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Nach Israels Angriff auf KatarKommt nun eine neue Politik des Golfs?

Der Golfstaat Katar lädt nach dem israelischen Angriff auf seinem Territorium zum Gipfel ein. Dabei könnte auch die Rolle der USA in der Region zur Debatte stehen.

Da war noch alles gut: US-Präsident Trump und der katarische Emir Tamim bin Hamad Al Thani in Doha im Mai Foto: Brian Snyder/reuters

Berlin taz | Im Vergleich zu anderen Luftangriffen, die Israel jüngst im Gazastreifen, Libanon oder auch Iran geflogen hat, war es eigentlich eine kleine Offensive: Am 9. September tötete das Militär in der katarischen Kapitale Doha wohl fünf Hamas-Angehörige und ein Mitglied der katarischen Sicherheitskräfte. Doch dieser Angriff könnte für eine strategische Verschiebung in der Region sorgen.

Die Golf-Monarchie lädt nun zu einem Gipfel der arabischen und muslimischen Staaten. Nach Angabe des Außenministeriums-Sprechers Majed Al-Ansari soll daraus auch eine Resolution zu dem Angriff hervorgehen.

Die Solidarisierung vor allem der Golfstaaten hat auch mit ihrer eignen Position in der Region zu tun. So sind neben Katar auch Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate wichtige Partner der USA. Und bauten in ihrer sicherheitspolitischen Ausrichtung auf die Freunde in Washington. Der Deal schien klar: Die Golfstaaten erlauben die Stationierung des US-Militärs auf Basen in ihren Ländern, kaufen gerade im Rüstungsbereich zumeist in den USA ein, und orientieren sich am westlichen Markt. Die Nähe zu den USA galt als Sicherheitsgarantie.

Das Treffen findet am Jahrestag der Unterzeichnung der Abraham Accords statt

Diese Strategie funktionierte gut: Vor allem Katar, die Emirate und Saudi-Arabien stiegen zu politischen Schwergewichten in der Region, aber auch weltweit, auf. Ihre Relevanz lässt sich derzeit etwa in Syrien beobachten, wo der Wiederaufbau des Landes entscheidend mitgeprägt wird.

Hätten die USA Doha früher warnen können?

Doch bereits seit dem Angriff des Iran auf die westliche Militärbasis Al-Udeid in Katar kommen daran Zweifel auf. So hatte die Islamische Republik damals die territoriale Integrität des von ihr nur durch den arabischen Golf getrennten Staates verletzt – ohne dafür echte Konsequenzen seitens der USA tragen zu müssen. Und mit dem israelischen Angriff sind sie nun deutlich gewachsen: Sind die USA noch gewillt und befähigt, den Schutz ihrer Verbündeten zu gewährleisten? Und falls sie es nicht sind, muss dann eine geopolitische Neuausrichtung der Golfstaaten erfolgen?

Der Ort des Angriffs: Das Gebäude in Doha, in dem wohl Hamas-Mitglieder untergebracht waren, am 9. September Foto: Ibraheem Abu Mustafa/reuters

Das liegt auch an anhaltenden Spekulationen über die Details des Angriffs: Ab wann wussten die USA Bescheid? Und wären sie befähigt gewesen, Doha früher zu warnen? Nach derzeitigem Kenntnisstand erging eine solche Warnung erst, als der Angriff bereits begonnen hatte.

Es scheint, als bemühe sich US-Präsident Donald Trump derweil um Schadensbegrenzung. So empfing er nur wenige Tage nach dem Angriff den katarischen Premier Scheich Mohammed bin Abdulrahman bin Jassim Al Thani zu einem Abendessen im Trump Tower in New York; auch der US-Sondergesandte Steve Witkoff nahm teil. US-Vize JD Vance hatte zuvor die Solidarität der USA mit Katar betont – und den Status des Landes als strategischer Verbündeter.

Der 15. September ist auch ein Jahrestag

Das Treffen der arabischen und muslimischen Staaten in Katar findet ausgerechnet am 15. September statt – dem fünften Jahrestag der Unterzeichnung der Abraham Accords. Katar ist bislang nicht Teil dieses Abkommens. Auch Saudi-Arabien zierte sich, wurde aber von Trump umworben.

Nahost-Konflikt

Nach dem Überfall der Hamas am 7. Oktober 2023 startete das israelische Militär eine Offensive in Gaza, 2024 folgte der Vorstoß gegen die Hisbollah im Libanon. Der Konflikt um die Region Palästina begann Anfang des 20. Jahrhunderts.

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Die Vereinigten Arabischen Emirate hingegen sind Unterzeichner des Abkommens und von allen arabischen Staaten mit Israel wohl am besten vernetzt. Der israelische Journalist Seth Frantzman meint: Das Treffen am 15. sei Ausdruck einer „massiven Veränderung“ weg vom anfänglichen Optimismus. Schon der Gazakrieg und eine mögliche Annektion des Westjordanlands hatten an den Beziehungen in den Abraham Accords gezerrt. Auch der Angriff auf Doha trägt dazu weiter bei.

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