Nach Treffen mit Ryan-Air-Chef: Brüssel schützt Billigflieger, nicht Kunden
Spanien hat Fluglinien Extra-Gebühren beim Handgepäck verboten. Die EU-Kommission leitet deswegen ein Vertragsverletzungsverfahren ein.

„Es behindert die Preisfreiheit der Fluggesellschaften und schränkt sie ein, zwischen einem Service mit Anspruch auf mehr Handgepäck und einem Service ohne diese Option zu unterscheiden“, heißt es in einer Erklärung der Brüsseler Behörde. Am Mittwoch leitete sie deswegen ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Madrid vor. Wie um den Druck auf die spanische Regierung zu erhöhen, kündigte Ryanair am selben Tag an, Flüge mit etwa 1,2 Millionen Reisenden nach Spanien zu streichen.
Das Verfahren stellt einen schweren Rückschlag für den spanischen Minister für soziale Rechte, Konsum und Agenda 2030, Pablo Bustinduy, dar. Sein Ministerium hatte im November 2024 eine Geldbuße in Höhe von insgesamt 179 Millionen Euro gegen fünf Fluggesellschaften verhängt, weil diese trotz der spanischen Gesetzeslage Gebühren für Handgepäck erhoben hatten. Betroffen waren Ryanair, Vueling, Easyjet, Norwegian sowie Volotea.
Allein Ryanair musste 107,7 Millionen Euro zahlen. Die Billigfluggesellschaft machte daraufhin Druck auf Brüssel. Ryanair-Chef Michael O'Leary traf sich mit dem EU-Kommissar für nachhaltigen Transport und Tourismus, Apostolos Tzitzikostas noch bevor er sich mit Bustinduy zusammensetzte.
Erfolgreiche Lobbyarbeit?
Nach einer Videokonferenz mit dem griechischen Konservativen zeigte sich der linksalternative spanische Politiker überrascht über „gewisse Ähnlichkeiten zwischen den Argumenten des Kommissars und der allgemeinen Linie von Ryanair“.
Brüssel setzt Bustinduy eine zweimonatige Frist, um die nationale spanische Luftfahrtgesetzgebung und „die Freiheit der Preisgestaltung“ der Fluggesellschaften in Einklang zu bringen. Sollte der Minister sich weigern, kann Brüssel den Fall vor den Gerichtshof der Europäischen Union bringen.
Bustinduy reagierte verärgert: Es sei „bedauerlich“, dass die Europäische Kommission beschlossen habe, sich „offen als Verteidigerin“ multinationaler Unternehmen zu positionieren, sagte der Verbraucherminister. Kommissar Tzitzikostas habe nicht nur ihn selbst erst spät befragt, sondern auch die europäischen Verbraucherschutzorganisationen ignoriert. „Mit ihnen hat er sich nicht einmal getroffen“, erklärt Bustinduy.
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