piwik no script img

Demokratie in OstdeutschlandSie können auch anders

Gastkommentar von Wolfgang Müller

Sind die Ostdeutschen wirklich so demokratieresistent, wie gern behauptet wird? Oder hören Westdeutsche ihnen einfach nicht richtig zu? Ein Erklärungsversuch.

Blauer Himmel in Dresden Foto: Karsten Thielker

E s wirkt rätselhaft: Nach vierzig Jahren SED-Herrschaft mit einer recht kläglichen Simulation von Demokratie sind die Ostdeutschen seit 1990 Bürger der Bundesrepublik, ihre politischen Präferenzen fließen selbstverständlich in die Wahlergebnisse ein – von der lokalen bis zur bundespolitischen Ebene. Woher kommen dann Unmut und das Gefühl des Übergangenwerdens, ja einer neuen Unterdrückung?

Zur Erklärung werden meist psychologische Faktoren herangezogen. Unter anderem eine Art Veränderungsüberforderung, als es aus der DDR-Gemütlichkeit hinausging in rauere Wirklichkeiten. Ebenso spielt die Kränkung eine Rolle, dass Ostdeutsche in den ostdeutschen Bundesländern bis heute – von DAX-Vorständen bis zu Professuren – deutlich unterrepräsentiert sind.

Bild: privat
Wolfgang Müller

war bis 2020 Redakteur beim NDR in den Ressorts Bildung Wissenschaft. Zuletzt erschien im Kröner-Verlag das Buch: „Das Rätsel Rudolf Steiner. Irritation und Inspiration“.

Kaum je rückt der Gedanke in den Blick, dass der ostdeutschen Empfindung des Missachtetwerdens eine tiefere – und sehr reale – Erfahrung zugrunde liegen könnte: die Erfahrung, dass man, Wahlen hin oder her, mit zentralen Anliegen nicht gehört wird. Zwei Beispiele.

Ein Schlüsselerlebnis war der Umgang mit Migration. Die wurde in weiten Teilen Ostdeutschlands anders wahrgenommen als im Westen: Es gab mehr Bedenken, mehr Zweifel an der Integrationsfähigkeit, mehr Sorgen, wohin ein starker Zustrom führen könnte. Inzwischen sind diese Fragen Teil des gesamtdeutschen politischen Diskurses geworden.

Abgekanzelt von Westdeutschen

Bei den Ostdeutschen blieb aber vor allem hängen, dass sie über Jahre von routinierten, sich progressiv gerierenden Westdeutschen abgekanzelt wurden. Kaum ein Kommentar zu diesem Thema ohne den herablassenden Zusatz, die (ostdeutsche) Skepsis komme ausgerechnet aus Regionen mit dem geringsten Migrantenanteil. Subtext: Die Leute dort sind irgendwie dumm, das ist „Dunkeldeutschland“, politisch unzurechnungsfähig.

Das sitzt. Dass manche Ostdeutsche vielleicht etwas gesehen oder antizipiert haben könnten, das vielen Westdeutschen erst später aufging, wird bis heute nicht anerkannt. Geblieben ist die Erfahrung, mit einem relevanten Gesichtspunkt verkannt und massiv abgewertet zu werden.

Zweites Beispiel: Ukrainekonflikt. Auch in Ostdeutschland wissen die meisten, dass dies ein völker­rechtswidriger Angriffskrieg von Seiten Putin-Russlands ist. Nur sehen hier viele noch andere Aspekte. Darunter jene, dass die westliche Erzählung vom ständig weiter vordringenden Russland nicht so recht plausibel erscheint, wenn die Nato-Grenze bis 1990 nicht weit von Hamburg verlief, heute aber nicht weit von St. Petersburg. Aus guten Gründen natürlich, wenn man die Sorgen und das Selbstbestimmungsrecht insbesondere der baltischen Staaten ernst nimmt.

