Konflikt zwischen Trump und Maduro: Die Sache mit dem Drogenboot
Die USA haben angeblich vor der Küste Venezuelas ein „Drogenboot“ versenkt. Lateinamerikanische Staatschefs fürchten nun US-Militäreinsätze.

Der Videoschnipsel, den Trump dazu auf seiner Plattform Truth Social postete, zeigt ein Boot mit mehreren Außenbordmotoren, das übers Meer zieht. Es folgt eine Explosion, das Boot geht in Flammen auf.
Die New York Times zitierte zu der Causa mehrere hochrangige US-Beamte: Der Angriff sei aus der Luft erfolgt – mit Helikopter oder Drohne. Es werde künftig mehr solcher Angriffe geben. Die Version der Trump-Regierung ist bisher aber immer noch nicht unabhängig bestätigt – viele Fragen sind offen.
US-Außenminister Marco Rubio schränkte mittlerweile ein, das Boot sei wahrscheinlich in Richtung Trinidad und Tobago oder in ein anderes Karibikland unterwegs gewesen. AFP und BBC Verify haben bisher nur herausgefunden, dass das Video nicht mit künstlicher Intelligenz fabriziert wurde. Das hatte die venezolanische Regierung behauptet, in ihrer, bis Redaktionsschluss, einzigen Stellungnahme.
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Tren de Aragua ist nicht für Drogenhandel bekannt
Die US-Regierung hat nicht verlauten lassen, wer an Bord gewesen sein soll, welche Art von Drogen und wie viel davon diese Menschen geschmuggelt haben sollen. Die Bilder sind so unscharf, dass es sich genauso gut um ein Boot mit Fischern oder Migrant:innen handeln könnte – es ist nicht einmal auszumachen, ob überhaupt Menschen an Bord waren.
Die USA hatten in den vergangenen Wochen mehrere Schiffe ihrer Marine mit Tausenden Soldaten in die Nähe der venezolanischen Gewässer gebracht. Sie sollen den Drogenhandel in Richtung USA stoppen. Venezuelas Präsident Nicolás Maduro hat seine Landsleute vor einer möglichen US-Invasion gewarnt und Truppen an die Grenze zu Kolumbien geschickt.
Anfang August hatte die US-Regierung das Kopfgeld auf Maduro auf 50 Millionen Dollar erhöht. Für Trump ist Venezuelas autoritärer Präsident selbst Boss eines Drogenkartells namens Cartel de los Soles und auch verwickelt in Tren de Aragua. Dabei hat der US-Geheimdienst das bereits widerlegt.
Tren de Aragua ist zudem gar nicht für Drogenhandel im großen Stil bekannt, sondern für Erpressung, Menschenschmuggel und -handel. Jeremy McDermott vom Rechercheportal Insight Crime sagte der Washington Post, man habe Tren de Aragua nicht mit grenzüberschreitenden Drogenlieferungen von mehreren Tonnen in Verbindung bringen können. Venezuela ist Transitland, produziert jedoch selbst kaum Kokain. Auch Fentanyl, Trumps größter Feind, kommt nicht aus Südamerika in die USA, sondern aus Mexiko.
Sorge vor US-Militärinterventionen
Mit der Auslöschung des mutmaßlichen Drogenboots schlagen die USA einen neuen Kurs im „War on Drugs“ ein – der vermutlich illegal ist. Traditionell wehrten die USA den Drogenhandel zu Hause ab: an den Landesgrenzen, auf See mit Patrouillen der Küstenwache, nicht der Armee. Im Ausland kooperierten die USA bislang mit den dortigen Regierungen, in Lateinamerika oft mit fatalen Folgen für die Bevölkerung.
Das Washington Office on Latin America schreibt in Bezug auf den Bootsangriff: „Was wir bisher gesehen haben, deutet darauf hin, dass die US-Streitkräfte etwas getan haben, was sie in mehr als 35 Jahren militärischer Beteiligung an der Drogenbekämpfung in der Karibik noch nie getan haben: eine sofortige Eskalation zu unverhältnismäßiger tödlicher Gewalt gegen ein ziviles Schiff ohne offensichtliche Rechtfertigung.“ Damit widerspreche die Attacke internationalem und US-Recht. Der Kongress solle von der Regierung verlangen, alle relevanten Fakten offenzulegen. Sollte sich der Verdacht bestätigen, müssten die Verantwortlichen strafrechtlich zur Rechenschaft gezogen werden.
Gustavo Petro, der linke Präsident von Venezuelas Nachbarland Kolumbien, nannte die Attacke – sofern sie sich bewahrheite – „Mord“. Petro sagte: „Wir fangen seit Jahrzehnten Zivilisten, die Drogen transportieren, ohne sie zu töten.“ Auch andere lateinamerikanische Staatschefs äußerten sich besorgt, dass die USA künftig mit Militärgewalt gegen Kartelle in ihren Ländern vorgehen könnten.
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