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Plug-in-Hybrid-AutosAuf der Straße fünfmal mehr CO2 als auf dem Prüfstand

Eine Analyse zeigt bei Plug-in-Hybrid-Wagen eine enorme Diskrepanz zwischen Tests und Wirklichkeit. Doch die Automobilindustrie will sie auch nach 2035 verkaufen.

Ein Hybridmotor wird auf der Automesse IAA präsentiert Foto: Michael Bihlmayer/imago

Berlin taz | Plug-in-Hybrid-Autos stoßen einer neuen Analyse zufolge fast fünfmal mehr CO2 aus als in offiziellen Tests angegeben. Diese auch über ein Kabel aufladbaren Fahrzeuge mit Elektro- und Verbrennungsmotor hätten 2023 den offiziellen Tests zufolge durchschnittlich 28 Gramm CO2 pro Kilometer emittiert, teilte der europäische Dachverband für nachhaltigen Verkehr T&E am Mittwoch mit. In der Realität habe der Ausstoß im Mittel bei 139 Gramm gelegen.

Diese Zahl ist demzufolge seit 2021 leicht gestiegen. Die offiziellen Testergebnisse hingegen hätten stetig weniger Kohlendioxid-Emissionen ermittelt. Dadurch nehme die Diskrepanz zwischen Test und Wirklichkeit bei Plug-in-Hybriden seit 2021 konstant zu.

Die Analyse basiert auf Zahlen der Europäischen Umweltagentur, die 127.000 Fahrzeuge unter normalen Fahrbedingungen untersucht hat.

Nutzungsverhalten bestimmt Klimabilanz

Grund dafür sei, dass die Autohersteller auf dem Prüfstand idealisierte Bedingungen annehmen würden, sagte Mobilitätsforscher und Soziologe Andreas Knie der taz. „Es wird unterstellt, dass Menschen zu größeren Teilen den elektrischen Motor fahren würden.“ In Wirklichkeit dominiere jedoch der Verbrennermodus.

Die Klimabilanz der Hybride hängt aber maßgeblich davon ab, zu welchen Anteilen sie elektrisch gefahren werden. Die Idee ist, dass die regelmäßige Nutzung auf Kurz- und Mittelstrecke elektrisch stattfindet und nur für größere Reichweiten auf den klimaschädlicheren Verbrennungsmotor zurückgegriffen wird. Dieses Nutzungsverhalten scheint jedoch nicht der Realität zu entsprechen.

Das Tückische dabei sei, dass die Verbrennungsmotoren im Plug-in-Hybrid mehr CO2 emittieren würden als bei gängigen Verbrennern. „In diesen Fahrzeugen stecken kleinere Motoren als in klassischen Benzinern oder Dieselautos“, sagt Andreas Knie. „Dadurch arbeitet der Motor beim Hybrid häufiger an seiner Leistungsgrenze.“ Außerdem sind Hybride durch den doppelten Motor schwerer, auch das erhöhe den Treibstoffverbrauch und so die Emissionen.

Hybride trotz Verbrenner-Verbot?

Der Verband der Automobilindustrie (VDA) behauptet auf seiner Website hingegen, Hybridfahrzeuge würden „eine effiziente und ökologisch vorteilhafte Lösung“ darstellen, wenn es um die CO2-Reduktion geht. Hybride würden „das Beste aus zwei Welten“ verbinden. Dementsprechend fordert der Verband „Technologieoffenheit“ und spricht sich darüber hinaus dafür aus, dass auch nach 2035 weiter Plug-in-Hybride in der EU zum Verkauf stehen sollten. T&E zufolge machen Plug-in-Hybride im Moment 8,6 Prozent der Automobilkäufe in der EU aus.

Hintergrund ist das Verbrenner-Aus der EU, das gerade im Zuge der Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA) in München wieder viel diskutiert wird. Demzufolge dürfen ab 2035 keine neuen Autos mit Verbrennungsmotor mehr verkauft werden. Das schließt auch Hybrid-Autos mit ein.

Andreas Knie spricht sich klar gegen eine Aufweichung der Regeln aus, wie sie der VDA fordert: „Es sollte unbedingt dabei bleiben, dass nach 2035 keine Verbrenner mehr, egal in welcher Konstellation, neu auf den Markt kommen.“

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6 Kommentare

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  • Ich finde es anstrengend, wenn ich diese Auseindersetzung über Autofahren lese. Wieviele Bomben werden täglich gezündet , wieviele Panzer bewegt?



    Wir sollten alle schon längst alle weltweit auf den Straßen stehen und fordern, daß dieser Wahnsinn aufhört.

    • @A. Simon:

      Danke!! Besser kann man es nicht ausdrücken.

  • "Demzufolge dürfen ab 2035 keine neuen Autos mit Verbrennungsmotor mehr verkauft werden."

    Das ist falsch. Es dürfen ab 2035 keine Autos mehr in Verkehr gebracht werden, die CO2 ausstoßen.

    Verbrennungsmotoren, die z.B. Wasserstoff verbrennen, sind weiterhin erlaubt.

    Es gibt kein Verbrennerverbot!

    • @jwie:

      Fast richtig. Es dürfen tatsächlich keine Neu-Fahrzeuge in den Verkehr gebracht werden die CO2 emmitieren.



      Alt-Fahrzeuge dürfen weiter an-umgemeldet werden.



      🖖

  • Mit massivem Betrug kennt sich die Branche ja bestens aus. Unsere Lobby-Regierung ist auch nicht gerade scharf darauf, diesem Treiben ein Ende zu machen. Hierzulande werden eher die Klima-Kids in den Knast geschickt, da stören sie nicht und dort treffen sie ganz gewiß nicht auf die verantwortlichen Manager - die sind mit ihren SUVs oder Privatflugzeugen irgendwo in der Sonne und schreiben Postkarten an ihre Lobbyisten im Deutschen Bundestag.....

  • Also mehr Sprit als ein gleichschwerer Verbrenner sollte ein Hybrid eigentlich nicht brauchen, eher weniger da er ja wie ein reines E-Auto Energie durch Rekuperation zurückgewinnen kann…und klar, ein Plug-In-Hybrid braucht nur dann wenig bis gar keinen Sprit wenn er regelmäßig an die Steckdose kommt…das ist aber eine Binsenweisheit, ebenso wie dass diese Fahrzeuge gerne als Dienstwagen genutzt werden und dann das Aufladen zuhause ohne Garage bei ner Etagenwohnung natürlich eher (noch) nicht möglich ist.