Petition für Familienreservierung: Hoffen auf Einsicht bei der Bahn
Derzeit läuft eine Petition für die Rückkehr der Familienreservierung. Die neue Bahnvorständin sollte sich einen Ruck geben.

P ünktliche Züge sind was Feines. Ebenso saubere Bahnhöfe. Wobei Taubenscheiße und volle Mülleimer dann wenigstens an einem Ort versammelt sind, den man qua Bestimmung ohnehin möglichst schnell wieder verlassen will. Hier schließt sich der Kreis zum pünktlichen Zug. Sauberkeit und Pünktlichkeit sind Punkte, die Verkehrsminister Patrick Schnieder in seiner jüngst angekündigten Agenda für zufriedene Kunden auf der Schiene umsetzen will.
Was die Bahn bislang nicht will: die im Juni abgeschaffte Sitzplatzreservierung für Familien wieder einzuführen. Das hat dem Bahnvorstand nun eine Protestpetition eingebracht; knapp 130.000 Menschen hatten Stand Dienstag eine Eingabe des ökologischen Verkehrsclubs VCD unterschrieben.
Familien wollen sich setzen können – und andere Fahrgäste unterstützen das für gewöhnlich. Wer schon mal in einem vollen ICE unterwegs war, wo es keinen fest definierten Platz für das Kind und sein Spielzeug gab, weiß das. Nun entfallen laut Bahn im Jahr 2024 nur rund 5 Prozent (oder 6,7 Millionen) aller Reservierungen im Fernverkehr auf eine Familienreservierung, bei der nur zwei Sitzplätze zu je 5,20 Euro bezahlt werden mussten, aber bis zu drei weitere gratis dazugebucht werden konnten. Man kann es aber auch so sehen: Es ist schon erstaunlich, wie viel Unmut die Bahn bereit ist, auf sich zu nehmen für ein vergleichsweise geringes Einsparpotenzial.

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Ob die Bahn angesichts einer Petition ihren Widerstand aufgibt? Wohl kaum, da müsste schon ein bisschen mehr Revolution auf dem Bahnsteig passieren. Denn tatsächlich scheint es ja auch rund 6,6 Millionen Familien, die die Petition nicht unterschrieben haben, keinesfalls zu stören, dass sie inzwischen deutlich mehr zahlen müssen – nämlich jeden Platz für jedes Kind einzeln. Zu wünschen wäre es trotzdem, dass der neue Bahnvorstand – seit Ende September mit Evelyn Palla an der Spitze – mehr Verstand beweist als der alte. Denn so viel Taubenkacke kann man gar nicht vom Bahnsteig kehren, um dieses Signal von Familienunfreundlichkeit und Rücksichtslosigkeit wieder vergessen zu lassen.
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