapolitikerin. Der Gesetzentwurf aus dem Ministerium von Robert Habeck (Bündnisgrüne) sollte CCS aber beispielsweise auch für Gaskraftwerke möglich machen.

Dies befürchten die Umweltverbände nun wieder. „Die vorliegende Novelle würde einen breiten Einsatz von CCS auch für technisch vermeidbare Emissionen ermöglichen“, schreiben sie in einem offenen Brief – unterzeichnet etwa vom BUND, Greenpeace, WWF, Germanwatch oder dem Naturschutzbund (Nabu). Würde CCS bei Gaskraftwerken zum Einsatz kommen, sei zu fürchten, dass Deutschland länger vom fossilen Energieträger Erdgas abhängig bleibt.

Weltklimarat empfiehlt CCS

Der Weltklimarat arbeitet in seinen Projektionen seit Jahren mit dieser Technologie: Der IPCC fordert die Staatengemeinschaft auf, bis zum Jahr 2100 wenigstens 700 Milliarden Tonnen CO2 einzulagern – so viel, wie die Menschheit derzeit in 18 Jahren produziert. Falls es im parlamentarischen Verfahren keine Verzögerungen gibt, könnte die Novelle Anfang 2026 in Kraft treten.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare