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Drohnenalarm an FlughäfenFlugverkehr in Dänemark und Norwegen gestört

Drei Drohnen näherten sich dem Flughafen in Kopenhagen. Dänemark bezeichnet das als einen „ernsten Angriff“. Auch am Flughafen in Oslo gab es Drohnenalarm.

Dänische Polizei sichert das Gelände am Flughafen in Kopenhagen Foto: Steven Knap/Ritzau Scanpix via AP

Härnösand taz | Es waren keine verirrten Hobby-Drohnen, so viel steht fest. Wer am Montagabend, als der Flughafen Kastrup in Kopenhagen seinen Betrieb einstellte, noch auf ein Versehen oder einen schlechten Scherz gehofft hatte, erwachte am Dienstag zu einer „sehr kritischen und extrem ernsten Situation“. So bezeichnete es die Kopenhagener Polizeidirektorin Anne Tønnes, und mit dieser Einschätzung war sie nicht allein.

Mindestens drei große Drohnen sollen sich dem Flughafen gegen 20.30 Uhr aus verschiedenen Richtungen genähert haben. Die dänische Sicherheitspolizei PET geht davon aus, dass ein „fähiger Akteur“ dahinter stecke, der Zugang zu derart großen Drohnen habe sowie Kapazität und Willen, seine Anwesenheit auf diese Weise zu demonstrieren.

Die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen nannte den Vorfall einen „ernsten Angriff“ auf die kritische Infrastruktur ihres Landes. „Das zeigt, in was für einer Zeit wir leben und womit wir als Gesellschaft umgehen können müssen“, teilte sie am Morgen mit. Die Polizei Kopenhagen, der dänische Inlandsgeheimdienst PET, das dänische Militär und internationale Partner arbeiteten nun gemeinsam an der Aufklärung. Unter anderem seien Norwegen und Schweden involviert.

Auch über dem Flughafen von Oslo wurde Montagnacht Drohnenalarm ausgelöst. Der Luftraum über dem Flughafen Gardermoen wurde gegen Mitternacht geschlossen und gegen halb vier wieder geöffnet. Die norwegische Sicherheitspolizei PST arbeite daran, sich einen Überblick über die Situation zu verschaffen, teilte sie am Dienstagmorgen dem norwegischen Rundfunk NRK mit. Noch sei die gemeldete Drohnensichtung nicht verifiziert.

Man schaue in alle Richtungen, auch nach Russland

Der Vorfall in Kopenhagen hingegen wird von Dänemark inzwischen offiziell „Angriff“ genannt. Er sei im Zusammenhang mit vergleichbaren Ereignissen der jüngsten Zeit zu sehen, das betonten sowohl PET als auch Frederiksen. Sie beziehen sich unter anderem auf russische Drohnen über Polen und Rumänien und auf die russischen Kampfflugzeuge, die erst am Freitag in den estnischen Luftraum über der finnischen Bucht eindrangen und sich dort aufhielten, bis sie von Nato-Kampfjets hinauseskortiert wurden.

„Wir schließen natürlich nichts aus, wenn es darum geht, wer dahinter steckt“, schrieb Frederiksen zunächst in einer Pressemitteilung. Wenig später sagte sie dem DR, sie könne in keinster Weise ausschließen, dass Russland hinter dem Drohnenangriff stecke.

Ähnlich äußerte sich der operative Chef des dänischen Sicherheitsdienstes PET, Flemming Drejer, auf einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz, die im DR übertragen wurde: Man schaue in alle Richtungen, und in dem Zusammenhang auch nach Russland.

Es könne sich um ein hybrides Ereignis handeln. „Ich nenne es ein hybrides Ereignis, wenn es ein staatlicher Akteur ist. Da braucht man keinen Angriff zu starten, bei dem es knallt. Da reicht es, unseren Luftverkehr zu stören und uns zu verunsichern“, so Drejer.

„Wir können diese Drohnen runterholen“

„Jemand will uns vielleicht nicht angreifen, aber uns stressen und sehen, wie wir reagieren“, sagte er. Man hätte die Drohnen abschießen können, habe sich aber aus Sicherheitsgründen dagegen entschieden. Sie flogen über bewohnten Gebieten.

Man habe aber, das sage er „in aller Bescheidenheit“, einen richtig großen Werkzeugkasten. Und das Militär habe einen noch größeren Werkzeugkasten. „Wir können im Blick behalten, was da passiert, und wenn wir wollen, können wir diese Drohnen runterholen“, so Drejer.

Nach etwa vier Stunden verschwanden die Drohnen wieder – ob man sie verfolgt habe, darauf gab Drejer keine Antwort. „Ich kann nicht kommentieren, wie wir die Ermittlungen angehen, aber wir ermitteln massiv“, sagte er.

Nationaler Krisenstab aktiviert

Am Morgen wurde auch die erste Stufe eines nationalen Krisenstabs in Dänemark aktiviert, was laut DR zunächst eine sogenannte erhöhte Informationsbereitschaft bedeutet – also eine verstärkte Überwachung und verstärkte Kommunikation zwischen allen beteiligten Behörden.

Praktische Folgen hatte der dänische Drohnen-Vorfall für rund 20.000 Flugpassagiere. 100 Flüge wurden abgesagt, 31 zu anderen Flughäfen umgeleitet. Auch am Vormittag hatte sich die Lage am Flughafen Kastrup für Reisende noch nicht normalisiert.

Russland weist es von sich, mit dem Drohnenangriff etwas zu tun zu haben. „Wir hören jedes Mal grundlose Anschuldigungen“, sagte Putin-Sprecher Dmitri Peskow laut der russischen Nachrichtenagentur Interfax, wie DR berichtet.

Auch die russische Botschaft in Kopenhagen sagte dem dänischen Rundfunk, der Verdacht gegen Russland sei „unbegründet.“ Der Vorfall am Flughafen Kopenhagen enthülle einen „deutlichen Wunsch, die Nato-Länder zu einer direkten militärischen Konfrontation mit Russland zu provozieren“, schrieb die Botschaft. „Es ist unakezptabel, dazu beizutragen.“ Russland sei nicht interessiert daran, die Spannungen in Europa weiter zu steigern.

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