Ostdeutsche sind nicht sämtlich „Putinversteher“

Nur dass der „Westen“ andererseits, wo es ihm weniger gelegen kommt, Selbstbestimmungs- und Völkerrecht bricht: Vietnamkrieg, Einmarsch in den Irak, israelische Siedlungspolitik, die ohne die Rückendeckung insbesondere der USA unmöglich wäre. Viele Ostdeutsche sehen diese Inkonsequenzen, die blinden Flecken der dominierenden politischen Lesart. Dadurch werden sie aber nicht gleich zu „Putinverstehern“, wenngleich sie so abgefertigt werden.

Jenseits aller Details bei diesen Debatten, über die man trefflich streiten kann, bleibt als Kernbefund: Die ostdeutsche Optik könnte etwas Relevantes zur politischen Urteilsbildung beitragen. Aber das kommt den selbstgewissen Westdeutschen kaum je in den Sinn. Es ist, als hätten Menschen mit DDR-Hintergrund von Hause aus nur Erfahrungen zweiter Klasse zu bieten. Maßstab bleibt also das alte bundesdeutsche Koordinatensystem, in das sich die Ostdeutschen bitteschön doch endlich mal hineinfinden sollten.

Bezeichnend dafür ist eine Aussage von Friedrich Merz im Wahlkampf 2024: „Man muss im Osten mehr erklären als im Westen, das ist wahr, aber ich tue es gern.“ Da ist es wieder, das herablassende Framing: Ihr seid ganz okay, ihr braucht nur etwas länger. Das ist eine Beleidigung.

Das Logo der taz: Weißer Schriftzung t a z und weiße Tatze auf rotem Grund.
taz debatte

Die taz ist eine unabhängige, linke und meinungsstarke Tageszeitung. In unseren Kommentaren, Essays und Debattentexten streiten wir seit der Gründung der taz im Jahr 1979. Oft können und wollen wir uns nicht auf eine Meinung einigen. Deshalb finden sich hier teils komplett gegenläufige Positionen – allesamt Teil des sehr breiten, linken Meinungsspektrums.

Selbstverständlich – muss man es betonen? – gibt es auch jede Menge ostdeutscher Inkonsequenzen. Man kann sich nur wundern über Leute, die mit vierzig Jahren DDR-Politikversagen kein übermäßiges Problem hatten, aber jetzt jeden etwas mühsameren demokratischen Aushandlungsprozess als „Affentheater“ bezeichnen. Oder der Zulauf zu Parteien im Osten, die die unterbelichteten Aspekte in der Migrations- oder Ukrainefrage aufgreifen – es ist deprimierend, wie groß die Bereitschaft ist, sich damit in ein aggressives und nationalistisches Fahrwasser zu begeben, statt die Dinge auf kühle und freiheitliche Weise zu thematisieren.

Die große Frage ist nun: Wie kommt man aus dieser Verschanzung heraus? Sicher nicht durch hastige Demokratieförderprogramme, denen der Geschmack von Nachhilfe anhängt. Auch nicht, indem man fieberhaft nach Wegen sucht, um auf den von der AfD erfolgreich bewirtschafteten politischen Brachflächen doch noch einen Fuß auf den Boden zu bekommen. Solche Manöver durchschauen inzwischen alle.

Es gibt nur eine Option: Jene Themen, die bislang nur selektiv und lediglich mit westlicher Optik beleuchtet wurden, müssen Teil einer umfassenden und ernsthaften Diskussion werden. Oder anders gesagt: Es geht um einen Diskurs, der diesen Namen auch verdient und nicht einem Versuch einer medial gestützten Volksbelehrung gleichkommt.

