piwik no script img

Gesundheitsversorgung in SpanienMammografieskandal in Andalusien

In Andalusien wurden Frauen nicht über das Ergebnis ihrer Mammografie informiert – trotz nicht eindeutiger Ergebnisse. Ein Verband läuft nun Sturm.

Mammographie einer weiblichen Brust: Wer den Befund nicht kennt, kann sich nicht behandeln lassen Foto: Marta Nascimento/REA/laif

Madrid taz | Mehr als 2.000 Frauen wurden nach einer Brustkrebsvorsorgeuntersuchung nicht über das Ergebnis informiert, und das, obwohl die Mammographie „nicht eindeutig“ war oder „nicht klare Veränderungen“ zeigte. Jetzt wurde bekannt, dass es das Gesundheitssystem im südspanischen Andalusien monate-, ja in manchen Fällen jahrelang versäumte, die betroffenen Frauen zu benachrichtigen. Dabei hatte es erste Beschwerden über das Ausbleiben der Ergebnisse bereits 2023 gegeben.

Aus dem regionalen Gesundheitsministerium hieß es nun zuerst, die Frauen seien nicht benachrichtigt worden, um sie nicht „unnötig zu beunruhigen“. Die Fälle seien „grundsätzlich nicht schwerwiegend, sollten aber außerhalb der Vorsorge unter medizinischen Kriterien überwacht werden“, ergänzte eine Pressemitteilung der andalusischen Regierung. Nur: Wer den Befund nicht kennt, kann sich schlecht überwachen lassen.

Persönliche Verantwortung will im regionalen Gesundheitsministerium niemand übernehmen – vor allem nicht so kurz vor den andalusischen Regionalwahlen. Von einem Fehler im Informatiksystem der Gesundheitsversorgung ist die Rede. Ministerpräsident Juanma Moreno von der konservativen Partido Popular (PP) erklärte: „Das andalusische Gesundheitssystem ist vorbildlich.“

Ángela Claverol sieht das anders. Sie ist die Vorsitzende der spanischen „Gesellschaft der Frauen mit Brustkrebs“ (Amama), und spricht von „einer Katastrophe“. Ihr zufolge seien durch die Verzögerung und fehlende Überwachung mehrere Frauen verstorben.

„Eine Katastrophe“

Bei Amama sehen sie den Grund für die Verzögerung nicht etwa in der Informatik, sondern in der fehlenden Kapazität des andalusischen Gesundheitssystems. Es fehle an Apparaten und an Radiologen. Claverol berichtet in einem Radiointerview von Fällen, in denen Betroffenen empfohlen wurde, sich privat versorgen zu lassen.

„Das war nicht irgendwer, der irgendwas unterlassen hat“, sagt auch der gesundheitspolitische Sprecher der Gewerkschaft UGT, Antonio Macías. Der Fehler liege vielmehr in der Gesundheitspolitik der seit sechs Jahren in Andalusien regierenden PP. Ministerpräsident Moreno spare und habe viele Bereiche auslagern und privatisieren lassen. Das führe zu Versorgungsengpässen.

Eine Gruppe von betroffenen Frauen erwägt jetzt eine Sammelklage. Die Staatsanwaltschaft ermittelt bereits.

Gemeinsam für freie Presse

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Alle Artikel stellen wir frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade in diesen Zeiten müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass kritischer, unabhängiger Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!