Afghanische Geflüchtete: Einreise dank Justiz
Sie haben lange in Pakistan gewartet: afghanische Geflüchtete, deren Aufnahme in die Bundesrepublik eigentlich geregelt war. Jetzt dürfen sie endlich kommen.

E ndlich. Endlich will die Bundesregierung die Einreise von Afghan*innen aus dem Bundesaufnahmeprogramm erlauben, die seit Monaten in der pakistanischen Hauptstadt Islamabad auf ein Visum für Deutschland warten. Die Zahlen, die genannt werden, gehen auseinander: Mal ist von zwanzig Personen die Rede, mal von bis zu fünfzig. Das ist für die Menschen, die nun endlich einreisen dürfen, eine gute Nachricht. Leider bedeutet sie nicht, dass sich die Bundesregierung auf ihre humanitären Verpflichtungen zum Schutz der bedrohten Afghan*innen besonnen hätte. Denn nur Afghan*innen, die vor dem Berliner Verwaltungsgericht erfolgreich auf die Erteilung von Visa geklagt hatten, dürfen jetzt einreisen.
Alle anderen müssen weiterhin in Islamabad warten und werden möglicherweise von dort nach Afghanistan abgeschoben. Die pakistanische Regierung setzt die Abschiebungen nur bis Anfang September aus. In Afghanistan drohen den Betroffenen Folter und Hinrichtung, Mädchen und Frauen Vergewaltigung und Zwangsehe.
Die Gerichtsurteile bestätigen, dass die humanitären Aufnahmezusagen rechtsverbindlich sind und erfüllt werden müssen. Das war auch vorher schon klar, auch der Bundesregierung. Man muss sich also fragen, warum die Regierung erst auf den zusätzlichen gerichtlichen Druck hin aktiv wird. Eine andere Erklärung, als dass es darum geht, Zeit zu schinden und die Zahl der Berechtigten zu verringern, gibt es nicht. Denn Klagen dauern und kosten Geld. Längst nicht alle betroffenen Afghan*innen haben in Berlin geklagt, nicht allen ist das möglich.

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Während für einige die juristische Auseinandersetzung läuft, werden anderen die Aufnahmezusagen wieder genommen. Dagegen kann Widerspruch eingelegt werden, aber auch das dauert und kostet. Und ob der Widerspruch erfolgreich ist, bleibt fraglich. So oder so, die Bundesregierung spielt auf Zeit, vielen betroffenen Afghan*innen wird der zugesagte Schutz verweigert. Und man muss nach wie vor befürchten, dass Pakistan das „Problem“ für Deutschland „löst“ – per Abschiebung zum Taliban-Regime.
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