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Todesurteil gegen KabilaBrandbeschleuniger für Kongo

Dominic Johnson

Kommentar von

Dominic Johnson

Zur Friedenslösung in Kinshasa gehörte zentral, dass sich die Spitzenpolitiker gegenseitig in Ruhe lassen. Dass Tshi­se­kedi damit bricht, ist fatal.

Der Präsident der Demokratischen Republik Kongo, Felix Tshisekedi, in New York City, USA, am 23. September 2025 Foto: Kylie Cooper/reuters

D as Todesurteil in der Demokratischen Republik Kongo gegen Expräsident Joseph Kabila ist ein Brandbeschleuniger für die Konflikte des Landes. Kongos höchstes Militärgericht sagt, dass Kabila aus dem Exil die Rebellen anführt, die im Osten des Landes herrschen und einen Umsturz in ganz Kongo herbeiführen wollen. Wenn dieser Vorwurf stimmen würde, wäre dieses Urteil eine Steilvorlage für die Rebellen, alle Friedensbemühungen zu beenden und erneut in die militärische Offensive zu gehen.

Da die Rebellen aber in Wirklichkeit gar nicht von Kabila geführt werden, ist das Urteil einfach eine juristische Farce und damit eine Steilvorlage für alle, die Kongos Präsident Felix Tshisekedi Willkür vorwerfen. Das Kabila-Urteil ist nicht nur falsch, sondern auch dumm. Vor rund zwanzig Jahren arbeitete sich die Demokratische Republik Kongo, damals mit Kabila als Präsident einer Übergangsregierung, mühevoll aus einem der verheerendsten Kriege der Gegenwart heraus.

Eine wichtige Grundlage der Friedenslösung, zu deren Stabilisierung 2006 sogar die Bundeswehr nach Kinshasa entsandt wurde, bestand darin, dass Kongos Spitzenpolitiker sich gegenseitig in Ruhe lassen. Die zwar von Wahlmanipulation begleitete, aber friedliche Machtübergabe von Joseph Kabila an seinen Nachfolger Felix Tshisekedi im Jahr 2019 bewies die Bedeutung dieses Grundsatzes: Kabila konnte von der Macht lassen in der Gewissheit, dass sein Nachfolger ihn in Ruhe lässt, und ermöglichte damit den ersten friedlichen Wechsel an der Staatsspitze in der Landesgeschichte.

Nun bricht Tshi­se­kedi mit diesem Prinzip und kündigt damit den Grundkonsens der kongolesischen Friedensordnung auf. Weiß der Präsident, was er da tut? Tshi­se­ke­di ist der erste Zivilist an Kongos Staatsspitze seit den Wirren der Unabhängigkeit. Kabila kam mit der Waffe an die Macht und genießt bis heute Loyalität in Teilen der Streitkräfte. Der Expräsident mag jetzt zwar als flüchtiger, verurteilter Landesverräter gelten. Aber der Amtsinhaber wird sich nun gut überlegen müssen, wie er selbst das Ende seiner Amtszeit übersteht.

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Dominic Johnson
Ressortleiter Ausland
Seit 2011 Co-Leiter des taz-Auslandsressorts und seit 1990 Afrikaredakteur der taz.
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