Krise Polen-Ukraine: Wer soll Polen dann noch helfen?
Karol Nawrocki will das Ukraine-Hilfegesetz aussetzen. Damit verrät Polens Präsident die Ukraine und Geflüchtete verlieren ihren Aufenthaltsstatus.

K arol Nawrocki, Polens neuer rechtspopulistischer Präsident, will nach seinem Veto gegen das Ukraine-Hilfegesetz nachlegen. Je schlechter für die Ukraine, desto besser für Polen, lautet seine Devise. Das hatte er schon im Wahlkampf klargemacht, als er sich wiederholt gegen eine Mitgliedschaft der Ukraine in der Nato aussprach, er sogar eine Acht-Punkte-Erklärung des rechtsextremen Politikers Sławomir Mentzen von der Konfederacja unterzeichnete.
Als künftiger Präsident und dann auch oberster Befehlshaber der polnischen Armee werde er sich einer Entsendung polnischer Truppen zu einer Friedensmission in die Ukraine widersetzen, verpflichtete er sich dem rechtsextremen Parteiführer gegenüber.
Mit dem Veto gegen das Ukraine-Hilfegesetz will er der polnischen Armee den Zugang zum Internetservice Starlink kappen, den die polnische Regierung zu einem großen Teil finanziert und den die ukrainische Armee nutzt, um sich gegen Russland zu verteidigen. Nawrocki will zudem verhindern, dass die Ukraine empfindliche Daten sicher vor Hackerangriffen aus Russland speichern kann. Das Nawrocki-Veto versetzt eine Million ukrainischer Geflüchteter in Polen in Angst und Schrecken, ohne das Hilfegesetz verlieren sie Ende September ihren legalen Aufenthaltsstatus in Polen.

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Außerdem legt der Präsident mit einer eigenen Gesetzesinitiative nach: Die Flagge der Ukrainischen Aufstandspartei (UPA) aus dem Zweiten Weltkrieg soll strafrechtlich mit dem Hakenkreuz und dem „Hammer und Sichel“-Symbol der Sowjets gleichgestellt werden. Für das Zeigen dieser Symbole drohen in Polen drei Jahre Haft. Damit spielt Nawrocki dem russischen Präsidenten in die Hände, das ist Hass und Niedertracht – mit einem klaren politischen Ziel: Nawrocki will die Mitte-links-Regierung stürzen und der rechtspopulistischen Recht und Gerechtigkeit (PiS) den Weg zurück an die Macht ebnen.
Dass diese Politik zugleich eine Einladung an Wladimir Putin ist, nach Kyjiw Warszawa zu besetzen, verdrängt Nawrocki offenbar. Wer sollte Polen noch helfen, nachdem es seinen Nachbarn Ukraine verraten hatte?
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