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Krieg in der UkraineKyjiw unter Dauerbeschuss

Bei Angriffen auf die ukrainische Hauptstadt werden mindestens acht Menschen getötet und 45 verletzt. Auch andere Orte sind Ziel der nächtlichen Attacken.

Ein Wohnhaus in Kyjiw nach den Angriffen am frühen Donnerstagmorgen Foto: Evgeniy Maloletka/AP/dpa

Kyjiw taz | Nachdem es in der ukrainischen Hauptstadt Kyjiw fast eine Woche lang völlig ruhig war, wurde die Stadt am Donnerstagmorgen erneut von russischen Raketen, Marschflugkörpern und Drohnen angegriffen. Bis zum frühen Morgen um 6:45 Uhr herrschte die ganze Nacht Luftalarm. Es gab Tote, Verletzte und weitreichende Zerstörungen.

Mindestens acht Menschen kamen ums Leben, darunter zwei Kinder, teilte Innenminister Ihor Klymenko mit. 45 weitere Personen seien verletzt worden, berichtet Bürgermeister Vitali Klitschko. Betroffen waren zivile Objekte, Wohnhäuser und Infrastrukturobjekte. Ein fünfstöckiges und ein sechzehnstöckiges Wohnhaus wurden direkt getroffen.

In Kyjiw wurden mehr als 20 Einschlagsorte registriert – betroffen sind die Stadtbezirke Darnyzkyj, Dniprowskyj, Solomjanskyj, Schewtschenkywskyj, Holossijiwskyj, Obolonskyj sowie Desnjanskyi, berichtet die Militärverwaltung von Kyjiw auf Telegram.

Sie schätzt die Zahl der beschädigten Objekte in der Hauptstadt auf rund hundert. Besonders gravierend seien Schäden an Fenstern, tausende seien durch Druckwellen zerstört worden. Auch ein Einkaufszentrum im Stadtzentrum wurde in Mitleidenschaft gezogen. In mehreren Stadtteilen gingen Trümmerteile abgeschossener Flugkörper nieder.

Angriff auf Rostow-am-Don

Doch nicht nur Kyjiw war Ziel der nächtlichen Attacken. Auch aus Sumy, Saporischschja, Dnipro und der Region Chmelnyzkyj wurden Explosionen gemeldet. Der Chef der Präsidialadministration Andri Jermak kommentierte von ihm veröffentlichte Fotos der Zerstörung mit einem „Alles, was man über den Terrorstaat Russland, Putin und deren ‚Streben‘ nach Frieden wissen muss.“

Auch die russische Bevölkerung leidet zunehmend unter diesem Krieg. In der Nacht zum Mittwoch war das russische Rostow-am-Don von ukrainischen Drohnen angegriffen worden. Dies berichtet die ukrainische „New Voice“ unter Berufung auf den russischen Telegram-Kanal Shot. Dabei habe der vierte Stock eines Wohnhauses gebrannt.

Der Gouverneur des Gebietes Belgorod, Wjatscheslaw Gladkow, berichtet auf seinem Telegram-Kanal von anhaltenden ukrainischen Drohnenangriffen. Ein Bewohner sei am Mittwoch bei diesen Angriffen verletzt worden.

Gleichzeitig wächst die Gefahr einer radioaktiven Katastrophe. So berichtet die Internationale Atomenergiebehörde IAEA, welche Schritte die aktuell Verantwortlichen in Europas größten AKW, dem AKW Saporischschja in Energhodar, unternehmen, um die für die Kühlung der abgebrannten Brennstäbe und Reaktorkerne notwendige Wasserversorgung sicherzustellen. So nutze man Grundwasserbrunnen. Außerdem sei ein Damm errichtet worden, um Wasser in einem Kanal zu halten.

Nur noch eine Stromleitung

Diese Maßnahmen können jedoch nicht das Wasser eines 240 Kilometer langen und 18 Milliarden Kubikmeter fassenden Staudammes ersetzen. Das AKW ist durch die Sprengung des Kachowka-Staudammes im Juni 2023 des für die Kühlung erforderlichen Wasserreservoirs verlustig gegangen.

Auch die für Kühlprozesse notwendige Stromversorgung ist nur notdürftig gesichert. Vor dem russischen Überfall auf die Ukraine war das AKW mit zehn externen Stromleitungen ans Stromnetz angeschlossen, aktuell gibt es nur noch eine Stromleitung von außen. Das AKW Saporischschja ist seit dem Frühling 2022 von russischen Truppen besetzt.

Am 24. August meldete die ukrainische „New Voice“ unter Berufung auf den russischen Telegram-Kanal Shot Drohnenangriffe auf die russische Stadt Kurtschatow, in der sich das AKW Kursk befindet. Dabei soll auch ein Transformator im Atomkraftwerk in Brand geraten sein. Die IAEA berichtet indes, dass ihr keine unabhängigen Angaben zu diesem Vorfall vorlägen.

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