Paralympics beenden Russland-Bann: Mit Dank an Putin
Russland darf im Behindertensport wieder Flagge zeigen. Die Paralympics beenden den Sportbann gegen Russland und Belarus.

I n der Nacht auf Sonntag feuerte Russland 48 Raketen auf die Ukraine ab. Fast 600 Drohnen wurden vor allem Richtung Kyjiw geschickt. Zwölf Stunden lang war die ukrainische Hauptstadt unter Beschuss. Mindestens vier Menschen sind dabei ums Leben gekommen. Russland setzt seine Angriffe gegen die Ukraine mit unverminderter Härte fort. Der Beschluss der Mitglieder des Internationalen Paralympischen Komitees IPC, alle Sanktionen gegen Russland und Belarus aufzuheben, verwundert vor diesem Hintergrund nicht nur Matvii Bidnyi, den Sportminister der Ukraine.
Auch die Sportminister der baltischen Staaten haben ihr Entsetzen über die Entscheidung zum Ausdruck gebracht, nach der künftig bei den Paralympics Athletinnen und Athleten aus Russland und Belarus wieder unter eigener Flagge antreten dürfen. Seit 2022 waren die Hymnen der beiden kriegstreibenden Länder nicht mehr zu hören bei Wettbewerben, die das IPC veranstaltet hat. Das könnte sich bei den Paralympics 2026 in Mailand und Cortina d’Ampezzo im März nächsten Jahres ändern.
Für Bidnyi kann es bei der knappen Entscheidung des IPC, bei der 51,7 Prozent der Mitglieder für die vollständige Wiedereingliederung von Russland und Belarus gestimmt haben, nicht mit rechten Dingen zugegangen sein. Unverhohlen sprach er von Bestechung. „Eines Tages wissen wir vielleicht, wie viel Rubel nötig waren für die Stimmen“, schrieb er auf X und erwähnte den jüngst bekannt gewordenen Fall eines ehemaligen britischen EU-Parlamentariers, der Gelder aus Russland angenommen hatte, um russische Positionen zu vertreten.
Noch ist ungewiss, ob bei den Spielen im kommenden Winter wirklich Teams aus Russland und Belarus an den Start gehen werden. Die sechs Sportarten Ski alpin, Ski nordisch, Biathlon, Curling, Eishockey und Snowboard, in denen in Italien um Medaillen gesportelt wird, können über die Verbände, in denen sie organisiert sind, autonom entscheiden, wie sie mit der Zulassung von Sportlerinnen und Sportlern aus Russland und Belarus umgehen.
Viele Ungewissheiten
Während beim Internationalen Skiverband, der Russinnen und Belarussen bislang nicht einmal als Neutrale an den Start lässt, wenig für die Zulassung spricht, wird Para-Eishockey direkt unter dem Dach des IPC organisiert. Ob ein russisches Team noch in den laufenden Qualifikationsprozess eingegliedert werden kann, ist dennoch ungewiss.
Auch wenn keine Teams aus Russland an den Start gehen werden, könnten die russischen Farben in Mailand zu sehen sein, wenn bei der Eröffnungsfeier der Paralympics am 6. März die Fahnen aller Mitglieder des IPC aufgezogen werden. Sportminister Matvii Bidnyi hat die italienische Regierung und das Organisationskomitee der Paralympics jedenfalls schon einmal dazu aufgefordert, das Hissen russischer Fahnen zu verhindern. Auch das Außenministerium fordert auf seinen Social-Media-Kanälen das Verbot von russischen Symbolen bei den Spielen und verweist auf die Instrumentalisierung von Sportlern für die russische Kriegspropaganda.
Fester Teil der Kriegspropaganda
Längst sind Para-Athleten fester Bestandteil der russischen Sportpropaganda. So ist Pawel Roschkow, der Präsident des russischen Paralympischen Komitees, Schirmherr eines Programms mit dem von einem Romantitel Michail Lermontows entliehenen Namen „Helden unserer Zeit“. Dort werden Sportwettbewerbe für Kriegsversehrte organisiert.
In einem Grußwort feiert er die Willenskraft der Teilnehmer an der „militärischen Spezialoperation“, wie der Krieg gegen die Ukraine in Russland genannt wird. Roschkow wusste übrigens sofort, wem er für die Entscheidung des IPC zu danken hat. „Dieser Sieg ist vor allem der enormen politischen und diplomatischen Arbeit des russischen Präsidenten Wladimir Putin zu verdanken“, so wird er in diversen russischen Sportmedien zitiert.
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