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Donald Trumps Gaza-PlanHauptsache, der Krieg hört auf

Lisa Schneider
Kommentar von Lisa Schneider

Ja, der Friedensplan für Gaza zeigt viele Schwächen und Lücken. Wichtig aber ist, dass jetzt die Hamas zustimmt und der Plan Realität wird.

Völlig unklar ist, wie ein Leben in den fast komplett zerstörten Orten in Gaza aussehen könnte Foto: Amir Cohen/reuters

E s ist der bislang wohl vernünftigste Entwurf für einen Friedensprozess im Gaza­streifen, der von US-Präsident Donald Trump kommt: Keine Vertreibung der Palästinenser wird darin gefordert, keine Besiedlung seitens Israels. Stattdessen ein schrittweiser Rückzug des israelischen Militärs und internatio­naler Schutz.

Man merkt: Die Erwartungen an Friedenspläne für Gaza sind derzeit nicht besonders hoch. Viel kann man an diesem von Trump mit Israels Premier Benjamin Netanjahu besprochenen Plan kritisieren: dass die Macht über den Gazastreifen demnach de facto erst einmal bei Donald Trump selbst liegen wird. Er soll dem „Friedensrat“, der die Übergangsregierung des Gazastreifens überwachen soll, vorsitzen.

Oder dass die Formulierung dazu, wann die Palästinensische Autonomiebehörde die Kontrolle über den Gazastreifen übernehmen könnte, äußerst vage ist. Oder auch, dass Hamas-Mitgliedern, die ihre Waffen abgeben, einfach Amnestie gewährt werden soll. Offenbar unabhängig davon, welche Verbrechen sie gegen Israelis oder die eigene Bevölkerung begangen haben könnten.

Doch all das tritt vor der Situation im Gaza­streifen völlig in den Hintergrund: Auf weniger als einem Drittel der Fläche des Gazastreifens dürfen sich die Palästinenserinnen und Palästinenser noch aufhalten. Täglich sterben Menschen bei Luftangriffen.

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Die Versorgung mit Lebensmitteln ist besser geworden, doch es mangelt weiter an Medikamenten und medizinischer Versorgung, Zelten und Unterkünften, an sauberem Wasser und Hygiene. Das tägliche Überleben im Gaza­streifen bleibt eine Horrorshow – für die palästinensischen Zivilistinnen und Zivilisten, aber auch für die verbliebenen Geiseln.

Es ist beinahe egal, was in dem vorgeschlagenen Waffenruhe-Geisel-Deal steht. Hauptsache, er kommt, Hauptsache, der Krieg hört auf. Dafür muss es massiven Druck auf die Hamas geben. Es ist zu hoffen, dass Katar nach einem Anruf von Benjamin Netanjahu am Montag – bei dem sich dieser für den Luftangriff auf Hamas-Kader in Doha Mitte September entschuldigte – mit aller Kraft hinter den Trump-Plan stellen wird.

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Lehnt die Hamas ab, würde sie den Rechtsextremen in der israelischen Regierung den größten Gefallen tun. Denn noch während seiner Pressekonferenz mit Trump sagte Netanjahu: Wenn die Hamas den Plan ablehne, werde man eben selbst „den Job beenden“. Und weil in Trumps Plan eine von Netanjahus Koalitionspartnern geforderte Vertreibung explizit ausgeschlossen ist, wäre das für Netanjahu innenpolitisch gesehen wohl die bessere Option. Parallel muss es deswegen Druck auf Israel geben, auch durch Deutschland.

Dieser Friedensplan ist eine Chance – vielleicht die letzte. Sie zu vermasseln, wäre fatal.

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Lisa Schneider
Redakteurin für Nahost
Redakteurin für Westasien & Nordafrika.
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6 Kommentare

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  • Ich traue keinem Rechtsextremen, weder Trump, noch Netanjahu, noch der Hamas.



    Im Grunde sehe ich das so: Zwei skrupellose und zutiefst korrupte Immobilienhaie schnapsen sich einen Vertrag aus, und erpressen eine skrupellose und zutiefst korrupte Organisation, diesen zu unterschreiben.

  • "Viel kann man an diesem von Trump mit Israels Premier Benjamin Netanjahu besprochenen Plan kritisieren: dass die Macht über den Gazastreifen demnach de facto erst einmal bei Donald Trump selbst liegen wird. Er soll dem „Friedensrat“, der die Übergangsregierung des Gazastreifens überwachen soll, vorsitzen."



    Genau das kann man nicht kritisieren, denn die einzige Chance, dass ein Friedensplan umgesetzt wird, besteht in der Kontrolle durch die Amerikaner. Die UNO hat sich im Nahostkonflikt hoffnungslos selbst diskrediert, und würde von den Israelis zu Recht nicht akzeptiert werden. Zugleich ist Trump der einzige, der Netanjahu gegebenenfalls in den A... treten kann, auch wenn die Hoffnung zugegebenermaßen nicht allzu groß ist.

  • Natürlich macht Trump erst mal den Vorsitz. Wer denn sonst? Baerbock ist in New York gebunden.

  • Wer ist denn relevanter Ansprechpartner bei der Hamas. Die Hamas ist doch Geschichte.



    Ziel wäre jetzt Nentanjahus tödliches Spiel zu beenden, nicht mehr das der Hamas.

  • Ich hoffe sehr, dieser Plan wird umgesetzt bzw. kann umgesetzt werden, da ich ihn relativ vernünftig finde. Allerdings bin ich unsicher, ob der Plan beiden Seiten gerecht wird, da ich ja, wie bekannt, Anhängerin einer der beiden Kriegsparteien bin.

    Mich würde interessieren, ob die gazanische Regierung und ihre Kämpfer vor ihrer Entscheidung den Iran konsultieren werden. Huthis und Hizbollah wohl eher weniger.

    Worauf ich hoffe ist ebenso, dass die gazanische Bevölkerung nach einer gewissen Zeit entscheiden darf, wie sie (zusammen)leben möchte. Grundlage hierfür ist meiner Meinung nach u.a. das Rechtssystem und ich weiß so wenig über die Menschen in Gaza, dass ich nicht einschätzen kann, welche Art von Rechtssystem ihnen zusagen würde. Westlich, muslimisch, islamistisch (da gibt es ja die gesamte Bandbreite von beispielsweise Indonesien bis Afghanistan).

  • Ich bezweifle, dass die Hamas zustimmen wird. Ihr ist der Hass auf Israel wichtiger als das Wohlergehen des eigenen Volkes. Oder andersrum: Was schlecht für Palästina ist, ist gut für uns.