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Gefährdete Um­welt­schüt­ze­r*in­nen142 Morde im vergangenen Jahr

Die NGO Global Witness verzeichnet für 2024 zahlreiche Tötungen von Umweltschützer*innen. Die meisten Gewaltopfer waren Indigene oder Kleinbauern.

Wer sich für den Schutz von Umwelt und Indigenen einsetzt, bringt sich in Lebensgefahr Foto: Mario Macilau/dpa

Berlin taz | Odey Oyama setzt sich gegen die Zerstörung des nigeria­nischen Cross-River-Regenwalds und für die Rechte indigener Gemeinschaften wie der Ekuri ein, die auf dem Gebiet leben. Er ist Leiter des Rainforest Resource and Development Centre. Für ihre Initiative erhielten die Ekuri 2004 einen UN-Naturschutzpreis. Aber: „Man kann leicht getötet werden“, zitiert die Nichtregierungsorganisation Global Witness Oyama in ihrem Jahresbericht, der am Mittwoch erschienen ist. „Ich habe einfach Glück gehabt.“

Global Witness dokumentiert regelmäßig Morde an Umweltaktivist*innen. Im vergangenen Jahr wurden laut dem Jahresbericht weltweit mindestens 142 Um­welt­schüt­ze­r*in­nen getötet. Dabei verzeichnet der Bericht für Lateinamerika 82 Prozent der Tötungen.

Kolumbien war demnach das dritte Jahr in Folge mit 48 Toten das gefährlichste Land auf der Welt für Umweltaktivist*innen. Auch in Guatemala gab es mit 20 Morden viele Fälle, ebenso in Mexiko (19) und Brasilien (12). Seit Beginn der Dokumentation im Jahr 2012 hat Global Witness mindestens 2.253 Tote und Verschwundene erfasst.

Die meisten Gewaltopfer waren Indigene oder Kleinbauern. Vor allem Aktivist*innen, die sich gegen Bergbau, Forst- und Landwirtschaft, Wilderei und Energieprojekte einsetzen, gerieten ins Visier. Hinter den Angriffen stecken laut Global Witness oft organisierte Kriminalität, private Militärfirmen oder Auftragsmörder. Teils sind der Organisation zufolge auch staatliche Stellen involviert. Die meisten Morde bleiben ungesühnt.

Forderungen nach Schutz und Konsequenzen

Global Witness rief die Regierungen der betroffenen Länder auf, die Sicherheit von Um­welt­schüt­ze­r*in­nen zu gewährleisten, Angriffe auf Aktivisten konsequent zu verfolgen und die Täter vor Gericht zu bringen. Firmen sollten die Rechte von Um­welt­schüt­ze­r*in­nen achten und sicherstellen, dass es entlang ihrer Lieferketten nicht zu Menschenrechtsverletzungen kommt. Die Hauptautorin des Berichts, Laura Furones, spricht von einer „unbeschreiblichen Gewalt“.

Global Witness verweist in ihrem Bericht darauf, dass der Zugang zu Informationen in afrikanischen und asiatischen Ländern deutlich schwieriger ist als etwa in Lateinamerika, „die dokumentierten Zahlen bedeuten nicht unbedingt, dass Gewalt hier weniger verbreitet ist.“

Auch für Odey Oyama in Nigeria hatte sein ökologisches Engagement schon schwere Folgen. Im Januar 2025 wurde er von mehr als 40 bewaffneten und maskierten Po­li­zis­t*in­nen festgenommen, heißt es im Bericht von Global Witness. Zusammen mit vier weiteren Mit­ar­bei­te­r*in­nen seiner Organisation wurde er wegen „Anstiftung zum Krieg zwischen Gemeinschaften“ angeklagt, was mit lebenslanger Haft bestraft wird. Mittlerweile wurden allerdings alle Vorwürfe fallen gelassen.

Bereits 1996 wurden ein Ekuri-Häuptling und fünf weitere Mitglieder der Community allerdings zu zwei Jahren Haft und harter körperlicher Arbeit verurteilt.

Waldzerstörung im Ekuri-Gebiet

2015 kündigte die lokale Regierung den Bau einer sechsspurigen Autobahn quer durch das Gebiet der Ekuri-Community, einen Nationalpark, an und begann mit ersten Bauarbeiten. Die Ekuri stellten sich mit einer Petition mit 100.000 Unterschriften und Protesten dagegen, die den Bau tatsächlich verhinderte.

Doch das Tor für illegale Abholzung und Großunternehmen war durch die Autobahnpläne bereits geöffnet. „Gemessen an der Größe der Zerstörung, die wir dokumentieren, muss die Abholzung eine der höchsten Einnahmequellen für den Staat sein“, sagt Martins Egot, Chef der nigerianischen Naturschutzorganisation Panacea for Developmental and Infrastructural Challenges for ­Africa Initiative.

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