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+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++Erneut Raketen aus dem Gazastreifen auf Israel abgefeuert

Islamischer Dschihad beschießt Israel mit zwei Raketen. Das israelische Militär bereitet die Einnahme von Gaza-Stadt vor, Geisel-Angehörige befürchten das Schlimmste.​

Israelis während eines Marsches in Jerusalem fordern einen Waffenstillstand, die Freilassung der Geiseln und ein Ende des Krieges Foto: Ilia Yefimovich/dpa

Wieder Raketen aus dem Gazastreifen

Fast zwei Jahre nach Beginn des Gaza-Kriegs haben Mitglieder der palästinensischen Terrororganisation Islamischer Dschihad erneut Raketen aus dem umkämpften Gazastreifen auf Israel abgefeuert. Die israelische Armee teilte mit, zwei Geschosse seien vom zentralen Abschnitt des Küstenstreifens aus auf israelisches Gebiet geflogen. Eine Rakete sei von der Luftabwehr abgefangen worden, eine zweite in einem offenen Gebiet niedergegangen. Zuvor hatte es in israelischen Grenzorten sowie der Stadt Netivot Raketenalarm gegeben. Der militärische Arm des Islamischen Dschihad reklamierte den Angriff für sich. Es handele sich um eine „Reaktion auf die Verbrechen des zionistischen Feindes gegen unser Volk“, hieß es in einer Mitteilung der Terrororganisation. Seit Beginn des Gaza-Kriegs war Israel mit Tausenden Raketen aus dem Gazastreifen attackiert worden. Diese Angriffe sind jedoch inzwischen deutlich seltener geworden. (dpa)

Geisel-Angehörige fordern Deal

Angesichts einer drohenden Großoffensive der israelischen Armee in der Stadt Gaza laufen die diplomatischen Bemühungen um ein Ende des Krieges auf Hochtouren. Nach Informationen des israelischen Senders Kan wollen die Vermittlerstaaten USA, Katar und Ägypten voraussichtlich diese Woche einen neuen Vorschlag für ein Abkommen vorlegen, das die Freilassung aller Geiseln und ein Ende des Krieges vorsehe. US-Präsident Donald Trump hatte kurz zuvor gesagt, man befinde sich in sehr intensiven Verhandlungen mit der islamistischen Terrororganisation Hamas.

Bei einer erneuten Großdemonstration vor der Residenz des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu in Jerusalem forderten am Abend zigtausende Menschen den Regierungschef auf, einen Deal mit der Hamas einzugehen. Die Times of Israel schätzte die Zahl der Teilnehmer auf Zehntausende. Es sei eine der bisher größten Protestkundgebungen in Jerusalem im Zusammenhang mit Forderungen nach einem Gaza-Abkommen. (dpa)

Hamas gibt sich offen für Vermittler

Die Hamas erklärte am Abend, sie sei offen „gegenüber jeglichen Ideen und Vorschlägen“, die zu einem dauerhaften Waffenstillstand, einem vollständigen Rückzug der israelischen Truppen aus dem Gazastreifen, der Einfuhr von Hilfsgütern und dem Austausch von Geiseln gegen palästinensische Häftlinge führten. Zugleich bekräftigten die Islamisten ihre Zustimmung zu einem Vorschlag der Vermittler für eine Waffenruhe. Das Forum der Familien der in Gaza festgehaltenen Geiseln beklagte, drei Wochen seien vergangen, ohne dass Israel bisher auf die Antwort der Hamas an die Vermittler reagiert habe.

In einer Erklärung forderte das Forum die Regierung von Netanjahu am Abend auf, den derzeit vorliegenden Vorschlag, auf den die Hamas bereits positiv reagiert habe, anzunehmen und unverzüglich Verhandlungen über ein umfassendes Abkommen zur Rückkehr aller Geiseln aufzunehmen. Der Vorschlag sieht eine 60-tägige Waffenruhe vor, während der zunächst zehn lebende Geiseln im Austausch gegen palästinensische Häftlinge freikommen. (dpa)

