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Michael Barenboim über Kulturboykott„Es geht um Mitschuld“

Der Musiker Michael Barenboim wirft Israel einen Genozid vor und ruft zur Gaza-Demo auf. Ein Gespräch über Verantwortung, Schweigen – und rote Linien in der Kunst.

Violinist und Bratschist Michael Barenboim 2024 in Frankfurt am Main Foto: Markus Kirchgessner/laif
Daniel Bax
Interview von Daniel Bax

taz: Herr Barenboim, der israelische Dirigent Lahav Shani wurde jüngst von einem Musikfestival im belgischen Gent ausgeladen. Ihm wurde vorgeworfen, seine Haltung zur israelischen Regierung sei unklar. Wie bewerten Sie das als Musikerkollege?

Michael Barenboim: Ich habe mir die jeweiligen Statements angeschaut. Das sollte man immer tun. Das Festival hat die Absage damit begründet, dass sich Shani in seiner Funktion als Chef des Israel Philharmonic Orchestra nicht oder nicht genügend von der israelischen Regierung distanziert hat. Das ist so etwas wie ein Staatsorchester, auch wenn es formal eine gemeinnützige Organisation ist – es repräsentiert Israel und bekommt auch staatliche Zuschüsse.

Im Interview: Michael Barenboim

Der Violinist und Bratschist Michael Barenboim lebt seit 1992 in Berlin. Er ist Konzertmeister des von seinem Vater Daniel Barenboim mitgegründeten West-Eastern Divan Orchestra.

Lahav Shani hat darauf geantwortet, er trete für Versöhnung zwischen „beiden Seiten“ ein. Er hat in seinem Statement die Seite, die in Gaza gerade vor ihrer Auslöschung steht, die Palästinenser, aber mit keinem Wort erwähnt. Das ist eine vertane Chance, denn damit hat er dem Festival alle Argumente für seine Ausladung geliefert. Das ist sehr schade. Denn er ist ein fantastischer Musiker – ich habe früher auch schon mit ihm gespielt. Aber darum geht es hier nicht.

taz: Worum geht es denn? Bundeskanzler Friedrich Merz, Kulturstaatsminister Wolfram Weimer und andere sprechen bei der Ausladung von Antisemitismus.

Barenboim: Entweder, sie haben alle das Statement des Festivals nicht gelesen, oder sie haben es absichtlich missverstanden. Da steht ja ganz deutlich, dass das nichts mit seiner jüdischen Identität zu tun hat. Das hätte auch seinen Vorgänger beim Israel Philharmonic Orchestra treffen können, Zubin Mehta – der ist nicht jüdisch. Das heißt, es hat mit Antisemitismus nichts zu tun, sondern mit dem Vorwurf der Mitschuld am Genozid.

taz: Sie sprechen von Genozid, andere aber bezweifeln, dass Israels Regierung in Gaza einen Völkermord begeht.

Barenboim: Mein Eindruck ist, dass darüber unter Experten, Menschenrechtsorganisationen und neuerdings auch im UN-Menschenrechtsrat weitgehend Konsens herrscht. Die deutsche Politik leugnet das, weil sie eine Mitschuld trägt. Aber ansonsten, glaube ich, ist das – jedenfalls außerhalb Deutschlands – nicht mehr umstritten.

taz: Einen Kulturboykott halten Sie in dieser Situation für das richtige Mittel?

Barenboim: Die Frage ist immer: Was erreiche ich damit? Das Ziel beim Kulturboyott ist, einem Staat, der Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder einen Völkermord begeht, die Legitimität zu entziehen. Hätten wir in den 1990er Jahren ein Ensemble aus Ruanda empfangen, welches das Regime der Hutus repräsentiert hätte? Oder ein Orchester, dessen Dirigent sich nicht vom Völkermord von Srebrenica distanziert hätte? Ich glaube nicht. Es gibt ja heute noch Leute, die den Genozid an den Bosniaken leugnen.

taz: Sie meinen Leute wie den Schriftsteller Peter Handke, der sogar den Literaturnobelpreis erhalten hat.

Barenboim: Das finde ich total krass. Ich meine, Völkermord ist der Versuch, eine nationale, ethnische oder religiöse Gruppe als solche auszulöschen. Das haben wir doch alle gelernt. Die Leugnung des Völkermords trägt zu dieser Auslöschung bei.

taz: Russlands und Israels Vorgehen lassen sich nicht direkt vergleichen. Doch nach dem russischen Angriff auf die Ukraine haben die Münchner Philharmoniker dem russischen Dirigenten Waleri Gergijew wegen dessen Putin-Nähe die Zusammenarbeit aufgekündigt. Zu Recht?

