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Hessischer FriedenspreisKolumbianische Wächterin Jani Silva erhält Auszeichnung

Ihr droht der Tod, denn sie kämpft für Öko-Landwirtschaft, gegen Erdölförderung und Raubbau. Am Dienstagabend wird die Klimaaktivistin ausgezeichnet.

Die kolumbianische Umwelt- und Friedensaktivistin Jani Silva ist Trägerin des Hessischen Friedenspreises Foto: dpa

Jani Silva reist nicht gern. Aber für ihre Vereinigung zur nachhaltigen Entwicklung der Perle Amazoniens (Adispa) tut sie es doch. Die Kleinbauernorganisation von rund 800 Familien ist so etwas wie das Baby der 62-jährigen Kolumbianerin und dafür nimmt sie so einiges in Kauf.

Seit Oktober 2020 sogar das Exil. „Damals musste ich unsere 45 Rinder, die Gänse, Hühner und etliche meiner Bienenstöcke verkaufen. Die Sicherheitslage ließ mir keine andere Wahl“, erklärt die kräftige Frau mit den optimistisch leuchtenden Augen in der Tür ihres des kleinen Hauses in Villa Rosa, einem Stadtteil von Puerto Asís. Das ist die größte Stadt des Verwaltungsbezirks Putomyao.

Mit Gleichgesinnten von Avispa hat Silva eine kleine Farm aufgebaut, sie liegt im rund drei Stunden entfernten Dorf Bayo Cuembí. Die Kleinbauernorganisation bietet mit ihrem ökologischen Konzept eine Alternative zum Ressourcen-Raubbau in der Amazonasregion. Das hat die kolumbianische Regierung im Oktober 2000 gewürdigt und ihr einen kollektiven Landtitel für 22.000 Hektar Regenwald ausgestellt. Für Jani Silva und Avispa ein Wendepunkt: „Davon versprachen wir uns einen sicheren Status, Rechtssicherheit, internationale Anerkennung“, erinnert sich die hartnäckige Frau, die sich früh für gemeinsame kleinbäuerliche Strukturen engagiert hatte.

Als 12-Jährige kam sie mit ihrer Mutter aus Leticia, der bekanntesten Amazonasstadt Kolumbiens, in die Region, die grenzt an Ecuador grenzt und von Regenwald geprägt ist. Hier wird alles auf dem Wasserweg transportiert. Doch aktuell muss Silva in Puerto Asís leben, statt in Bayo Cuembí, dem drei Stunden entfernten Dorf, in dem ihre Farm steht. Und in dem sie eigentlich leben will. Ihr Ehemann Hugo Miramar kümmert sich zurzeit um den Erhalt der Farm, die Jani Silva nur ausnahmsweise und in Begleitung von Personenschützern oder den Freiwilligen der Peace Brigades International (PBI) besuchen kann.

Auf der Todesliste

Denn Jani Silva steht auf der Todesliste von „Los Comandos de la Frontera“. Die paramilitärische Organisation kontrolliert große Teile der kolumbianischen Grenze nach Ecuador und lebt vor allem vom Kokahandel. Gegen den hat sich Jani Silva immer wieder ausgesprochen, obwohl sie früher selbst die lukrativen Koka-Sträucher angebaut hat. „Padre Alcides Jiménez hat mir die Augen geöffnet, mir aufgezeigt, welche Folgen der Kokaanbau für Umwelt und Gesellschaft hat. Deshalb werbe ich seit 18, 19 Jahren für alternative Produkte wie die Bienenzucht und den Kakaoanbau“, erklärt die ruhig auftretende Frau.

Ihr nachhaltiger Anbau im Schatten des Regenwaldes widerspricht den Interessen der Paramilitärs. Außerdem hat Silva immer wieder gegen die Förderung von Erdöl im Regenwald plädiert und Avispa hat mehrere Anzeigen wegen der Kontaminierung von Flussläufen wie dem Río Putumayo gestellt – gegen den chilenisch-britischen Erdölkonzern Amerisur. Der fördert mit einer Konzession in der Region und soll gute Kontakte zu den Paramilitärs haben.

Das könnte ein weiter Grund sein, weshalb Jani Silva ihr Dorf verlassen musste und permanent gefährdet ist, die jedoch nicht locker lässt.

Diese Haltung und diesen Mut würdigte am Dienstag die hessische Landtagspräsidentin Astrid Wallmann, die Silva den hessischen Friedenspreis 2024 verleihen hat. Ein Preis, der helfen könnte, Silva und ihre Arbeit etwas zu schützen.

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