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Trauerfeier für Charlie Kirk„Ich hasse meine Gegner“

Der US-Präsident bezeichnet den ultrarechten Aktivisten Kirk bei dessen Beerdigung als Helden und predigt seinen Hass. Kirks Witwe beeindruckt mit versöhnlichen Worten.

Der US-Präsident und Erika Kirk, die Witwe des ermordeten ultrarechten Aktivisten und Trump-Freundes, im Stadion von Glendale Foto: Daniel Cole/Reuters

Washington DC taz | Zehntausende Menschen sind am Sonntag in ein Footballstadion in Glendale (Arizona) geströmt, um das Leben des ermordeten ultrarechten Aktivisten Charlie Kirk zu feiern. Die große Anteilnahme der Menschen zeigte eindrucksvoll, welchen Einfluss der 31-jährige Kirk in seiner kurzen politischen Laufbahn erzielt hatte.

Der Ton der Veranstaltung war ein Mix aus Gottesdienst und Wahlkampfevent. Es wurde gesungen und gebetet, aber auch geflucht und geweint. US-Präsident Donald Trump, der Kirk zu einem seiner engen Vertrauten und Freunde zählte, erklärte, dass Kirk ein „Märtyrer für die amerikanische Freiheit“ und ein „großer amerikanischer Held“ gewesen sei.

„Ich weiß, dass ich heute für alle hier spreche, wenn ich sage, dass keiner von uns Charlie jemals vergessen wird. Und die Geschichte wird es auch nicht“, sagte der 79-jährige Republikaner während seiner Ansprache.

In typischer Trump-Manier drehte sich seine Rede jedoch nicht nur um Kirk und dessen Leben, sondern es ging in erster Linie auch um ihn selbst. Trump nutzte die große Bühne, um gegen seine Rivalen auszuteilen und sich über altbekannte Missstände zu beklagen.

Trump betont seinen eigenen Hass

Unter anderem behauptete er zum wiederholten Male, dass die Präsidentschaftswahl im Jahr 2020, in der er sich vor Joe Biden geschlagen geben musste, manipuliert worden sei. Er machte sich zudem über diesen lustig und warb für seine eigene auf Zöllen basierende Wirtschaftspolitik.

Trump scheute auch nicht davor zurück, die politische Polarisierung im Land weiter voranzutreiben: „Er (Charlie) hasste seine Gegner nicht, er wollte das Beste für sie. … Da bin ich anderer Meinung als Charlie. Ich hasse meine Gegner und will nicht das Beste für sie.“ Nur wenige Stunden zuvor hatte er Justizministerin Pam Bondi dazu aufgefordert, gegen seine politischen Gegner zu ermitteln.

Neben Trump befanden sich unter den zehntausenden Trauergästen auch viele andere republikanische Po­li­ti­ke­r:in­nen sowie In­flu­en­ce­r:in­nen aus dem rechten konservativen Lager in der Menge. Viele Redner erklärten, die Ermordung Kirks vor weniger als zwei Wochen hätte zu einem Erwachen innerhalb der rechten Szene geführt. Es gehe nun darum, Kirks Kampf gegen das Böse fortzuführen.

„Sie wissen nicht, welchen Drachen Sie geweckt haben. Sie wissen nicht, wie entschlossen wir sein werden, diese Zivilisation zu retten, den Westen zu retten, diese Republik zu retten“, sagte der Vize-Stabschef des Weißen Hauses, Stephen Miller, ohne zu identifizieren, wer mit „Sie“ gemeint ist.

Untersuchungen zum Motiv des Attentats dauern an

Trump und seine Anhänger machen die „radikale Linke“ für Kirks Tod und die zunehmende politische Gewalt im Land verantwortlich. Untersuchungen zum Motiv hinter dem Attentat halten derweil noch an.

Die Trauerfeier dauerte insgesamt mehr als fünf Stunden. Bereits am frühen Morgen, noch vor der Eröffnung der Veranstaltung, mussten Menschen wieder nach Hause geschickt werden, da die maximale Kapazität des Stadions erreicht wurde, erkläre die lokale Polizeibehörde.

Eine fast zwei Kilometer lange Schlange bildete sich um das Stadion. Die Organisatoren hatten sich gewünscht, dass die Menschen ihren Patriotismus zeigen und sich in den Farben der US-Flagge – rot, weiß und blau – kleiden, um Kirk zu ehren. Die meisten sind dieser Aufforderung nachgekommen. Auch die obligatorischen MAGA-Kappen durften natürlich nicht fehlen.

Für den emotionalsten Moment des Tages sorgte Kirks Witwe Erika. Die Mutter von zwei Kindern kämpfte mit den Tränen, als sie über die Ereignisse des 10. September sprach, der ihr Leben veränderte.

Erika Kirk: „Ich vergebe dem Attentäter“

Sie beschrieb ihre Gefühle, als sie wenige Stunden nach dem Attentat den Körper ihres getöteten Mannes im Krankenhaus aufsuchte. Sie sprach über ihren starken Glauben und die überwältigende Unterstützung, die ihr geholfen hätten, mit dem Geschehenen umzugehen.

Mit der Aussage, dass sie dem Mörder ihres Mannes vergeben hat, beeindruckte Erika Kirk. „Mein Mann Charlie wollte junge Männer retten, genau wie den, der ihm das Leben nahm. … Ich vergebe ihm“, sagte sie. Der 22-jährige Tyler Robinson soll Kirk ermordet haben. Ihm droht die Todesstrafe.

Turning Point USA, die konservative Jugendorganisation, die Kirk im Alter von 18 Jahren ins Leben gerufen hatte, wird in Zukunft von seiner Witwe geleitet werden. Die Organisation verzeichnet nach dem Tod ihres Gründers einen starken Zulauf.

Die Trauerfeier brachte vorübergehend auch Menschen zusammen, die in jüngerer Vergangenheit Probleme miteinander hatten. So fingen Videokameras ein, wie sich Trump und der Milliardär Elon Musk begrüßten und ein paar Worte miteinander wechselten. Ob das der Beginn einer wiederauflebenden Freundschaft ist, blieb offen.

Außerhalb des Footballstadions kam es auch zu kleineren Gegenprotesten. Diese fanden allerdings wenig Beachtung.

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