Barenboim: Die Münchner Philharmoniker haben ihren Schritt mit dem Argument begründet, dass sich Gergijew auf Nachfrage nicht von dem Regime in Russland distanziert hat. Das ist in der Tat das gleiche Argument wie das des Festivals in Gent – insofern kann man nicht das eine gut finden und das andere schlecht. Ich finde aber, ein Kulturboykott macht nur Sinn, wenn er sich gegen Institutionen richtet. Das trifft dann natürlich Individuen. Aber so ist das Leben: Jeder trifft seine Entscheidungen und trägt seine Verantwortung. Man muss ja nicht für Israel beim ESC antreten, zum Beispiel. Deswegen sollte die Frage sein: Repräsentiert eine Person die Institution eines Landes? Bei Gergijew kann man argumentieren, dass durch seine Leitung des Mariinsky Theaters in Sankt Petersburg eine institutionelle Verbindung besteht, ähnlich wie bei Lahav Shani und dem Israeli Philharmonic Orchestra. Aber Individuen als Individuen zu boykottieren finde ich ein bisschen albern.

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taz: Sie sind gegen den Boykott von Individuen, aber für den Boykott von staatlichen Institutionen.

Barenboim: Es gibt sogar israelische Künstler und Wissenschaftler, die einen Boykott ihres Landes fordern – weil sie sagen: Wir alleine können nichts ändern. Wir brauchen eure Unterstützung. Die wollen ja nicht, dass man nicht mehr mit ihnen redet, sondern sie wollen alles dafür tun, dass der Genozid in Gaza endet. Und was wäre die Alternative? Wollen wir sagen: Künstler sollen ihre Kunst machen und es ist uns egal, was sie sagen und denken? Ziehen wir irgendwo eine rote Linie? Ich finde, bei Völkermord sollte man eine rote Linie ziehen.

taz: Wäre es richtig, deutsche Künstler auszuladen, weil Deutschland Israels Krieg in Gaza unterstützt?

Barenboim: Es geht nicht um die Herkunft, sondern um Institutionen. Es gibt ja jetzt schon Bewegungen wie Strike Germany, die ausländischen Künstlerinnen und Künstlern freundlich abraten, nach Deutschland zu kommen. Der Vorwurf, Mitschuld an einem Völkermord zu tragen, wiegt schwer. Der frühere UN-Botschafter Christoph Heusgen hat kürzlich richtigerweise gesagt, Deutschland könnte wegen Beihilfe zum Genozid in Gaza verurteilt werden. Das hätte massive Konsequenzen für uns alle.

taz: Sie sind seit 2003 Konzertmeister des West-Eastern Divan Orchestra, das zu gleichen Teilen aus israelischen und arabischen Musikern besteht. Ist das nicht ein Gegenmodell zum Kulturboykott?

Barenboim: Es ist etwas anderes. Die Idee ist, dass man nicht nur gemeinsam probt und Musik macht und ansonsten seiner Wege geht, sondern dass ein größerer Austausch stattfindet. Das ist in dieser Form schon einzigartig. Wir haben jetzt neuerdings auch ein gewähltes Orchesterkomitee, das solche Diskussionsformate mitorganisieren soll. Wenn die Probe aufhört und die Diskussion beginnt, dann hat die Bratsche am letzten Pult genauso viel zu sagen wie die Solo-Oboe – da sind alle gleich.

taz: Wie steht die BDS-Bewegung, die für einen Israel-Boykott eintritt, zum West-Eastern Divan Orchestra? Wird das Orchester auch boykottiert, weil dort israelische Musiker mitspielen?

Barenboim: Ich glaube nicht, denn wir sprechen uns ja klar gegen die Besatzung aus. 2005 haben wir ein Konzert in Ramallah gegeben, das sehr viel Aufsehen erregt hat. Aber die Situation ist heute eine andere. Wir sind schon länger nicht mehr im Nahen Osten und in Nordafrika aufgetreten. Wir hatten einige Zeit eine Art Residenz in Buenos Aires, wo wir sehr viel gespielt haben. Ansonsten waren wir zuletzt hauptsächlich in Europa und in den USA unterwegs.

taz: Sie lehren an der Barenboim-Said-Akademie, und waren von 2020 bis 2024 deren Dekan. Wie ist die Stimmung dort seit dem Angriff der Hamas und dem Krieg in Gaza? Welche Diskussionen gibt es?

Barenboim: Innerhalb des Orchesters und an der Akademie gibt es sehr kontroverse Diskussionen. Ich bewundere unsere Studierenden. Die leben ja übers ganze Jahr zusammen, studieren zusammen und schaffen es, diese kontroversen Gespräche zu führen und zugleich ihr Studium zu absolvieren. Die Stimmung ist natürlich sehr bedrückt und die Situation ist schwierig. Aber sie machen das toll.

taz: Welche Rolle spielt Politik – und speziell der Gaza-Krieg – in der klassischen Musikszene?

