Krieg in der Ukraine: Klingbeil zeigt sich in Kyjiw wenig optimistisch
Bei seinem Besuch in der ukrainischen Hauptstadt sieht der Vizekanzler keinen baldigen Frieden. Berlin werde die Ukraine jedoch weiter unterstützen.

In enger Abstimmung mit dem Bundeskanzler, so Klingbeil in einer Erklärung bei der Ankunft auf dem Kyjiwer Hauptbahnhof, suche er den Austausch und wolle wissen, wie Deutschland die Ukraine bei einem möglichen Friedensprozess bestmöglich unterstützen könne.
„Es geht um die ukrainische, aber auch um die europäische Sicherheit. Es liegt nun an Russland, endlich ein ernsthaftes Interesse an einem gerechten Frieden zu zeigen. Putin muss seinen brutalen Angriffskrieg endlich beenden“, so Klingbeil.
Und so ist es auch kein Zufall, dass der Bundesfinanzminister bei seinen Gesprächen in Kyjiw nur in zweiter Linie über Finanzen gesprochen hat. Und da sei es darum gegangen, wie man die Ukraine weiter finanziell unterstützen könne. „Ich habe im Haushalt 2025 und 2026 jeweils 9 Milliarden niedergeschrieben, die auch fest verabredet sind, die nicht wackeln, was die Unterstützung der Ukraine angeht“, sagte Klingbeil.
Deutliches Signal
Auch bei der militärischen Unterstützung sei man sich klar in der Bundesregierung, dass diese in der mittelfristigen Finanzplanung weitergehe. Das Gleiche gelte für den Wiederaufbauprozess der Ukraine. Auch hier habe die Bundesregierung Verantwortung übernommen.
Bei seinen Gesprächen in Kyjiw sei es in erster Linie um Sicherheitsfragen gegangen. „Es ist mir ein Anliegen“, sagte Klingbeil auf seiner Pressekonferenz mit seinem ukrainischen Kollegen, Finanzminister Sergii Marchenko, „dass wir gerade jetzt ein deutliches Signal setzen, dass wir als Bundesrepublik Deutschland eng an der Seite unserer ukrainischen Freundinnen und Freunde stehen“.
Nun sei man in einem Prozess von Friedensverhandlungen. „Wir waren uns einig, dass wir die Gespräche, die jetzt stattfinden, sehr ernst nehmen“, sagte Klingbeil zu den Verhandlungen. Gleichzeitig dränge man darauf, dass Putin diesen Krieg beende. Allerdings müsse man auf alle Szenarien vorbereitet sein. „Auch darauf, dass der Krieg weitergeht.“
Klingbeil äußerte sich vorsichtig: Er jedenfalls könne die Euphorie und den Optimismus, dass es zu einem schnellen Frieden mit Russland kommen kann, nicht teilen. Wichtig seien vor diesem Hintergrund Sicherheitsgarantien, die der Ukraine gegeben werden müssten. „Man muss so aufgestellt sein, dass Putin nie wieder auf die Idee kommt, die Ukraine anzugreifen, und die Ukraine sich wehren kann.“
Zwei Sicherheitsgarantien
Aktuell könne er nur zwei konkrete Sicherheitsgarantien nennen, an denen Deutschland mitwirken werde: Es gehe zum einen darum, die ukrainische Armee weiter auszustatten, und zum anderen, die Rüstungsproduktion in der Ukraine zu stärken. Es dürfe der Ukraine nie wieder an Ausrüstung oder Munition fehlen.
Nach Informationen des Bundesfinanzministeriums hat die Bundesregierung seit Beginn des russischen Angriffskrieges am 24. Februar 2022 die Ukraine mit etwa 50,5 Milliarden Euro unterstützt. Davon entfielen 25 Milliarden Euro auf die Aufnahme von Geflüchteten aus der Ukraine, 17 Milliarden Euro auf militärische Unterstützung, 6,7 Milliarden Euro auf zivile Unterstützung und 1,9 Milliarden Euro auf Budgethilfe.
Seit Sonntag hält sich auch der US-Sondergesandte Keith Kellogg in Kyjiw auf. Noch in dieser Woche werde er sich mit Kellogg treffen, ließ Präsident Wolodymyr Selenskyj auf einer Pressekonferenz verlauten.
Bei dem Gespräch mit Kellogg gehe es um ein mögliches Treffen mit Putin und Sicherheitsgarantien für die Ukraine. Kellogg selbst ist nicht sehr mitteilsam, wenn er von Journalisten über den Inhalt seiner Gespräche in der Ukraine gefragt wird.
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