piwik no script img

Zusätzliche HaushaltsausgabenMit vollen Händen

Kommentar von Björn Hartmann

Pendlerpauschale, ein Bonus für die Gastronomie, Mütterrente – Sparen ist in Berlin nicht angesagt. Dem kriselnden Standort D wird das wenig helfen.

Rückschrittliche Politik der Bundesregierung: Erhöhung der Pendlerpauschale Foto: Jochen Eckel/imago

W as macht die Bundesregierung, gerade zurück aus den parlamentarischen Ferien? Geld ausgeben, das der Gesamtwirtschaft kaum hilft und das Deutschland auf dem Weg zu mehr nachhaltigem Handeln nicht voranbringt. Außerdem schafft sie sich Probleme für die kommenden Jahre. Los geht es mit der Gastronomie, für die künftig der geringere Mehrwertsteuersatz von 7 statt 19 Prozent gelten soll. Doch der Bonus wird der Branche kaum helfen.

Dass ein Restaurantbesuch nennenswert günstiger wird, ist nicht zu erwarten. Wenn es schlecht läuft, ist der Unternehmer über jeden zusätzlichen Euro froh. Und ein mittelmäßiges Angebot wird durch die Steuersenkung nicht derart verbessert, dass es mehr Kunden lockt. Begünstigt werden übrigens nur Speisen, keine Getränke, was noch mehr Bürokratie nötig macht. Genau die wollte die Regierung doch verringern.

Dann soll die Pendlerpauschale steigen, um den ländlichen Raum zu fördern. Dieses Geld geht vor allem an die Autofahrer, die außerhalb der Städte auf ihre Fahrzeuge angewiesen sind. Denn der ÖPNV gerade auf dem Land ist ausbaufähig. Dort wären die Milliarden zum Wohl aller zweifellos besser angelegt, machten etwa das Deutschland-Ticket noch attraktiver. Das war der Bundesregierung aber offenbar kein Gedanke wert.

Schon vor der Sommerpause hatte Schwarz-Rot die Agrardiesel-Subventionen wieder angehoben – ohne Not. Die Vorgängerregierung hatte sie trotz Protesten nach Jahrzehnten endlich zusammengestrichen. Erhöht hat die Bundesregierung auch die Mütterrente, was ebenfalls Milliarden kostet. All diese Entscheidungen lassen sich öffentlich gut verkaufen, helfen dem kriselnden Standort D aber kaum.

Das Logo der taz: Weißer Schriftzung t a z und weiße Tatze auf rotem Grund.
taz debatte

Die taz ist eine unabhängige, linke und meinungsstarke Tageszeitung. In unseren Kommentaren, Essays und Debattentexten streiten wir seit der Gründung der taz im Jahr 1979. Oft können und wollen wir uns nicht auf eine Meinung einigen. Deshalb finden sich hier teils komplett gegenläufige Positionen – allesamt Teil des sehr breiten, linken Meinungsspektrums.

Die Regierung investiert an all diesen Stellen nicht in die Zukunft des Landes, sondern bedient vor allem Einzelinteressen. Und sie verringert ihren Handlungsspielraum in der Zukunft. Denn die Steuergeschenke kosten auch in den nächsten Jahren Geld. Und das fehlt absehbar spätestens von 2027 an in den Bundeshaushalten.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • "Dieses Geld geht vor allem an die Autofahrer, die außerhalb der Städte auf ihre Fahrzeuge angewiesen sind."

    Das ist zwar ein beliebtes (Feind-)Bild, aber ist das so? Erhöht wurde die Pauschale vom ersten Kilometer auf 38 ct. Vorher gab es 38 ct ab dem 21. Kilometer. Dh, die kurzen Wege werden nun stärker gefördert, also besonders die Wege in der Stadt, auch mit Fahrrad oder Öffis. Für die Autofahrer mit langen Wegen erhöht es sich prozentual weniger.

    Der Grundaussage des Artikels kann man aber zustimmen, es wird ausgegeben, ohne über eine nachhaltige Gegenfinanzierung nachzudenken.

  • Soso, die Erhöhung der Pendlerpauschale wäre zum Wohle aller besser angelegt, wenn sie in den ÖPNV fließen würden.



    Sowas kann nur schreiben, wer in seiner ÖPNV verwöhnten Großstadtbubble lebt und aufs Land nur am Wochenende oder im Urlaub kommt, wenn Zeit keine Rolle spielt.



    Kurze Realitätsfindung: Bergkamen in NRW hat 50.000 Einwohner und keinen Bahnhof. Es gibt über 50 Städte in Deutschland, die ohne Bahnhof sind.



    Überhaupt gibt es nur noch knapp 6.000 Personenbahnhöfe in Deutschland, aber weit über 10.000 Gemeinden.



    Ich will jetzt gar nicht davon anfangen, wie viele Gemeinden aus zig Ortsteilen bestehen, also separierten Siedlungen.



    Milliarden bauen keine Bahnhöfe. Menschen bauen Bahnhöfe. Ein Umbau zu weniger Individualverkehr dauert Jahrzehnte, in Deutschland mit seiner Bürokratie eher ein Jahrhundert.



    Man kann dieses Ziel gerne verfolgen, aber im Hier und Jetzt brauchen auch wir Landeier finanzielle Unterstützung. Wir müssen nämlich auch morgen wieder zur Arbeit, nicht erst in 50 oder 100 Jahren wenn vielleicht auch mal hier ein Bahnhof steht oder endlich ein Bus kommt.



    Finger weg von unserer Mobilität!



    Seid dankbar wenn ihr einen Zug habt und lasst uns unsere Autos.



    Danke

    • @Saskia Brehn:

      Sie schreiben selber die neuen Subventionen dienen eher denjenigen die kurze Wege haben, und knapp 30% der Deutschen lebt in Großstädten, man hätte also das Geld auch sinnvoller verteilen können.

      • @Jesus:

        Ja hätte man. Ich weiß von meiner Nichte. Die studiert in Berlin, wohnt am südlichen Ende Pankows und braucht mit Fußweg, Straßenbahn und S-Bahn 35 Minuten für 5 Kilometer Luftlinie zur Uni.



        Ich fahre jeden Tag einfach 42 Kilometer und brauche dafür 28 Minuten am Morgen und knapp 40 Minuten am Nachmittag nach Hause.



        8fache Entfernung, gleiche Zeit.



        Wie das jemals mit Öffis gehen soll ohne das ich Stunden unterwegs wäre, keine Ahnung.



        Stadt und Land sind zwei völlig verschiedene Welten. Und ich finde es anmaßend, ja richtig frech, hier in beinahe täglichem Turnus lesen zu dürfen, dass der Individualverkehr das Übel der Menschheit sei.



        Das mag für Städte zutreffen, aber außerhalb nicht.



        Wir leben hier hundert mal grüner, fast alles kommt aus meinem Garten, wir haben zusätzlich noch Wiesen mit Obstbäumen und Hühnern. Vom Nachbar kommt jedes Jahr ein halbes Schwein.



        Ich fahre ohne Reue Auto, auf der Autobahn auch gerne über 130 und fühle mich kein bisschen schlecht.



        Das CO2 was durch meine Mobilität entsteht, mache ich locker durch Bioernährung und kürzeste Wege der Lebensmittel wieder wett.

    • @Saskia Brehn:

      100% ige Zustimmung, besser kann man (Frau) es nicht sagen.



      Vielleicht noch deutlicher also ......



      Ach nö, das verhindert jetzt meine Erziehung.

      Somit bleibt Ihr Beitrag der Beste für mich.