Wegen Sicherheitsbedenken: Bundestag sperrt mehrere AfD-Mitarbeiter
Der Bundestag verweigert Mitarbeitern der AfD die Hausausweise wegen Sicherheitsbedenken. Unter ihnen ist auch der „Koordinator Sicherheit“.

Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) sagte, der Bundestag sei ein offenes Parlament, aber gleichzeitig ein „Raum unserer Demokratie, den wir besonders schützen müssen“. Bei der inneren und äußeren Sicherheit des Bundestags könne es „keine Kompromisse“ geben.
Klöckner ließ offen, aus welcher Fraktion die Mitarbeiter kommen. Ihre Verwaltung sprach nur von „sicherheitskritischen Erkenntnissen im Rahmen der notwendigen Zuverlässigkeitsüberprüfung“. Bei allen abgelehnten Antragstellern sei es möglich gewesen, dass das Betreten der Bundestagsgebäude zu verfassungsfeindlichen Zwecken missbraucht werden könnte. Die Ausstellung wäre daher ein Risiko für die Sicherheit und Integrität des Bundestags gewesen.
Nach taz-Informationen betreffen die Maßnahmen aber die AfD-Fraktion. Demnach bestanden dort drei Mitarbeiter von AfD-Abgeordneten die Zuverlässigkeitsüberprüfung nicht – ihnen wurden die Hausausweise erst gar nicht erteilt. Einem weiteren Mitarbeiter wurde der Zugriff auf die IT-Systeme des Bundestags verwehrt.
Geldstrafe wegen rassistischer Beleidigung
Philipp R. wiederum, der „Koordinator Sicherheit“, direkt bei der AfD-Fraktion angestellt, besaß bereits einen Hausausweis. Wegen Sicherheitsbedenken wurde dieser ihm aber wieder entzogen. Philipp R. war im vergangenen Jahr zu einer Geldstrafe verurteilt worden, weil er in Friedrichshafen am Bodensee Bewohner einer Asylbewerberunterkunft rassistisch beleidigt und mit einer Schreckschusswaffe bedroht hatte. Zugleich soll ihm der kleine Waffenschein entzogen worden sein. Zuerst hatte der Spiegel darüber berichtet.
Nach taz-Informationen soll ein weiterer Mitarbeiter, dem der Hausausweis entzogen wurde, der Islamgegner Michael Stürzenberger sein. Er sollte für den bayerischen AfD-Abgeordneten Erhard Brucker arbeiten, der seit dem Frühjahr im Bundestag sitzt. Brucker antwortete auf taz-Anfrage bislang nicht.
Ein Sprecher der AfD-Fraktion sagte der taz, die Einstellung von persönlichen Mitarbeitern sei allein Sache der jeweiligen Abgeordneten. Die Fraktion könne daher keine näheren Angaben zu den Fällen machen. Sie werde die Mitarbeiter aber „im Rahmen ihrer Möglichkeiten bei der Klärung des Sachverhaltes unterstützen“.
Sicherheitsrisiko AfD
Nach der Bundestagswahl war die AfD mit 151 Abgeordneten in den Bundestag eingezogen – und konnte eine Vielzahl neuer Mitarbeitender einstellen. Zugleich hatte das Bundesamt für Verfassungsschutz die Partei zuletzt bundesweit als gesichert rechtsextrem eingestuft. Die Einstufung wird derzeit rechtlich noch geklärt.
Noch unter der vorherigen Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) hatte der Bundestag im März verkündet, die Zuverlässigkeitsüberprüfungen strenger handhaben zu wollen. Wer ein Risiko für die Sicherheit des Parlaments darstelle, erhalte keinen Zugang mehr. Ziel sei der Schutz „vor extremistischen Einflüssen und Aktionen“.
Dafür hat sowohl die Radikalisierung der AfD Anlass und zahlreiche rechtsextreme Mitarbeiter gegeben als auch konkrete Vorkommnisse: 2021 soll etwa die ehemalige AfD-Bundestagsabgeordnete Birgit-Malsack Winkemann – mittlerweile als Teil einer Reichsbürger-Gruppe wegen Terrorverdacht angeklagt und in Untersuchungshaft – drei weitere Mitverdächtige durch den Bundestag geführt haben, um die Liegenschaften auszuspionieren und Fotos zu machen.
Darunter sollen zwei frühere Bundeswehr-Elite-Soldat gewesen sein. Gemeinsam sollen sie die Erstürmung des Bundestags und einen Staatsstreich geplant haben. Malsack-Winkemann erhält trotz der Terroranklage weiter Solidaritätsbekundungen und -besuche von Parteifreunden aus der AfD.
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