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Gasbohrung vor BorkumFridays for Future planen Protestcamp auf der Insel

Das zuständige Amt erlaubt die Gasförderung in der Nordsee. Das wollen sich Kli­ma­schüt­ze­r*in­nen nicht gefallen lassen. Sie kündigen Aktionen an.

Ak­ti­vis­t:in­nen von Fridays For Future und der Deutschen Umwelthilfe zeigen Widerstand gegen die Gasbohrungen vor Borkum, 3.9.2025 Foto: Katharina Kausche/dpa

Berlin taz | Die Klima- und Na­tur­schüt­ze­r*in­nen von Fridays for Future (FFF) und der Deutschen Umwelthilfe (DUH) kritisieren bei einem Protest vor dem Bundeswirtschaftsministerium in Berlin die Genehmigung zur Gasförderung vor Borkum scharf: „Politiker*innen entscheiden, dass ihnen die Profite von Gaskonzernen wichtiger sind als die Eindämmung der Klimakrise und der Schutz lokaler Ökosysteme“, sagte Nele Evers von FFF.

Dem niederländischen Energiekonzern One-Dyas wurde am Dienstag durch das zuständige niedersächsische Landesamt LBEG die Erlaubnis erteilt, in der Nordsee vor Borkum Gas zu fördern. Man komme so dem „überwiegenden öffentlichen Interesse an einer sicheren Energieversorgung“ nach, heißt es von der Behörde.

Die Förderplattform existiert bereits im Grenzgebiet auf niederländischer Seite, soll jedoch auch auf deutschem Seegebiet den Energieträger explorieren. Einer Sprecherin des Konzerns zufolge sollen die Bohrungen im Dezember beginnen. Eine Klage der DUH, der Insel Borkum und einer lokalen Bür­ge­r*in­nen­in­itia­ti­ve hatte die Gasförderung bisher verzögert, ein Urteil steht noch aus.

Aktivist: „Goldene Nase für Gaskonzern“

Vor dem Wirtschaftsministerium kritisiert Julian Schwartzkopff von der DUH die Begründung des LBEG: Die Förderung verursache einen „Klimaschaden von 65 Mio. Tonnen CO2, wobei das Projekt nur etwa einen Prozent zum deutschen Gasbedarf beitragen wird.“

Darüber hinaus werde ein wertvoller maritimer Lebensraum am Rande des UNESCO-Weltnaturerbes Wattenmeer geschädigt. „Der massive Schaden steht in keinem Verhältnis zum Nutzen des Projekts – außer vielleicht für One-Dyas, die sich hier eine goldene Nase verdienen wollen.“

Zum Schluss kündigt der Umweltschützer an: „Wir werden weiter vor Gericht Druck machen: Sind wir ein Land, das auf neue Gasförderung setzt oder meinen wir es ernst mit dem Klimaschutz?“

Kritik an Wirtschaftsministerin Reiche

Die Berliner Aktivistin Nele Evers bemängelt die Nähe der Politik zur Gasindustrie: „Es sind Po­li­ti­ke­r*in­nen wie Wirtschaftsministerin Katherina Reiche, die offen und schamlos mit der Gaslobby flirten und lieber auf fossile Gasprojekte setzen, als sich an Klimaziele zu halten.“

Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) hatte sich explizit für die Gasförderung vor Borkum ausgesprochen und das, wie auch das LBEG, mit der Sicherung der Gasversorgung begründet.

FFF-Sprecherin Carla Reemtsma wirft Reiche und den zuständigen Stellen in Niedersachsen vor, „eins zu eins das Playbook der fossilen Lobby“ umzusetzen. Reiche als ehemalige Managerin beim Energiekonzern Westenergie habe ihre „Rolle als Lobbyistin“ nie überwunden.

Reiche treibe den Gasausbau voran, sabotiere die Energiewende und missbrauche den Klima- und Transformationsfonds für Gas-Subventionen. Deshalb könne nicht vom Herbst der Reformen die Rede sein, sondern von einem „Herbst der Klimazerstörung“.

Protestcamp auf Borkum

Während der Kundgebung standen die Protestierenden auf einer Treppe vor dem Wirtschaftsministerium. Auf den Pappschildern, die die Ak­ti­vis­t*in­nen halten, stehen Sprüche wie „Borkum & überall: Kein neues Gas!“ und „@ Reiche: es reicht!“.

Hinten werden runde Tafeln hochgehalten, die Verbotsschildern aus dem Straßenverkehr nachempfunden sind: Eine Bohrinsel ist dort durchgestrichen und der Schriftzug „One-Dyas“.

Nach dem Protest vor dem BMWE geht es für die meisten von ihnen weiter nach Ostfriesland, auf Borkum soll von Donnerstag bis Sonntag ein Protestcamp stattfinden, um den Druck auf die Politik zu erhöhen. Dort solle es Raum für Austausch und Aktionen geben. In­sel­be­woh­ne­r*in­nen seien auch dabei.

Gasförderung in Schutzgebieten

Wenige Stunden nach der Protestaktion stellte die Bundesregierung einen Gesetzentwurf vor, durch den es in Zukunft keine Gasförderung in den deutschen Schutzgebieten in Nordsee und Ostsee geben solle. „Die Belastungen der Meere sind bereits sehr hoch. Wir müssen deshalb den Meeresschutz weiter verbessern“, heißt es vom zuständigen Minister Carsten Schneider (SPD).

Die sechs deutschen Meeresschutzgebiete umfassen etwa 32 Prozent der von Deutschland exklusiv wirtschaftlich nutzbaren 200-Seemeilen-Zone. Einem EU-Gesetz nach müssen mindestens dreißig Prozent davon geschützt sein.

Die DUH lobtauf Nachfrage der taz, es sei „richtig und überfällig“, die Förderung in den deutschen Naturschutzgebieten zu beenden. Den Gesetzentwurf aus Schneiders Ministerium lehnt die DUH dennoch ab, da weiterhin die Möglichkeit von Befreiungen „aus Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses“ bestehe. Auch im Rahmen des neuen Gesetzentwurfes könne „nach wie vor Gasförderung unter Meeresschutzgebieten“ stattfinden.

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