piwik no script img

Prozess gegen AntifaschistinBundesanwaltschaft fordert neun Jahre Haft für Hanna S.

Weil sie in Ungarn an Angriffen auf mutmaßliche Neonazis beteiligt gewesen sein soll, steht Hanna S. in München vor Gericht. Ihr droht eine hohe Strafe.

Neun Jahre Haft für Hanna S. fordert die Bundesanwaltschaft. Hier beim Prozessauftakt im Gerichtssaal in München im Februar 2025 Foto: Alf Meier/dpa

München dpa/taz | Im Prozess gegen Hanna S. fordert die Bundesanwaltschaft neun Jahre Haft für die mutmaßliche Linksextremistin. Die beiden Vertreterinnen des Generalbundesanwaltes sehen die Vorwürfe des versuchen Mordes, der gefährlichen Körperverletzung und der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung als erwiesen an.

Die 30-jährige Kunststudentin soll im Februar 2023 in Budapest gemeinsam mit weiteren mutmaßlichen Linksextremisten Menschen brutal zusammengeschlagen haben, die sie dem rechtsextremen Spektrum zuordnete. Darum steht Hanna S. seit Februar dieses Jahres in München vor Gericht.

In Budapest kamen zu dem Zeitpunkt zum sogenannten „Tag der Ehre“ Rechtsextremisten aus ganz Europa zusammen, um des Ausbruchsversuchs der deutschen Wehrmacht, der Waffen-SS und ihrer ungarischen Kollaborateure aus der von der Roten Armee belagerten Stadt zu gedenken. Ein „Neonazi-Schaulaufen“, hatte Verteidiger Yunus Ziyal das Event zum Beginn des Prozesses genannt. „Es handelt sich um das derzeit größte Massenevent der extremen Rechten.“

In einem Fall soll Hanna S. auf dem Arm eines Mannes gekniet haben, um ihn daran zu hindern, sich gegen Schläge und Tritte zu verteidigen. Der Mann sei angegriffen worden, „weil er ein politisch Andersdenkender war“, so die Bundesanwaltschaft.

Bundesanwaltschaft spricht von „Gewaltterrorismus“

„Es gibt in einem Rechtsstaat unter keinen Umständen gute politische Gewalt“, sagte die Bundesanwältin in ihrem Plädoyer vor dem Oberlandesgericht München und sprach von „Gewaltterrorismus“. Die Angeklagte vertrete einen „militanten Antifaschismus“ und lehne den demokratischen Rechtsstaat ab.

Hanna S. selbst äußerte sich im Prozess nicht zu den Vorwürfen. Beweise für ihre Tatteilnahme brachte die Staatsanwaltschaft nicht vor, aber mehrere Indizien. Darunter waren Bilder von Überwachungskameras, die Hanna S. in Budapest zeigen sollen, oder ein eigens erstelltes 3D-Modell von ihr.

Peer Stolle, der zweite Verteidiger von Hanna S., nannte die von der Bundesanwaltschaft geforderte Strafe „völlig übertrieben“. Es sei bis heute nicht nachgewiesen, dass Hanna S. tatsächlich an den Taten beteiligt war, so Stolle zur taz. Zudem bleibe der Vorwurf des versuchten Mordes abwegig und nicht belegt.

Nach dem Plädoyer der Bundesanwaltschaft sollen die Schlussvorträge von Nebenklage und Verteidigung folgen. Das Urteil wird für den 26. September erwartet.

Der Prozess gegen Hanna S. ist der erste, der in Deutschland wegen der Angriffe von Budapest im Februar 2023 geführt wird. Und er ist ein Fingerzeig, welche Strafen weiteren Beschuldigten drohen. Sechs Linke sollen sich demnächst vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf für die Attacken verantworten – auch hier wegen des Vorwurfs des versuchten Mordes.

Auch der nonbinären Person Maja T. wird vorgeworfen, an den Angriffen beteiligt gewesen zu sein. T. wurde vor 14 Monaten nach Ungarn ausgeliefert und sitzt dort in Haft. In einem laufenden Prozess in Budapest drohen bis zu 24 Jahre Haft.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare