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Bootskatastrophen im MittelmeerFlüchtlinge aus Sudan sterben vor Libyen

UN-Helfer bestätigen zwei Bootsunglücke vor Libyen mit über 100 Toten. Über 300.000 Menschen sind aus Sudan nach Libyen geflohen und wollen weiter.

Bergung von Leichen am Strand außerhalb von Tobruk, 13. September Foto: Refugees in Libya

Berlin taz | Vor der Küste Libyens sind mutmaßlich über 100 Flüchtlinge aus Sudan auf dem Weg nach Griechenland ertrunken. Wie das UN-Flüchtlingshochommissariat UNHCR und die UN-Migrationsorganisation IOM vor wenigen Tagen bestätigten, sanken am 13. und 14. September zwei Flüchtlingsboote mit jeweils 75 und 74 Passagieren aus Sudan und Südsudan vor Tobruk im Osten Libyens, 500 Kilometer südlich der griechischen Mittelmeerinsel Kreta.

Vom ersten Boot konnten demnach nur 13 Menschen gerettet werden. Im zweiten Schlauchboot, das auf hoher See Feuer fing, starben 50 Menschen, 24 wurden geborgen. Die Toten und Überlebenden wurden vom libyschen Roten Halbmond und von der libyschen Küstenwache des im Osten Libyens herrschenden Generals Khalifa Haftar geborgen, der die international anerkannte Regierung Libyens nicht anerkennt.

Sudan ist aktuell das wichtigste Herkunftsland von Transitflüchtlingen, die über Libyen den Weg nach Europa suchen. Laut den neuesten UNHCR-Angaben vom Mai 2025 sind seit Beginn des Krieges in Sudan im April 2023 313.000 Menschen als Flüchtlinge aus Sudan nach Libyen gereist, wobei nur wenige davon registriert würden.

Sicher ist der Osten Libyens für Sudanesen nicht. Im Juli meldete die Migrationsbehörde im ostlibyschen Bengasi, 700 Sudanesen seien ins Grenzgebiet zu Sudan und Tschad deportiert worden, da sie Straftaten begangen hätten oder an ansteckenden Krankheiten litten.

In Tobruk werden nach Angaben von Flüchtlingshelfern Hunderte Migranten aus Sudan, Somalia, Äthiopien, Eritrea und Bangladesch in Lagern festgehalten – eine Praxis, die auch im Westen Libyens verbreitet ist. Meist werden die Lagerinsassen als Zwangsarbeiter oder Geiseln gehalten, die erst gegen Zahlung von Lösegeld durch ihre Familien in der Heimat weiter in Richtung eines Flüchtlingsbootes geschleust werden.

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