Fall Alexei Nawalny: Neue Indizien für Mord
Der 2024 verstorbene russische Oppositionelle wurde laut seiner Witwe Julia Nawalnaja vergiftet. Im Kreml gibt man sich ahnungslos.

Genauere Angaben zu den Laboren und dem Gift, das mutmaßlich verwendet wurde, machte Nawalnaja nicht. Sie forderte die Labore jedoch auf, die Ergebnisse ihrer Analysen öffentlich zu machen, anstatt sie aus politischen Erwägungen zurückzuhalten.
Der Kremlkritiker Nawalny – bereits 2020 Opfer einer Vergiftung mit dem Nervengift Nowitschok – war im Februar 2024 im Alter von 47 Jahren in dem Straflager IK‑3 in Charp am Polarkreis gestorben. Dort saß er eine 19-jährige Haftstrafe ab – unter anderem wegen Finanzierung von und Anstiftung zu „Extremismus“ in Zusammenhang mit seiner Antikorruptionsstiftung (FBK).
Die Vorwürfe, Nawalny sei ermordet worden, sind nicht neu. Bereits vor einem Jahr hatte das unabhängige russischsprachige Nachrichtenportal The Insider Dokumente veröffentlicht, die diese Version nahelegen. Demgegenüber war von offizieller russischer Seite behauptet worden, dass Nawalnys Tod auf eine Verschlimmerung von Bluthochdruck und anderen Krankheiten zurückzuführen sei und die unmittelbare Todesursache Herzrhythmusstörungen gewesen seien.
Fotos aus der Strafkolonie
Laut Nawalnaja lägen Fotos sowie die Aussagen von fünf Mitarbeitern der Strafkolonie vor, mit denen sich der letzte Tag von Nawalny rekonstruieren ließen. Nachdem Nawalny bei einem Hofgang schlecht geworden und er in seine Einzelzelle zurückgebracht worden sei, habe es mehr als 40 Minuten gedauert, bis ein Notarzt gerufen worden sei. Während dieser Zeit habe ein Gefängniswärter Nawalnys Todeskampf durch eine Luke in der Zellentür beobachtet. Auf einem Foto von dieser Zelle ist zu sehen, dass auf dem Fußboden Erbrochenes liegt.
Kremlsprecher Dmitri Peskow mimte wie üblich den Ahnungslosen. Auf eine Frage von CNN entgegnete er, nichts über entsprechende Ausführungen von Julia Nawalnaja zu wissen und daher keinen Kommentar abgeben zu können. „Dies hat keinerlei Auswirkungen auf die politische Situation in Russland oder Versuche, eine Friedenslösung für die Ukraine auszuhandeln“, sagte Peskow.
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