Apps zum Tracking von ICE-Agenten: Das Eis schmilzt
Gegen das brutale Vorgehen der US-Migrationsbehörde ICE halfen Tracking-Apps. Jetzt entfernten Apple und Google sie aus ihren Stores.

„Warnung: Zwei ICE-Beamte am City Hall Park in Manhattan gesichtet, lieber entfernen“, konnte man etwa in einer Pushnachricht der App ICEBlock lesen. Über die Anwendung konnten Nutzer:innen Sichtungen der US-Einwanderungsbehörde Immigration and Customs Enforcement (ICE) eintragen, um sich vor möglichen Razzien zu warnen. Jetzt ist damit Schluss: Apple hat die App aus dem App Store entfernt – auf Druck der US-Regierung. Auch Google zog am vergangenen Freitag nach und entfernte eine ähnliche App aus dem Play Store.
Laut US-Generalstaatsanwältin Pam Bondi habe das US-Justizministerium Apple direkt zur Löschung der App aufgefordert. Sie bezeichnete ICEBlock als gefährliches Werkzeug, das die Arbeit von ICE-Beamt:innen gezielt behindere. Gegenüber dem Onlinemagazin 404 Media erklärte Google die ICE-Mitarbeiter:innen zu einer „vulnerablen Gruppe“. Nach Angaben des Unternehmens sei es nach Meldungen in der Red-Dot-App zu gewaltsamen Übergriffen gekommen. Der Konzern betonte, die Entscheidung sei unabhängig von einer Regierungsaufforderung gefallen, sondern orientiere sich an den eigenen Richtlinien.
Die Apple-App ICEBlock war die bekannteste der sogenannten ICE-Tracker-Apps. Sie wurde im April 2025 vom Entwickler Joshua Aaron veröffentlicht. Die Anwendung zeigte eine Karte mit Meldungen über ICE-Sichtungen im Umkreis von rund acht Kilometern. Nutzer:innen konnten dort Ort, Kleidung oder Fahrzeugkennzeichen von Beamt:innen eintragen. Andere in der Nähe erhielten Pushnachrichten. Nach vier Stunden verschwanden die Einträge automatisch. Nach Angaben des Entwicklers sammelte ICEBlock keine persönlichen Daten. Für Android wurde die App nie veröffentlicht, da Pushnachrichten dort eine Speicherung von Nutzerdaten erfordert hätten, so Aaron.
ICEBlock hatte laut dem Guardian über eine Million Nutzer:innen. Nach einem CNN-Bericht stieg die App im Frühjahr 2025 nach Kritik der Trump-Regierung rasant in den Charts und war zeitweise die am dritthäufigsten heruntergeladene Gratis-App im App Store. Sie war in 14 Sprachen verfügbar, darunter Arabisch, Nepali, Spanisch und Vietnamesisch.
Technik, Aktivismus und staatliche Kontrolle sind verknüpft
Auf der Website der App heißt es, man sei „unglaublich enttäuscht über das Vorgehen von Apple“. Das Entfernen der App auf Druck der Regierung sei „ein gefährlicher Präzedenzfall“. Apple habe behauptet, von Strafverfolgungsbehörden Informationen erhalten zu haben, wonach ICEBlock dazu diene, Beamt:innen zu schaden. Das sei „offensichtlich falsch“, so im Statement auf der Website. ICEBlock unterscheide sich nicht von Funktionen, die etwa Google Maps selbst anbiete, wenn dort Nutzer:innen Verkehrskontrollen oder Baustellen melden. Der Entwickler verweist auf das Recht auf freie Meinungsäußerung und beruft sich auf die US-amerikanische Verfassung.
Tatsächlich arbeiteten die Apps mit öffentlichen Informationen, wie Sichtungen im Stadtraum, und keinen personenbezogenen Daten. Viele sahen darin einen Akt der Solidarität mit Migrant:innen, nachdem es in den vergangenen Monaten zahlreiche dokumentierte Fälle von gewaltsamen Festnahmen und bewaffneten Wohnungsdurchsuchungen gegeben hatte.
Wer ICEBlock bereits installiert hat, kann die App übrigens weiter nutzen, sie aber nicht erneut aus dem Store herunterladen. Auch wegen der sensiblen Daten schlagen manche als Alternative eine Webversion vor, die man nicht auf sein Telefon herunterladen muss. Das wäre aber kaum ein guter Ersatz, weil etwa die Installation von Pushnachrichten schwierig ist. Vor allem für iPhone-Nutzer:innen stellt das ein Problem dar, weil Apple solche Funktionen nicht vorsieht. Auch für die App wichtige Funktionen wie Offlinenutzung oder Kartenanpassung ließen sich auf einer Website nur eingeschränkt umsetzen.
Die Debatte zeigt, wie eng Technik, Aktivismus und staatliche Kontrolle miteinander verknüpft sind. Während Apple und Google auf Sicherheit und Richtlinien pochen, kritisieren Bürgerrechtsorganisationen die Entfernung der Apps als Eingriff in die Meinungsfreiheit. Als Alternativen empfehlen Aktivist:innen lokale Netzwerke: In Illinois etwa existiert eine Hotline zur Meldung illegaler ICE-Aktivitäten, und die American Civil Liberties Union (ACLU) stellt Informationsmaterial für Migrant:innen bereit, damit sie über ihre Rechte bei möglicherweise illegalen Übergriffen der ICE-Mitarbeiter aufgeklärt sind.
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