Es wäre die Chance für ein öffentliches Gespräch, eines, in dem die bisherigen Ost-West-Konturen auf wundersame Weise in den Hintergrund treten könnten. Und eines, in dem die gewohnte westdeutsche Diskurshoheit an ihr Ende käme. Kein Grund zum Weinen. Wenn west- und ostdeutsche Perspektiven gar nicht mehr recht identifizierbar wären, dann wäre das ein stiller Erfolg. Es wäre ein Anflug dessen, was mit der vielbeschworenen inneren Einheit des Landes gemeint sein könnte.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

23 Kommentare

 / 
  • Soso, da gibt es also Menschen in Ostdeutschland, denen "die westliche Erzählung vom ständig weiter vordringenden Russland nicht so recht plausibel erscheint, wenn die Nato-Grenze bis 1990 nicht weit von Hamburg verlief, heute aber nicht weit von St. Petersburg."



    Frage: Wäre es diesen Menschen lieber, wenn sie von Putin vor dem "bösen" Westen geschützt würden?

  • Publizistisch wird die These von der schwächeren demokratischen Bindung der Ostdeutschen derzeit am vehementesten von dem Historiker, gelegentlichen taz-Beiträger und geborenem Ossi Ilko Sascha-Kowalczuk vertreten.



    Und über die oft fehlende Distanz vieler Ossis zum Putin-Regime hat sich erst letztes Jahr der Publizist und Schriftsteller Marko Martin in seiner fulminanten Rede im Schloss Bellevue mokiert - auch er geborener DDR-Bürger.



    Ganz so simpel West gegen Ost verläuft die Debatte also nicht.

  • "Es geht um einen Diskurs, der diesen Namen auch verdient und nicht einem Versuch einer medial gestützten Volksbelehrung gleichkommt."

    Und wieder mal einer der gefühlt diversen hundert Artikel, der am Ende ganz schlicht sagt, dass die bösen Wessis verständnisvoll aus die Ossis zugehen, und den Diskurs suchen sollen.

    Das ist ja mal ne spannende Idee. Und ich erinnere mich an

    - Politiker, die andere Meinungen vertreten als die Einheimischen, werden vollgebrüllt, und mit "hau ab" bedacht.



    - Journalisten, die die Meinung der Einheimischen erfahren wollen, werden mit "Lügenpresse" vollgebrüllt.



    - Schüler, die eine andere Hautfarbe haben als die Einheimischen sehen wollen, werden beleidigt und bedroht, als sie im Rahmen einer Klassenfahrt "den Diskurs" suchten



    etc. pp.

    Und jetzt nochmal kurz drüber nachdenken, wer vor einem Diskurs etwas ändern sollte.

  • Alles schön und gut. Aber......



    Waren Merkel und Gauck nicht Ostdeutsche mit dem höchsten und dritthöchsten Job den die BUndesrepublik zu vergeben hatte????



    Und Westdeutsche gab es die gegen Vietnam oswe Syrienpolitik der Amerikaner gekämpft haben????



    Kein Mensch spricht von den "Abgehängten" Wessies.



    Ich kenne die Ossies die den "Westen" dreckig und verwahrlost empfinden, weil die Ostdeutschen Städte auf Glanz poliert sind, die 89 zum Abriss verkommen waren weil die Partei lieber Plattenbauten hochziehen wollte. Ich habe 1990 die Altstadt von Halle erlebt, das war wie ein südamerikanischer Slum, beängstigend! Was ist da das Abgehängte, niemand hört zu, übersieht den Osten.



    Und hat der Westen keine DDR-Flüchtlinge aufgenommen? von 1945 bis 1989???



    Alles war richtig und notwendig, aber es ist nicht Nichts!



    Man muss auch die Kirche im Dorf lassen..............

  • "...dass die westliche Erzählung vom ständig weiter vordringenden Russland nicht so recht plausibel erscheint..."

    ...aber NUR in Ostdeutschland. In Polen, Litauen, Lettland, Estland und letztlich auch in Ungarn hat fast niemand diese absurde Unterwürfigkeit gegenüber und dieses Verständnis für Russland. Ostdeutsche erheben sich mit gewaltiger (deutscher?)( Arroganz und Anmaßung über diese Völker und glauben von sich, Russland besser zu kennen als irgendwer sonst. Die gleichen Ostdeutschen würden mit Wut reagieren, wenn ihnen ein Westdeutscher erzählte, dass er als Wessi die USA oder Frankreich ja viel besser kenne als die Ossis...