Barenboim: Angesichts des russischen Einmarschs in der Ukraine haben viele klassische Musiker und Institutionen gezeigt, dass sie sich gerne für Menschenrechte einsetzen wollen. Aber angesichts des Genozids in Gaza und der Massenvertreibung in der Westbank ist es immer noch sehr still. Wenn man sich für die Ukraine einsetzt, dann hat man Rückenwind. Wenn man sich für Palästina einsetzt, bläst einem der Wind direkt ins Gesicht, weil man sich da auch gegen die eigene Regierung stellen muss. Das erfordert viel Kraft, viel Zeitaufwand, und man muss sich ein bisschen etwas trauen. Das tun wirklich nicht viele.

taz: Unter dem Motto „Make Freedom Ring“ organisieren sie mit anderen Künstlerinnen und Künstlern bundesweit Solidaritätskonzerte für Gaza. Warum?

Barenboim: Wir haben die Benefizkonzerte auch deswegen ins Leben gerufen, weil wir von diesem sehr lauten Schweigen in unserer Branche konsterniert waren. Viele Kollegen, die sonst sehr laut sind, hielten sich plötzlich sehr bedeckt. Daran hat sich bis heute wenig geändert, und das ist eigentlich ein Skandal.

taz: Sie rufen auch zur Kundgebung am 27. September in Berlin auf, die von Medico, Amnesty und Eye 4 Palestine organisiert wird. Haben Sie keine Sorge, dass da die falschen Leute mitlaufen?

Barenboim: Was heißt denn die falschen Leute? Ich wurde schon mal gefragt, ab wann es denn zu weit ginge. Ich finde, man darf einen Völkermord einfach nicht unterstützen. Das gilt für Staaten und auch für Individuen.

taz: An früheren Demonstrationen gab es Kritik, weil vereinzelt iranische Fahnen auftauchten oder fragwürdige Slogans gerufen wurden.

Barenboim: Das kann man nicht vollständig ausschließen. Ich stelle es mir schwierig vor, bei so vielen Tausenden Menschen zu garantieren, dass da nicht jemand so eine Fahne schwenkt. Aber was man kontrollieren kann, das ist die Botschaft einer Kundgebung oder Demo. Und diese Botschaft ist klar: Stoppt den Völkermord. Der deutsche Kurs muss geändert werden. Keine Waffen, keine diplomatische Unterstützung, keine juristische Unterstützung, darum geht es. Man muss alles versuchen. Ich versuche hier irgendwie alles. Das Einzige, das ich mir persönlich vorwerfe, ist, dass ich nicht schon früher aktiv geworden bin. Ich hätte viel früher und viel deutlicher gegen Apartheid und Besatzung aktiv sein müssen.

taz: Können Sie die Ängste vor einem wachsendem Antisemitismus nachvollziehen?

Barenboim: Die Sorge kann ich verstehen, aber nur bedingt. Wenn Menschen ein Ende des Genozids und ein Ende der Apartheid fordern, hat das mit Antisemitismus nichts zu tun. Diese Forderungen sind legitim und vom Völkerrecht gedeckt.

taz: Haben Sie selbst Antisemitismus erlebt, und wenn ja, in welcher Form?

Barenboim: Nein, ich kann mich glücklich schätzen, dass ich nie für mein Jüdischsein angegriffen wurde. Ich bin nicht gläubig und praktiziere die Religion nicht, deswegen ist es für mich eher ein kultureller Aspekt meiner Identität. Die Hasskommentare, die mir vorwerfen, ein „sich selbst hassender Jude“ zu sein, kommen ja lustigerweise oft nicht von Juden, sondern von irgendwelchen anderen Leuten.

taz: Sind Sie selbst schon mal ausgeladen worden?

Barenboim: Nein. Aber was ich nicht ausschließen kann, ist, dass ich an manchen Orten nicht mehr eingeladen werde. Es ist natürlich sehr blöd, jemanden einzuladen und wieder auszuladen, wie das in Deutschland oft der Fall war. Klügere Leute machen das nicht so plump, sondern laden bestimmte Leute wie mich einfach nicht mehr ein.

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13 Kommentare

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  • Langsam verändert sich die Berichterstattung der TAZ, wobei Herr Bax schon immer interessant und wohlinformiert geschrieben hat. Danke.

  • Warum wurde er nicht danach gefragt dass die Hamas am 7 Oktober zielt Juden ermorden und entführen wollten? Das ist ja genau das Kennzeichen eines Genozids.

  • Schon eine recht steile These, dass außerhalb von Deutschland ein Konsens herrscht, dass in Gaza ein Genozid stattfindet. Und wo genau findet Apartheid statt ? In Israel ? Oder eher für Ungläubige in Gaza und im Westjordanland….

