Jimmy Kimmel ist zurück: Keine Zeit für Scherze
Die Rückkehr der Show des Late-Night-Stars Jimmy Kimmel zeigt, dass die Demokratie in den USA vielleicht doch noch nicht verloren ist.

Würde er sich entschuldigen? Würde er sich bedanken, und wenn ja, bei wem? Würde er den Mut haben, die Trump-Regierung und die Medienaufsichtsbehörde frontal anzugehen? Die Erwartungen an die Rückkehr des in der vergangenen Woche von abc/Disney abgesetzten Late-Night-Hosts Jimmy Kimmel am Dienstagabend waren gewaltig.
Stephen Colbert, Host der Late Night Show auf CBS, dem vor zwei Monaten beschert wurde, dass die Show im kommenden Jahr abgesetzt würde, scherzte in seiner eigenen Sendung, an diesem Abend würde ihm wohl nur seine Frau zusehen – alle anderen würden die Rückkehr von Jimmy Kimmel verfolgen.
Oder mit Jimmy Kimmels Worten, nachdem er einen Clip von Trump einspielte, dass Kimmel einfach gar keine Zuschauerzahlen mehr hätte: „Jetzt schon.“ Kimmels 28-minütiger Monolog war vieles: Ein Feiern der Solidarität, die dafür sorgte, dass er überhaupt wieder auf dem Bildschirm ist.
Eine radikale Verteidigung des Rechts auf freie Meinungsäußerung gegen einen autoritären, „unamerikanischen“ Präsidenten. Und der Versuch, sich selbst von dem Vorwurf reinzuwaschen, er habe sich über die Ermordung Charlie Kirks lustig gemacht oder die Schwere der Tat heruntergespielt.
Kimmel war von der Rechten für seine Bemerkung aufs Korn genommen worden, die MAGA-Bewegung versuche alles, um zu beweisen, dass der Mord nicht von einem der ihren begangen worden sei, und daraus politische Vorteile zu ziehen. Er habe nie vorgehabt, irgendeine Gruppe für die Tat einer offensichtlich sehr gestörten Person verantwortlich zu machen, sagte Kimmel am Dienstag; es sei ihm vielmehr um das genaue Gegenteil gegangen.
Ohne das explizit auszuführen, spielt er auf die sofort besonders von Donald Trump und seinem stellvertretenden Stabschef Stephen Miller in die Welt gesetzten Schuldzuweisungen an die „radikale Linke“ an – ein Begriff, den Trump für alles verwendet, was auch nur moderat links-liberal daherkommt.
Mit sichtlichem Kloß im Hals erklärte Kimmel, wie sehr ihn die Worte von Kirks Witwe Erika während der Trauerfeier am Sonntag berührt hätten, als sie erklärte, dem Mörder ihres Mannes zu verzeihen.
Starauftritt von Robert De Niro
Kimmels Rückkehr auf den Bildschirm war eine Show, die nur an wenigen Stellen versuchte, wirklich komisch zu sein. Zu schwer die Last, von einem Moment auf den anderen als Symbol von Demokratie und Meinungsfreiheit dazustehen.
Es war der Abend der Grundsatzerklärungen: „Ich möchte mich besonders bei denjenigen bedanken, die meine Show oder meine Haltungen nicht unterstützen, aber sich trotzdem für mein Recht zu reden einsetzen.“
Im zweiten Teil ließ Kimmel den Schauspieler Robert De Niro zuschalten, in einer Rolle als neuer Chef der Medienaufsichtsbehörde FCC. Lustige Idee, hatte doch De Niro in Martin Scorses Mafiafilm „Goodfellas“ einen Mafiaboss gespielt, an den sich selbst der republikanische Senator Ted Cruz erinnert fühlte, als er die Aussagen von FCC-Chef Brendan Carr zu Kimmels Show hörte, man könne das Problem mit abc „einfach oder auf die harte Tour“ regeln. De Niro ist als wütender Trump-Gegner bekannt – aber die Nummer funktionierte humoristisch überhaupt nicht.
Nur war das an diesem Abend nicht wirklich wichtig. Kimmels Rückkehr war ein Statement, ein politisches Ereignis, für viele ein Lichtblick in der zunehmenden Dunkelheit, eine Selbstvergewisserung der demokratischen Öffentlichkeit, dass noch nicht alles verloren ist. Comedy kommt dann später wieder.
Dabei ist der Kampf noch nicht vorbei. Kurz vor der Ausstrahlung äußerte sich Donald Trump auf seiner Medienplattform Truth Social enttäuscht darüber, dass Kimmel wieder ausgestrahlt wurde – allerdings nicht bei den Sendern Sinclair und Nexstar. Diese ganzen Trump-Gegner seien vom Parteivorstand der Demokraten gesteuert, er werde Disney/abc wegen illegaler Wahlkampfpraktiken verklagen.
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