Deutsche Entwicklungspolitik: Der Preis des Sparhaushalts
Laut Berechnungen der Entwicklungsorganisation One könnten Kürzungen bei der globalen Gesundheit über eine halbe Million Menschenleben kosten.

Die Zahl geht auf die vorgesehenen Kürzungen beim Globalen Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria zurück. Für die vergangene Finanzierungsperiode von 2023 bis 2025 sagte Deutschland insgesamt 1,3 Milliarden Euro zu. Für die Jahre 2026 bis 2028 sind es 350 Millionen Euro weniger. Auf Grundlage von Daten des Globalen Fonds bedeute dies, dass über 9 Millionen Infektionen mit den drei Krankheiten nicht verhindert werden könnten, schreibt One in dem Bericht. Bei einer halben Million könnte eine Infektion tödlich sein.
One-Europa-Direktor Stephan Exo-Kreischer, erklärte dazu, die Einsparung falle im Gesamthaushalt kaum ins Gewicht und sei reine „Symbolpolitik“, koste aber Menschenleben. Die Kürzungen in Deutschland kommen vor dem Hintergrund massiver Einbrüche in der globalen Gesundheitsversorgung durch den Rückzug der USA und weiterer Geberländer.
Auch die Beiträge zur Globalen Initiative zur Ausrottung von Polio soll im Haushalt 2025 um 48 Prozent – 17,8 Millionen Euro – gegenüber 2024 gekürzt werden. Mit dem Geld könnten laut One 2,8 Millionen Kinder gegen Polio geimpft werden. Diese Einsparung werfe „die Anstrengungen und die jahrzehntelangen Investitionen der Weltgemeinschaft in die Ausrottung von Polio weit zurück“, heißt es in dem Bericht – vorausgesetzt, andere Geber springen nicht ein oder Staaten ärmerer Länder bringen Gelder für Impfkampagnen auf.
Beitragszahlungen für den Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen UNFPA sollen laut Haushaltsplanung von 42,5 Millionen im Jahr 2024 auf 28,4 Millionen im Jahr 2026 gesenkt werden. Die UN-Organisation investiert weltweit in reproduktive Gesundheit, Familienplanung und den Schutz von Frauen und Mädchen.
BMZ: Deutschland bleibt wichtiger Geber
Kürzungen bei der globalen Gesundheit seien zwar „extrem schmerzlich“, sagte Nicolas Zippelius, entwicklungspolitischer Sprecher für die CDU/CSU der taz, aber Deutschland könne nur das leisten, „wozu wir mit Blick auf eine verantwortungsvolle Haushaltspolitik in der Lage sind“. Aus gutem Grund habe die Regierung beschlossen, in die Sicherheit und Zukunftsfähigkeit Deutschlands zu investieren. „Diese sind die Grundlagen, damit unser Land auch künftig ausreichende Steuereinnahmen hat, die Voraussetzung für weltweite Hilfen sind“, so Zippelius.
Eine Sprecherin des BMZs sagte der taz: „Angesichts des großen Konsolidierungsbedarfs im Bundeshaushalt insgesamt steht der BMZ-Haushalt vor schwierigen Kürzungen“. Im Gesundheitsbereich seien die Mittel zwar gekürzt, „trotzdem stehen signifikante Mittel zur Verfügung und die Bundesregierung bleibt ein bedeutender Geber in der globalen Gesundheitspolitik, was gerade nach dem Rückzug der USA entscheidend ist. Deutschland zeigt damit weiterhin sein großes Engagement, weltweit Krankheiten zu bekämpfen und Pandemien vorzubeugen“.
Der diesjährige Haushalt 2025 soll am Donnerstag beschlossen werden. Über den Haushalt 2026 berät das Parlament noch. Gegenüber 2024 sollen beim BMZ 1,3 Milliarden Euro eingespart werden. Exo-Kreischer fordert den Bundestag auf, die geplanten Kürzungen in der Entwicklungszusammenarbeit zu verhindern.
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