    Man darf übrigens eins nicht vergessen: Ossis machen nur 17 Prozent der deutschen Bevölkerung aus. Und von diesen 17 Prozent sind ja gar nicht alle einer Meinung. Warum sollte man denn ganz besonders auf vielleicht 8 bis zehn Prozent der Bevölkerung Deutschlands hören? Was macht die so viel bedeutender als z.B. die Westfalen oder Schwaben?

  • Möglicherweise liegt das eigentliche Problem darin, dass immer noch zwischen Westdeutschen und Ostdeutschen unterschieden wird.

  • Der Artikel ist für mich soweit okay. Aber: "Dass manche Ostdeutsche vielleicht etwas gesehen oder antizipiert haben könnten, das vielen Westdeutschen erst später aufging, wird bis heute nicht anerkannt".



    Was ist den Ostdeutschen denn so früh aufgegangen? Dass es "unmenschlich" war, die in Ungarn festsitzenden Syrer aufzunehmen. Nö, da mach ich nicht mit. Ich behaupte nach wie vor, dass sie mit der Tatsache, dass hier in den Großstädten Menschen aus 120 Nationen lebten, nicht zurechtkamen. Ihre wenigen ausländischen "Freunde" hielten sie in Lagern; Kontakte zu diesen waren verpönt.



    Wenn diese sogenannte "frühe Erkenntnis" jetzt auch bei den etablierten Parteien kein Tabu mehr ist, so ist sie für mich noch lange nicht richtig. Wie kann man nur einer Frau vertrauen, für die alle Migranten "Messerstecher" sind. Wer Vertretern dieser Partei folgt, mit dem will ich nicht diskutieren.

    • @Il_Leopardo:

      Ablehnung von Migrantion oder sogar ausld Ausländerhass ist meistens nur ein Symptom. Es geht hier vor allen Dingen um "Sündenböcke". Letztendlich geht es den meisten Menschen leider primär um den eigenen Wohlstand und dieser ist für viele Menschen in Deutschland gerade gefährdet.

  • Der Wunsch nach einem Diskurs kommt 35 Jahre zu spät. Was jetzt passieren wird, ist keine Diskussion, sondern die AfD - spätestens nach der aktuellen Legislaturperiode.

    • @EDL:

      Es kann gut sein, dass Sie Recht haben. Ich hoffe jedoch, dass es nicht zu spät ist.

  • Nicht förderlich für die Akzeptanz politischer Parteien und Bewegungen ist auch, wenn diese den Lebensstil und das Wertegefüge eines Teils des Wahlvolks verachetet. Dabei ist es völlig egal, ob die Leute im Osten oder Westen wohnen.

    Wenn ich gerne große Autos fahre, fettes Fleisch esse, anzügliche Witze lustig und OK finde, der islamischen Kultur kritisch gegenüber stehe, dann wähle ich niemanden, der mir erklären will, dass das buhbäh ist. Wenn dann eine Partei kommt und sagt: So wie du bist, finden wir das gut und richtig, wir vertreten im Parlament dich und deine Lebensart, dann wird die halt gewählt. Sogar immer mehr von Migranten, die dann einfach den migrationskritischen Teil der Partei ausblenden, und sich im fett Fleisch essen, dicke Autos fahren, ein konservativ partriarchalisches Weltbild leben, vertreten fühlen.

    • @fleischsalat:

      Das stimmt, und dies ist ja nicht nur für die Ostdeutschen zutreffend. Mit dieser Haltung gewinnt die AFD auch im Westen gerade in der Arbeiterschaft immer mehr Zustimmung... was natürlich fatal und kurzsichtig vom Wahlvolk ist.

