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Die Schweiz, US-Zölle und die EUMit neuen Allianzen gegen Trump

Hannes Koch
Kommentar von Hannes Koch

Mit Zöllen gegen die Schweiz will US-Präsident Donald Trump Europa weiter spalten. Jetzt sucht das kleine Land Hilfe bei der Europäischen Union.

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) begrüßt Karin Keller-Sutter, Bundespräsidentin der Schweiz, in Berlin, am 2. September 2025 Foto: Michael Kappeler/dpa

D ie Staaten der Welt zu vereinzeln – das ist der Trick, mit dem US-Präsident Donald Trump seine einseitige, an den nationalen Interessen der USA ausgerichtete Weltwirtschaftspolitik durchsetzen will. Bisher hat er damit erstaunlichen Erfolg. Seine jüngste Attacke richtet sich gegen die Schweiz.

Deren Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter kam am Dienstag nach Berlin, auch – oder vor allem – um Kooperationen zwischen ihrem Land und der EU zu besprechen. Die Schweiz ist gerade in einer fatalen Lage. Trump will ihr einen Importzoll von 39 Prozent aufbrummen. Die EU konnte dagegen kürzlich 15 Prozent aushandeln. Schweiz-Kenner und EU-Abgeordneter Andreas Schwab erklärte das im Züricher Tages-Anzeiger so: Die EU sei schlicht viel größer, könne den USA mehr anbieten und verfüge dementsprechend über einen längeren Hebel in den Verhandlungen.

Im reichen Alpenstaat haben viele nun Angst vor großem wirtschaftlichen Schaden. Die Wachstumsprognosen und Exporte gehen zurück. Manche Firmen erwägen die Auslagerung von Produktion etwa nach Baden-Württemberg. Die Stimmung in Politik, Bürgerschaft und Unternehmen neigte sich zuletzt mehr in Richtung Europäischer Union. Parallel dazu stehen Rechte wie die Schweizerische Volkspartei im Regen, die das traditionelle eidgenössische und das neue US-amerikanische Steppenwolf-Gehabe attraktiv finden. Vielleicht trägt der Zollschock dazu bei, dass der über Jahre ausgehandelte EU-Schweiz-Vertrag die Mehrheit in der baldigen Volksabstimmung erhält. Ob es zu weiteren Annäherungen kommt, bleibt aber abzuwarten.

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Eine Nummer größer als die Schweiz hat Europa selbst ein ähnliches Problem mit der US-Regierung. Obwohl einer der drei größten Wirtschaftsblöcke der Welt, reichte die Durchsetzungskraft der EU nicht, um ein nachteiliges, schmerzhaftes Abkommen zu vermeiden. Vielleicht wäre es anders gekommen, wenn Europa mit Kanada, Japan, Australien, Südafrika, Brasilien und Mexiko eine Verhandlungsgruppe mit gemeinsamer Position etabliert hätte?

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Hannes Koch
Freier Autor
Geboren 1961, ist selbstständiger Wirtschaftskorrespondent in Berlin. Er schreibt über nationale und internationale Wirtschafts- und Finanzpolitik. 2020 veröffentlichte er zusammen mit KollegInnen das illustrierte Lexikon „101 x Wirtschaft. Alles was wichtig ist“. 2007 erschien sein Buch „Soziale Kapitalisten“, das sich mit der gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen beschäftigt. Bis 2007 arbeitete Hannes Koch unter anderem als Parlamentskorrespondent bei der taz.
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