Zum Tod von Giorgio Armani: Der Unermüdliche
Seine unterschwellig-sexy Anzüge machten ihn weltberühmt. Nun ist der italienische Modeschöpfer ist im Alter von 91 Jahren verstorben. Ein Nachruf.
Mrs. Fosters Garderobe stammte in diesem Film von dem am Donnerstag mit 91 Jahren verstorbenen Giorgio Armani, der mit seiner vestimentären Auswahl den Klassismus der Filmstory (und der Zukunft) antizipierte. Dass er selbst jene Zukunft nicht mehr erlebte, in der der Film spielt, verwundert fast etwas: Bis zum Schluss wirkte der 1934 im oberitalienischen Piacenza geborene Modeschöpfer extrem fit, fleißig – und ebenso alterslos wie seine Designs.
Erinnern wird man sich dennoch am meisten an die Armani-Suits der 80er Jahre: Seit Armanis Labelgründung, die im Jahr 1975 nach einem abgebrochenen Medizinstudium und Posten als Dekorateur, Modeeinkäufer und Herrenmodedesigner für das Label Nino Cerruti erfolgte, arbeitete er an der Perfektionierung des Herrenanzugs. Lässig sollten sie sitzen, nicht steif – dafür entfernte er Futter und Schulterpolster. An Richard Geres perfekten und von Frauen und Männern gleichermaßen heiß umschwärmten Proportionen floß der weiche, bewegliche Anzug besonders gut hinunter, Geres Hauptrolle im Film „American Gigolo“ machte Armanis unterschwellig-sexy Stoffkreation weltberühmt.
Armani verbreiterte sein Sortiment, wandte sich der Damenmode und Düften zu, blieb aber seinen Signature-Merkmalen treu: Sein „Quiet Luxury“-Style ist elegant, nicht wild; gedeckt, nicht laut; bequem, nicht mutig. Damit hob er sich von den italienischen Designern, den opulenten Guccis, farbenfrohen Versaces und ultrafemininen Dolce & Gabbanas ab, und erweiterte die Produktpalette italienischer Mode in eine leichter tragbare, aber auch weniger abenteuerlustige und gendernormativere Richtung.
Power Suits für Tina Turner und Eric Clapton
Als Armanis langjähriger privater und geschäftlicher Partner Sergio Galeotti 1985 starb, war der stets strukturierte Mann am Boden zerstört. Er übernahm Galeottis Aufgaben, kümmerte sich fortan persönlich um die Firma, expandierte und entwickelte mehrere bis heute existierende Untermarken. Im Jahr 2000 begann er eine Luxus-Kosmetiklinie; er stattete Designhotels mit Möbeln und – als echter Italiener – einen Fußballverein mit Sportkleidung aus. Schon seit den späten 90ern hatte er sich mit Bühnenoutfits beschäftigt: Seine Power Suits standen Tina Turner und seinem guten Freund Eric Clapton gleichermaßen.
Unermüdlich kümmerte sich der braungebrannte, meist Dunkelblau tragende Mann mit dem zurückgekämmten Haar bis zum Schluss um sämtliche Belange seines Riesenunternehmens, designte Couture, rechnete nach, was seine Industriezweige abwarfen („Forbes“ schätzt sein Privatvermögen auf rund elf Milliarden Euro), und startete den Tag mit einem Workout. Dass im letzten Jahr, zu seinem 90. Geburtstag Gerüchte über das Langsamer-Treten des Tausendsassas laut wurden, ignorierte er: Einen solch beharrlichen Arbeitseifer kann anscheinend nur eines stoppen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!