      Es hat schon einen Grund, warum gerade Linke und Grüne überproportional von gut Gebildeten gewählt werden, die sich Sorgen um das Gemeinwohl und die Lebensgrundlagen der Menschheit machen, während die AFD vor allem von Menschen mit mittlerer und schlechter Bildung gewählt wird, welche einfach nur konsumieren wollen und den erwarteten und angestrebten Wohlstandswachstum in Gefahr sehen. Dass sie an dem Ast sägen, auf dem sie sitzen, können sie nicht kognitiv begreifen. James C. Davies anyone?

    • @fleischsalat:

      Es braucht aber auch eine Kultur der Einsichtsfähigkeit, auch bei Liebhabern fetten Fleisches in Ost, West, Nord und Süd, dass lieb gewonnene Gewohnheiten abträglich für andere wichtige Dinge sind. Die Gegenkultur ist Grünen-bashing oder Verschwörungstheorien.

  • Wie schrecklich, der Osten ist also bei DAX-Vorständen und bei Professuren unterrepräsentiert. Dann sind ja schon fast Frauen. Sind sie wenigstens in Berufen die harte körperliche Arbeit und wenig Glamour beinhalten ausreichend vertreten?

  • Das Hauptproblem ist wie ja auch schon der Artikel impliziert, dass sich viele Ostdeutsche sich nicht ernst genommen fühlen. Leider gibt es keine seriöse Partei, die die Ansichten vieler Ostdeutscher repräsentiert. Anhand oben erwähnter Beispiele dürfte das deutlich werden.



    Ich persönlich vertrete zwar eine andere Meinung als viele Ostdeutsche bzgl. Migrationspolitik. Trotzdem ist deren Meinung nicht per se undemokratisch oder rassistisch. Und auch die Meinung vieler Ostdeutscher bzgl. dem Krieg in der Ukraine hat nicht per se etwas mit Sympathie für Putin zu tun. Ein Hauptteil der Ostdeutschen kritisiert den russischen Angriffskrieg scharf und sind sich des Völkerrechtsbruches durchaus bewusst.



    Es gibt viel Kritik an der westlichen Politik gegenüber der Ukraine und Russland. Und die Hauptargumente vieler Ostdeutscher sind ja durchaus plausibel, auch wenn man es nicht teilt. Ist das beispiellose Engagement in der Ukraine vernünftig, obwohl dieses Land kein Verbündeter ist? Oder steigt dadurch nicht die Kriegsgefahr und die Zunahme von hybriden Aktionen nicht enorm? Gibt es Beweise, dass Putin das Baltikum erobern möchte oder ist das nur eine Spekulation?

    • @Alexander Schulz:

      Gab es in den 30er Jahren „Beweise“, dass Hitler Polen erobern will. Mir reichen die Beweise, dass Putin die Ukraine erobern will und Tausende Menschen getötet hat.

      • @M_Kli:

        Ja, er hatte das in den 20er Jahren bereits angekündigt und auch entsprechende "Literatur" dazu verfasst - das gilt übrigens nicht nur für Polen.



        Auch bei Putin wusste man spätestens 2014, dass er nicht bereit ist den russischen Einfluss in der Ukraine aufzugeben. Und auch für den Angriff auf die Ukraine 2022 gab es deutliche Indizien, manche würden sogar sagen Beweise.



        All dieses gibt es nicht zum Baltikum. Es gibt natürlich Argumente die die These unterstützen, aber auch viele dagegen. Folglich ist es aber unlauter zu suggerieren, dass es ein Fakt ist, dass Putin entsprechende Pläne für das Baltikum hat.

  • Was hat die taz geritten, ausgerechnet den Wessi Wolfgang Müller uns die Befindlichkeiten der Ostdeutschen erklären zu lassen? Ein Rudolf-Steiner-Apologet, der Sätze schreibt wie diesen: "Steiner war eben immer ein Denker des Konkreten." Oder: "Eigentlich geht es den Anthroposophen wie damals den Juden im babylonischen Exil, die von den anderen ausgelacht wurden, weil sie keine so schönen Götterbilder hatten, sondern an einen unsichtbaren Gott glaubten."

