Studie zu nachhaltigem Konsum: Der Kaufrausch im Internet
Viele Kund:innen wollen Umwelt und Klima schonen, sagt eine Untersuchung des Umweltbundesamtes. Doch im Netz geht das Thema Nachhaltigkeit unter.
Für die Studie wurden nicht nur Literatur und andere Studien ausgewertet, sondern auch Interviews geführt. Für viele der Befragten waren Preis, Komfort und schnelle Verfügbarkeit die wichtigsten Kriterien beim Kauf im Internet. Reparierbarkeit oder Secondhand-Angebote hingegen spielten nur für solche Verbraucher:innen eine Rolle, die sowieso schon ein großes Interesse am Thema Nachhaltigkeit hatten, oder wenn sie prominent im Kaufprozess sichtbar waren.
Dabei stellt sich für das Uba als Problem dar, dass nur wenige, überaus marktmächtige Anbieter die Aufmerksamkeit der Internetnutzer auf sich ziehen. So verbrachten Nutzer:innen laut einer Studie von 2019 fast die Hälfte ihrer Zeit im Netz bei vier großen US-Firmen; den Mutterkonzernen von Google und Facebook, Alphabet und Meta, bei Amazon und Apple. Wenn deren Algorithmen und Filter die Nutzer:innen vor allem dazu animieren, häufig neue Dinge zu kaufen, hat Nachhaltigkeit im Netz wenig Chancen.
So stellten Verbraucher:innen zwar insbesondere für größere Käufe „sehr umfassende und systematische Vergleiche auf Preisvergleichsportalen, Testportalen oder in Erfahrungsberichten an“ und bewerteten deren Angebote als meist sehr hilfreich. Nachhaltigkeitskriterien würden dort aber nicht umfassend berücksichtigt und herausgestellt. „Informationsangebote, die umfassend zu nachhaltigem Konsum informieren – wie etwa Ratgeber oder Artikel“ – würden von Verbraucher:innen weder gesucht noch stießen sie in ihrer Suche zufällig darauf, schreibt das Uba.
Die Umweltbehörde empfiehlt daher, die EU-Gesetzgebung zu digitalen Märkten und Künstlicher Intelligenz dazu zu nutzen, um Konsum nachhaltiger und solche Angebote leichter auffindbar zu machen, die die „7-R-Strategien“ verfolgen: Refuce, Reduce, rethink, reuse, repair, refurbish, recycle – also: ein Konsumprodukt überflüssig machen, die Menge reduzieren, Design im Sinne der Nachhaltigkeit neu zu denken, Dinge häufiger zu reparieren, länger oder neu zu nutzen und am Ende neue Dinge aus den enthaltenen Rohstoffen herzustellen.
Etwa sollte es Internetplattformen grundsätzlich verboten werden, persönliche Daten zu Werbezwecken zu sammeln, daraus Nutzerprofile zu bilden und diese zu verkaufen. „Ein solches Verbot hätte tiefgreifende Auswirkungen auf die digitale Werbewirtschaft“, ist sich das Uba sicher, „da ein Großteil der heutigen Online-Werbemodelle auf personalisierter Ansprache basiert“. Zudem müsse die EU-Verordnung Digital Markets Act konsequenter umgesetzt werden, die etwa vorsieht, dass Nutzer ihre Daten von einem zum anderen Anbieter unkompliziert mitnehmen können.
Die Uba-Forscher:innen betonen, zwar bestehe „insbesondere bei öffentlich geförderten Projekten im Bereich der Digitalisierung häufig das Interesse der fördernden Institution, durch ein eigenes digitales Angebot Sichtbarkeit zu erlangen.“ Wichtiger sei es aber, das Thema Nachhaltigkeit dorthin zu bringen, wo die Nutzer:innen seien: bei den großen, reichweitenstarken US-Plattformen.
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