Netanjahu beharrt auf Bedingungen für Kriegsende

Netanjahu beharrt auf einem umfassenden Deal, bei dem alle Geiseln auf einen Schlag freigelassen werden. Von den 48 Geiseln, die sich in Gaza befinden, sind nach israelischen Informationen noch 20 am Leben. Ob die Hamas bereit wäre, alle verbliebenen Geiseln auf einmal freizulassen, geht auch aus der Erklärung der Islamisten vom Samstagabend nicht hervor. Zudem pocht Netanjahu auf eine Kapitulation und Entwaffnung der Hamas – was diese ablehnt. Netanjahu will außerdem, dass Israel die Sicherheitskontrolle über den Gazastreifen behält, während die Hamas erneut den vollständigen Abzug der israelischen Truppen forderte. Kritiker werfen Netanjahu vor, den Krieg unnötig in die Länge zu ziehen. Seine rechtsextremen Koalitionspartner, von denen sein politisches Überleben abhängt, sind gegen eine Waffenruhe.

„Der persönliche Überlebensinstinkt des Ministerpräsidenten darf nicht über die Notwendigkeit gestellt werden, alle Geiseln zurückzuholen und unnötige Todesfälle als Teil eines endlosen Krieges zu verhindern, dessen Zweck darin besteht, die Koalition zu erhalten“, hieß es in der Erklärung des Forums der Geiselfamilien. Angehörige der Geiseln befürchten, dass die geplante militärische Einnahme der Stadt Gaza das Leben der Verschleppten gefährdet. (dpa)

Geiselfamilien befürchten das Schlimmste

Die Familien der aus Israel entführten Geiseln Guy Gilboa-Dalal und Alon Ohel, der auch deutscher Staatsbürger ist, glauben einem Bericht des Senders Channel 12 zufolge, dass die beiden vor der geplanten Einnahme von Gaza-Stadt dorthin gebracht wurden. Die Hamas hatte am Freitag ein Video veröffentlicht, in dem die beiden zu sehen sind. Gilboa-Dalal sagt darin in einem Auto sitzend, er befinde sich in Gaza-Stadt. In der Gegend würden mehrere weitere Geiseln festgehalten. Diese sollten laut ihren Entführern während der geplanten israelischen Offensive dort bleiben, wie der junge Mann schildert.

Unter welchen Umständen das Video entstand und ob der Mann aus freien Stücken oder unter Drohungen sprach, war zunächst unklar. Die Aufnahme soll von Ende August stammen. Der israelische Sender Kan will unterdessen aus dem Umfeld von Regierungschef Netanjahu erfahren haben, dass Israel bereit sei, von der Einnahme der Stadt im Norden des Küstenstreifens zugunsten eines „echten Abkommens“ abzusehen. Ein solches liege aber derzeit nicht vor. (dpa)

Israels Armee weist „humanitäre Zone“ aus

In den vergangenen Tagen verstärkte das israelische Militär seine Luftangriffe auf das dicht besiedelte Gaza-Stadt. Nach Schätzungen sollen sich dort fast eine Million Menschen aufhalten. Vor der erwarteten Großoffensive in der Stadt wies Israels Armee ein Küstengebiet im südlichen Gazastreifen als sogenannte humanitäre Zone aus. Das Areal von Al-Mawasi nahe Chan Junis verfüge über wesentliche humanitäre Infrastruktur wie Feldkrankenhäuser, Wasserleitungen und Entsalzungsanlagen, teilte ein arabischsprachiger Armeesprecher auf X mit.

Er forderte die Bewohner der Stadt Gaza auf, sich möglichst bald in das Areal zu begeben. Bislang haben weniger als 100.000 Menschen die Stadt verlassen. Israel hatte Al-Mawasi bereits im Dezember 2023 zur „humanitären Zone“ erklärt. Die dortigen Zeltlager gelten schon jetzt als hoffnungslos überfüllt. (dpa)

London: Tumulte und Festnahmen bei propalästinensischer Demo

Bei einer propalästinensischen Demonstration in London ist es zu tumultartigen Szenen gekommen. Bis zum späteren Abend wurden mehr als 425 Menschen festgenommen, wie die Metropolitan Police mitteilte. Hunderte hatten sich zu einem Protestmarsch durch den Bezirk Westminster und Kundgebungen auf dem Platz vor dem Parlament versammelt, um gegen das Verbot der Gruppe Palestine Action zu demonstrieren. Während der gesamten Demonstration sei es zu „koordinierten Maßnahmen, um die Beamten an der Ausübung ihrer Pflichten zu hindern“, gekommen, hieß es von der Polizei. Diese eskalierten in Gewalt, bei der Beamte geschlagen, getreten, bespuckt und mit Gegenständen beworfen worden seien.

