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Schadstoffe in GewässernEuropa will weniger Chemie in Flüssen

Die EU hat sich auf bessere Kontrollen von langlebigen Schadstoffen in Gewässern geeinigt. Um­welt­schüt­ze­r:in­nen geht die Richtlinie nicht weit genug.

Nicht nur sauber, sondern auch rein? Kopfsprung in den Großen Müllroser See in Brandenburg Foto: Patrick Pleul/dpa

Brüssel taz | Die EU will Flüsse, Seen und das Grundwasser besser vor langlebigen Schadstoffen schützen. Darauf haben sich Unterhändler des Europaparlaments und der 27 Mitgliedstaaten in Brüssel geeinigt. Mit der Vereinbarung werden auch sogenannte Ewigkeitschemikalien (PFAS) erfasst. Sie kommen auf eine Liste von Schadstoffen, deren Vorkommen im Wasser überwacht werden soll.

Es besteht akuter Handlungsbedarf: Ein Bericht der EU-Kommission hatte im Februar ergeben, dass Seen, Flüsse und Bäche in einem „kritischen“ Zustand sind. Hauptgrund sind demnach Verschmutzungen durch Quecksilber und andere giftige Schadstoffe. Besonders schlecht kam Deutschland in dem Länderbericht der EU-Behörde weg: 99 Prozent der Oberflächengewässer seien chemisch verunreinigt.

Die EU-Wasserrahmenrichtlinie sollte dem eigentlich entgegenwirken. Doch viele Schadstoffe wurden bisher nicht oder nur unzureichend erfasst. Die Einigung sieht nun vor, dass künftig 25 PFAS aufgenommen werden. PFAS sind chemische Verbindungen, die biologisch nicht abbaubar sind und sich in der Natur und im menschlichen Körper anreichern. Einige PFAS können die Leber und das Immunsystem schädigen oder sogar Krebs erzeugen. Sie werden in zahlreichen Produkten verwendet, etwa beschichteten Pfannen, Imprägniersprays oder Einwegverpackungen.

Geplanter Schwellenwert für PFAS bleibt hinter wissenschaftlichen Empfehlungen zurück

Sascha Müller-Kraenner, Deutsche Umwelthilfe

Die nun geplante Reform stieß auf ein geteiltes Echo. Die EVP-Abgeordnete Hildegard Bentele (CDU) sprach von einem „verantwortungsbewussten und pragmatischen Paket“. Die neue Gesetzgebung sei „der Herausforderung der sich verschlechternden Wasserqualität angemessen“. Sie sei aber auch „realistisch angepasst an die Möglichkeiten der Mitgliedstaaten“, so Bentele.

Kritik von Um­welt­schüt­ze­r:in­nen

Nachbesserungsbedarf sieht die Grünen-Abgeordnete Jutta Paulus. „Sauberes Wasser ist ein Grundrecht“, sagte sie. „Mit den Verhandlungen beim Wasserschutzpaket nimmt die EU endlich PFAS und deren Zerfallsprodukt TFA in den Fokus. Wir schützen unsere Trinkwasserressourcen und heben die Herstellerverantwortung der Industrie hervor.“ Allerdings sei es auch wichtig, dass die EU-Kommission die fortgesetzten Angriffe auf die kommunale Abwasserrichtlinie abwehrt und endlich eine weitreichende Reform des EU-Chemikaliengesetzes vorlegt. „So sichern wir, dass unser Wasser sauber bleibt, denn das ist eine Frage der Gerechtigkeit“, meint Paulus.

Kritik kommt von der Deutschen Umwelthilfe. Die Wasserrahmenrichtlinie werde aufgeweicht, sagte Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH. Der geplante Schwellenwert für PFAS bleibe hinter wissenschaftlichen Empfehlungen zurück und werde hohe Kosten für die Trinkwasseraufbereitung nach sich ziehen.

Kritik gibt es auch an den langen Übergangsfristen. Die EU-Staaten haben bis 2039 Zeit, um die neuen Standards umzusetzen, in einzelnen Fällen sogar bis 2045. Dies sei viel zu lang, moniert das Europäische Umweltbüro. Schon die Einigung auf den nun vorgelegten Kompromiss habe mit drei Jahren viel zu lange gebraucht. Im Ergebnis würden die Standards für sauberes Wasser weiter verwässert.

Die Richtlinie muss nun noch offiziell vom EU-Parlament und den 27 Mitgliedstaaten verabschiedet werden. Dies dürfte auch noch einige Wochen oder Monate dauern.

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