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Nach der Eröffnung des Nil-StaudammsÄthiopien als Vorbild für Afrika

Der Bau des Staudamms GERD in Äthiopien soll auch andere Länder mit Energieproblemen inspirieren. Das fordern beispielsweise Beobachter in Sambia.

Die Talsperre des Kariba-Damms in Sambia – ein Mammutbauwerk aus Kolonialzeiten, das den heutigen Strombedarf aber nicht mehr abdeckt Foto: Depositphotos/imago

Lusaka/Johannesburg taz | Neidvoll blickt das südliche Afrika auf Äthiopien, dessen mutige Investitionen in großangelegte Wasserkraftinfrastruktur sich ausgezahlt haben. Vergangene Woche wurde am Blauen Nil der Staudamm GERD (Grand Ethiopian Renaissance Dam) offiziell eingeweiht, Äthiopiens Stromkapazität hat sich auf einen Schlag verdoppelt und das Land mit 130 Millionen Einwohnern hofft jetzt auf verlässliche Stromversorgung, industrielles Wachstum und neue Arbeitsplätze.

In Sambia hingegen, wo mit dem 1959 zu Zeiten der britischen Kolonialherrschaft eröffneten Kariba-Damm am Sambesi-Fluss an der Grenze zu Simbabwe ein noch viel größerer Stausee existiert, bleiben Stromausfälle eine tägliche Realität, und die gesamte Region leidet unter massiven Unterinvestitionen in die Energieversorgung.

„Sambia ist das einzige Land in SADC (Entwicklungsgemeinschaft des Südlichen Afrika) mit nur drei Stunden Strom am Tag“, sagt der zivilgesellschaftiche Aktivist Joseph Kalimbwe. „Den Leuten wird geraten, Solarpanels zu kaufen. Das ist, als ob man kaputte Straßen hat und den Menschen rät, Hubschrauber anzuschaffen. Keine Volkswirtschaft kann überleben, wenn es nur in 3 von 24 Stunden am Tag Strom gibt.“

Sambia sei seit 1964 unabhängig, aber habe sich um dieses Problem nicht groß gekümmert, so Kalimbwe weiter. „Der Kariba-Damm wurde 1959 gebaut. Seit der Unabhängigkeit haben wir nichts in vergleichbarer Größenordnung gebaut.“

Stromausfälle als Alltag

Damit ist Sambia nicht allein. Selbst in den höchstentwickelten Ländern der Region, Simbabwe und Südafrika, sind Stromausfälle zum Alltag geworden. In Simbabwe wurden aber zuletzt neue Kohle- und Solarprojekte angeschoben. „Während ihr euch in Sambia über unsere Stromausfälle lustig macht, arbeitet unsere Regierung an einer Verbesserung“, schreibt die simbabwische Kommentatorin Anne Moyo. „Jetzt haben wir eine Mischung aus Kohle- und Solarstrom und mindestens 22 Stunden Strom am Tag.“

Der simbabwische Geschäftsmann Admire Taguma Musingarabwi ruft nun die Regierungen Sambias und Simbabwes auf, sich dringend zusammenzutun, um das seit langer Zeit immer wieder verschobene Wasserkraftprojekt „Batoka Gorge“ zu realisieren.

Geschätzt auf 5 Milliarden US-Dollar, etwa so viel wie GERD in Äthiopien, soll dieses Wasserkraftwerk am Sambesi-Fluss, flussaufwärts von Kariba, eine Stromkapazität von 2400 Megawatt generieren. „Wir müssen unsere Energiequellen diversifizieren“, schrieb er. „Wir brauchen Kohle und Batoka Gorge.“

„Wendepunkt für Afrika“

Äthiopien baute den GERD-Staudamm ohne Hilfe von internationalen Gebern – ein Zeugnis der Entschlossenheit, auf eigenen Füßen zu stehen, um die eigenen Träume Wirklichkeit werden zu lassen. Bei der Eröffnungsfeier am 9. September lobte Mahmoud Ali Youssouf, Vorsitzender der AU-Kommission, einen „Wendepunkt für Afrika“.

Kenias Präsident William Ruto nannte in seiner Ansprache auf der Einweihungsfeier den Damm ein Wahrzeichen für Afrikas Fähigkeit, seine Zukunft selbst zu gestalten – „ein gesamtafrikanisches Symbol von Selbständigkeit und Fortschritt“. Kenia stehe bereit, Strom von GERD zu beziehen. „Keiner Nation soll die Chance versagt bleiben, solche Werke der Transformation zu schaffen. Im Laufe der Zeit werden sie zu gemeinsamen Quellen des Wohlstands.“

Viele Afrikaner sagen jetzt, dass GERD ein Vorbild für andere afrikanische Länder sein kann. „Afrikas Führer haben keine Ambitionen“, sagt die Südafrikanerin Amukelani Moyani. „Deswegen breitet sich Armut aus. Die Araber haben Ambitionen – deswegen entwickeln sich die Emirate, Katar und Saudi-Arabien.“

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