Palestine Action war Anfang Juli als terroristisch eingestuft worden, nachdem Aktivisten auf einen Luftwaffenstützpunkt eingedrungen waren und Flugzeuge der Royal Air Force mit Farbe besprüht hatten. Sie werfen der britischen Regierung vor, Israel mit Tankflugzeugen im Gaza-Krieg zu unterstützen und wollten die Maschinen nach eigenen Angaben durch das Sprühen von Farben in die Triebwerke unbrauchbar machen. Die britische Regierung wies die Behauptungen der Gruppe zurück und kündigte ein hartes Vorgehen an. Die Polizei behandelt Demonstranten, die sich ausdrücklich gegen das Verbot aussprechen, als Terror-Unterstützer. Die Mitgliedschaft oder das Unterstützen einer terroristischen Vereinigung sind in Großbritannien Straftaten, die mit bis zu 14 Jahren Haft geahndet werden können.

Mehr als 700 Menschen wurden laut Medienberichten bislang deswegen festgenommen. Einer der Gründer von Palestine Action will gerichtlich gegen die Terror-Einstufung vorgehen. Ob das Verbot angefochten werden kann, ist derzeit Gegenstand eines erbitterten Rechtsstreits. Kritiker des Verbots sehen darin eine unzulässige Einschränkung der Meinungsfreiheit, weil schon eine Debatte darüber im Keim erstickt wird. Sie führen zudem an, dass die Gruppe zwar Sabotageakte durchführte, sich aber nie für Gewalt gegen Menschen ausgesprochen hat. Auch die als Terror-Unterstützer festgenommenen Demonstranten sind meist harmlos, teils handelt es sich um Rentner. (dpa)

Hisbollah-Abgeordneter im Libanon schließt Entwaffnung aus

Einen Tag nach dem von der libanesischen Regierung verkündeten Beginn ihrer Entwaffnung hat ein Vertreter der pro-iranischen Hisbollah-Miliz die Niederlegung von deren Waffen ausgeschlossen. Die Hisbollah werde „unter keinen Umständen und keinem Vorwand ihre Waffen niederlegen“, sagte der zur Hisbollah gehörende Parlamentsabgeordnete Hassan Ezzedine am Samstag laut der staatlichen Nachrichtenagentur NNA. Bei dem von der Regierung verkündeten Entwaffnungsplan handele es sich um eine „frevelhafte, überstürzte und leichtsinnige Entscheidung, die überdacht werden muss“, sagte Ezzedine bei einer Veranstaltung im Südlibanon, wo die Hisbollah starken Rückhalt genießt.

Unter dem Druck der US-Regierung und aus Furcht vor weiteren israelischen Militäreinsätzen im Libanon hatte die Regierung in Beirut die Armee im vergangenen Monat angewiesen, einen Plan zur Entwaffnung der Hisbollah auszuarbeiten. Bei einer von Vertretern der Hisbollah und deren Verbündeten boykottierten Kabinettssitzung hatte die Regierung den Entwaffnungsplan am Freitag abgesegnet. Informationsminister Paul Morcos zufolge beginnt dessen Umsetzung ab sofort „abhängig von den verfügbaren Kapazitäten“.

Die pro-iranische Hisbollah, deren erklärtes Ziel die Vernichtung Israels ist, hatte unmittelbar nach dem Beginn des Gaza-Kriegs im Oktober 2023 mit verstärktem Raketenbeschuss auf Israel begonnen. Die israelische Armee reagierte mit massiven Luftangriffen auf Ziele im Libanon und schließlich mit einer Bodenoffensive. Auf beiden Seiten der Grenze wurden tausende Menschen vertrieben. Im November 2024 wurde eine Waffenruhe vereinbart, die eigentlich einen Rückzug der Hisbollah aus dem Grenzgebiet zu Israel und eine Auflösung ihrer militärischen Stützpunkte vorsieht. Israel wirft der Hisbollah jedoch vor, weiterhin im Grenzgebiet militärisch aktiv zu sein und greift mit dieser Begründung weiterhin regelmäßig Hisbollah-Ziele an. (afp)

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