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Führungswechsel in der Grünen JugendBlasel macht's wie Nietzard

Auch Jakob Blasel tritt nicht wieder als Bundessprecher an. Nach nur einem Jahr braucht die Grüne Jugend erneut eine neue Doppelspitze.

Kurze Amtszeit: Jakob Blasel auf dem Grünen-Parteitag im Januar 2025 Foto: Michael Kappeler/dpa

Berlin taz | Das „K“ in „Grüne Jugend“ steht für Kontinuität: Nach Bundessprecherin Jette Nietzard hat am frühen Dienstagabend auch ihr Co-Vorsitzender Jakob Blasel angekündigt, im Herbst nicht für eine zweite Amtszeit zu kandidieren. Zum zweiten Mal innerhalb von zwölf Monaten muss sich der Parteinachwuchs der Grünen eine komplett neue Doppelspitze suchen.

Seinen Rückzug gab Blasel auf seiner Instagram-Seite bekannt. Eine wirkliche Begründung führte er nicht an. Sein Jahr als Bundessprecher sei „oft super anstrengend“, aber „auch unendlich schön“ gewesen, schrieb der 24-Jährige. Er habe sein Ziel erreicht, den Verband zusammenbringen und freue sich zu sehen, „wie ganz viele Leute Verantwortung in diesem Jahr übernommen haben und jetzt im Herbst übernehmen“. Persönlich freue er sich darauf, sich „wieder allen Projekten zu widmen, die ich im Oktober von heute auf morgen auf Pause gesetzt habe: mein Studium, Aktivismus und vieles anderes“.

Blasel und Nietzard hatten die Führung der Grünen Jugend (GJ) erst im vergangenen Jahr übernommen, nachdem ihre Vorgängerinnen und Dutzende weitere Funk­tio­nä­r*in­nen aus der Organisation ausgetreten waren. Die Abtrünnigen hatten den Mitte-Kurs der Partei in der Ampel-Koalition kritisiert. Mittlerweile haben sie unter dem Namen „Junge Linke“ eine parteiunabhängige Nachwuchsorganisation gegründet.

Die Grüne Jugend kam währenddessen auch unter der neuen Spitze nicht zur Ruhe. Das lag vor allem an Kontroversen um provokante Äußerungen von Jette Nietzard in Interviews und auf ihren Social-Media-Kanälen. Das Verhältnis zwischen ihr und führenden Ver­tre­te­r*in­nen der Grünen war schon nach wenigen Monaten zerrüttet, auch innerhalb der Nachwuchsorganisation gab es Diskussionen. Im Juli kündigte Nietzard schließlich an, aufgrund von „ständigen Anfeindungen“ aus der Partei nicht für eine zweite Amtszeit zu kandidieren.

Umgänglich statt krawallig

Blasel pflegt einen erkennbar anderen Stil als die 26-Jährige. In den sozialen Netzwerken ist er weniger aktiv. Zuspitzungen setzt er seltener und bedachter ein, dadurch ist er allerdings auch unscheinbarer. Unter Grünen gilt er als der umgänglichere Teil der bisherigen Doppelspitze.

Stärkte er Nietzard öffentlich den Rücken, wirkte das eher pflichtbewusst. Andererseits verkniff er sich aber auch öffentliche Kritik an seiner Kollegin – oder wählte vorsichtige Formulierungen. So sagte er in einem Gespräch mit der taz im Juni, es sei eine Stärke von Nietzard, Aufmerksamkeit zu erzeugen. Nur: „Wir müssen die Aufmerksamkeit, die wir dadurch bekommen, stärker in eine politische Debatte lenken und solche Debatten dann auch besser vor- und nachbereiten.“

Auch in seiner Rückzugsankündigung lässt er keine großen Risse erkennen. Von GJ-internen Auseinandersetzungen um Stilfragen ist darin keine Rede. In seinem Statement ruft er den Verband nur dazu auf, „solidarisch zu sein, gesellschaftlich, aber auch untereinander“ und immer „Seite an Seite“ zu kämpfen.

Nicht bohren, sondern enteignen

Inhaltlich legte Blasel, einst einer der führenden Köpfe bei Fridays for Future in Deutschland, seinen Fokus auch als GJ-Chef auf die Klimapolitik. Im Bundestagswahlkampf setze er sich dafür ein, dass sich die Grünen gegen Gasbohrungen vor der Insel Borkum aussprechen. In einem Interview mit dem Spiegel forderte er, klimaschädliche Konzerne zu enteignen. In den Strategiedebatten der Grünen nach der Bundestagswahl warb er für eine größere Konfliktbereitschaft.

Was öffentlich weniger ins Auge fiel: Die Aufbauarbeit, die nach der Amtsübernahme auf Blasel und Nietzard wartete. Nachdem der Großteil der vorherigen Führungsebene der GJ den Rücken gekehrt hatte, war die Parteijugend im Herbst 2024 nur noch eingeschränkt arbeitsfähig – und das direkt vor dem Bundestagswahlkampf.

Vollständig sind die weggebrochenen Strukturen zwar bis heute nicht ersetzt. Was aber von der scheidenden Doppelspitze bleibt: Den künftigen Bun­des­spre­che­r*in­nen werden sie einen Verband hinterlassen, der zumindest grundsätzlich wieder funktioniert. Die Nach­fol­ge­r*in­nen an der GJ-Spitze werden auf einem Bundeskongress Mitte Oktober in Leipzig gewählt. Erste Kandidaturen werden noch für diese Woche erwartet.

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