  • Es ist sehr schwer, (in sich) zwischen den Emotionen, dass voraussichtlich beide Seiten Unrecht tun und oder getan haben, sowie der in der Zukunft liegenden bereits jetzt spürbaren Enttäuschung über das künftige Verhalten beider Bevölkerungen zu vermitteln und eine klug geplante Vision der Zukunft zu entwickeln.

  • Gut das es noch ein paar Leute gibt, die über moralische Klarheit verfügen. Dank an Herrn Barenboim.

  • Danke für dieses Interview. Ich glaube ich habe einige Positionen besser verstanden.



    Das traurige ist, das keine Lösung im Sicht ist.

  • Tausend Dank für die abschließende Klarstellung.

  • Hat sich Barenboim auch nur die Spur mit dem Massaker von Srebrenica, Ursachen und Verantwortlichen beschäftigt? Dieses erinnert eher an das Massaker der Hamas an den Israelis am 07.10.2023. Die Anzahl der Opfer war geringer, dafür hatte die Grausamkeit der Hamas eine ganz andere Dimension.

    Barenboim erwähnt das größte Massaker an Juden nach dem 2. Weltkrieg mit keinem Wort. Das sagt alles.

    Barenboim vergleicht Israel mit Russland? Welches einen gnadenlosen Angriffskrieg gegen die Ukraine führt? Mit bisher über einer Million Toten.

    Barenboim lehrt an der Barenboim-Said-Akademie? Edward Said. Palästinenser. Das Haus seiner Großeltern wurde im Israel-Arabischen Krieg 1948 zerstört. Ein Krieg, den die Araber begonnen hatten und den sie verloren.

    Edward Said, der 1979 „The Question of Palestine“ veröffentlichte, machte damit ein postkoloniales Modell im Akademiker-Milieu salonfähig, das die Faktizität jüdischer Staatlichkeit nicht anerkennt, Israel sei von einer „kolonialen Apartheid-Politik“ durchdrungen. Studenten an der Columbia University stigmatisieren Israel daher nicht zufällig etwa als „das neue Nazi-Deutschland“.

    In diesem Interview wundert mich gar nichts mehr.

  • Ach gäbe es doch deutlich mehr Menschen, die so sachlich und ausgewogen denken. Danke, Michael, für diese excellente Ausführung.

  • Seltsame Auffassungen die hier zum Besten gegeben werden:



    "... Sorge vor Antisemitismus? … Nur bedingt …" Und das in Zeiten, in denen man sich z.B. in Berlin als Bürger mit jüdischem Hintergrund nicht mehr sicher in der Öffentlichkeit bewegen kann.



    Iranische Flaggen …. eigentlich auch kein Problem.



    Den Überfall Russlands auf die Ukraine mit dem Überfall der Palästinenser auf Israel in einen Topf werfen …



    Kritisches Nachfragen des Autors? Fehlanzeige!

  • "Russlands und Israels Vorgehen lassen sich nicht direkt vergleichen." ? Die Untertreibung des Jahres. Russland greift unprovoziert an. Israel wird angegriffen, verteidigt sich und bekämpft den Angreifer.

  • Hochachtung vor Barenboims Mut. Viel Glück und Kraft!

    • @Rinaldo:

      Mut?

      Aktuell nichts weiter als der Mainstream.

      Vielleicht beginnt Barenboim mal irgendwann eine individuelle Auseinandersetzung mit der Genozidforschung. Edward Said & Co. sind sicherlich die falschen Adressen.

      "Genozid" als Begriff. Wer hat's erfunden?



      Raphael Lemkin, der im Jahr 1944 den Neologismus »Genozid« schuf, tat dies in einer fast 700-seitigen Studie, an der er vier Jahre gearbeitet hatte. Bisher das umfassendste und bedeutendste Werk dieser Art.

      Sein Verdienst ist es, dass Genozid als juristische Kategorie in der UN-Konvention 1948 beschlossen und darin definiert wurde. Der Begriff ist übrigens in Deutschland gleichlautend im Völkerstrafgesetzbuch normiert.

      Ähnlich wie diese maßgeblich von ihm geprägte UN-Konvention definiert er Völkermord – und weist ihn nach – nämlich nicht über die Anzahl der Toten, sondern über die Intention der Täter: Zentral ist die »Absicht, eine nationale, rassische, religiöse oder ethnische Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören«, wie das Völkerstrafgesetzbuch sagt.

      Israel befindet sich im Selbstverteidigungsmodus, ein Muss um ein "Wieder und immer wieder" der Hamas zu vermeiden. Barenboim befindet sich dagegen im Umkehrmodus.