    Und nun also das:



    "(...) eine tiefere – u. sehr reale – Erfahrung zugrunde liegen könnte: die Erfahrung, dass man, Wahlen hin oder her, mit zentralen Anliegen nicht gehört wird."



    Da ist sie wieder, diese ständig perpetuierte Erzählung, dass niemand die Erfahrungen und Gefühle der Ostdeutschen wahr- oder gar ernst nimmt, und dafür bringt er zwei Beispiele: Migration und Ukraine-Krieg (er nennt ihn 'Ukrainekonflikt'). Dabei diskutieren wir seit Jahren gerade das Thema Migration leider viel zu oft aus ebenjener vermeintlich nicht gehörten Perspektive, nämlich als vermeintliches Problem und Überforderung. Vielleicht sollte die taz den Autor und Ilko-Sascha Kowalczuk einmal zum (Streit?)-Gespräch einladen? Wäre sicher unterhaltsam.

    • @Klabauta:

      Stimme vollkommen mit Ihrem Kommentar überein

  • Diffiziles Thema. Zum einen ist mir aufgefallen, dass im "deutschen" Kontext ein gewisses Othering mitschwingt, was Ostdeutsche betrifft. Dass fiel mir schon in früheren Medienproduktionen auf, in denen es um "unsere Geschichte" ging und trotzdem nur die BRD-Realität betrachtet wurde und mir irgendwann einleuchtete, dass meine Eltern mit "wir" nicht mitgemeint waren. Und ob ich dann dazu gehörte? Jetzt ohne eine böse Absicht zu unterstellen.



    Die Menschen sind mit unterschiedlichen Gewissheiten groß geworden. Für Ostdeutsche war die Sowjetunion die Supermacht des eigenen Blocks und die Darstellung, sie war als einzige Supermacht böse in der Zeit der Stellvertreterkriege usw, mag nicht hängen bleiben (auch wenn wirklich seriöse Berichte kein so einseitiges Bild über die USA zeichnen würden).



    Dass die Gebiete mit geringem Ausländeranteil vielleicht tatsächlich strukturelle Probleme aufweisen könnten, die eine Integration benachteiligen, kann ohne Rassismus wahr sein, schließt Rassismus aber auch nicht aus, also könnte das kontrovers betrachtet werden. Und dass der Westen andere Länder nicht bei der Selbstbestimmung unterstützt, solange es eigenen Interessen widerspricht, ist bekannt.

    • @Paul Anther:

      "Und dass der Westen andere Länder nicht bei der Selbstbestimmung unterstützt, solange es eigenen Interessen widerspricht, ist bekannt."

      Jaja, das stimmt natürlich. Die über 2 Billionen Euronen, die seit der Einheit ohne jede Gegenleistung in den Osten geflossen sind, sind definitiv "nichts"

    • @Paul Anther:

      Komischerweise sind die Ossis neben den Russen selbst die einzigen, die heute in großen Teilen Verständnis für die (damals in der DDR verhassten!) Russen zeigen.

      Das ist doch die viel interessantere Frage: Wie kommen diese Leute eigentlich dazu, sich anzumaßen, besser über Russland Bescheid zu wissen als z.B. die über Jahrzehnte unter dem Druck der Zwangsrussifizierung stehenden Balten?

      • @Suryo:

        Das Verhältnis zu den Sowjets war damals differenzierter. Es gab DDR Bürger die die Sowjets hasten, aber auch viele die ein neutrales Verhältnis zu ihnen hatten. Innerhalb der DDR gab es zwar wenig Austausch zwischen DDR- Bürgern und Sowjets, jedoch gab es viele DDR Bürger, die die UdSSR kennenlernten durch Austauschprogramme.



        Natürlich kennen die ehemaligen DDR daher die Sowjets besser als wir. Wir kennen dafür natürlich besser die Amerikaner.