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Energiewende in GefahrDen Brand mal ohne Wasser löschen

Das Wirtschaftsministerium brennt – und die Ministerin wirbt für Technologieoffenheit, Sparen und Bürokratieabbau beim Löschen. Ob das gut geht?

Die zuständige Ministerin Katherina Reiche handelte umgehend. Sie ließ einen Monitoringbericht verfassen Foto: Political Moments/imago

V ergangene Woche brannte es lichterloh in Berlin-Mitte. Im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie standen Altbestände der deutschen Klimapolitik in Flammen, die nachlässig auf den Fluren gestapelt worden waren. Die Freiwillige Feuerwehr rätselte über die Ursachen: Hatte im Referat „Wir brauchen mehr Gas“ der Blitz der Erkenntnis eingeschlagen? War die riesige Wärmepumpe explodiert, die Robert ­Habeck eigenhändig im Keller installiert hatte? War es spontane Selbstentzündung im Büro der ehemaligen Staatssekretärin Brantner?

Die zuständige Ministerin Katherina Reiche jedenfalls handelte umgehend. Sie ließ einen Monitoringbericht verfassen. Das Urteil der Experten: Die deutsche Brandbekämpfung könne schneller und billiger sein, die Feuerwehr brauche mehr Befugnisse und größere Spritzen – aber grundsätzlich sei der eingeschlagene Kurs richtig. Die Ministerin war nicht wirklich Feuer und Flamme. Für sie lautete die Erkenntnis: „Wir stehen an einem Scheideweg“. In der Vergangenheit habe die Feuerwehr immer nur daran gedacht, Brände schnell zu löschen.

Genauso wichtig sei es aber, dass die Brandbekämpfung bezahlbar bleibe und die Wasserversorgung sicher sei. Ab jetzt würden neue Fragen gestellt: Muss die Feuerwehr wirklich so viel Wasser einsetzen, nur weil es im Ministerium mal brennt?

Könnte man es nicht ökonomisch effizienter einsetzen, etwa um die Rosen im Garten des Bundeskanzleramts zu wässern? Warum nutzt die Feuerwehr das Wasser kostenlos während ein Kohlekraftwerk sein Kühlwasser teuer bezahlen muss?

Ruhestätte für die deutsche Energiewende

Das Motto der Ministerin lautet: „Technologieoffenheit“: Muss man immer weiter mit Wasser und Schaum löschen und mit dieser Verbotspolitik innovative Lösungen unmöglich machen? Warum es nicht mal mit ­Wasserstoff oder synthetischen Nichtbrennstoffen versuchen? Oder im Ernstfall auf den Ministeriums­fluren Gegenfeuer entzünden? Wichtig ist für die Ministerin auch die Versorgungssicherheit: Leiden die Wasserleitungen, wenn mehrere Löschzüge das Netz überlasten? Fällt dann der Wasserdruck im Springbrunnen der CDU-Zentrale?

Weil der Abbau von Bürokratie ebenso wichtig ist, wurden im Ministerium die Rauchmelder abgeschaltet und die Raucherpausen verlängert. „Am Ziel der Null-Emissionen bis 2045 halten wir fest“, so die Ministerin. Aber sich jetzt schon auf einen Weg zur Feuerbekämpfung festzulegen, bringe nur Bürokratie und verhindere Innovation.

Die nicht mehr ganz so freiwillige Feuerwehr rollte ihre Schläuche ein und reagierte besorgt. Wegen des Hin und Hers hat sie ­geplante Investitionen in neue Helme, Spritzen und Wasserrohre auf Eis gelegt.

Experten schlagen nun eine marktfähige und politisch akzeptable Lösung vor, um sich unbequemer Altlasten zu entledigen: Zum geplanten Endlager für radioaktive Abfälle kommt als ­Anbau noch eine ewige Ruhestätte für die deutsche Energiewende hinzu. Die Einweihung ist für 2135 geplant. Für diese Übergangszeit steigt aus dem Wirtschaftsministerium noch schwarzer Rauch auf.

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Bernhard Pötter
Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
Jahrgang 1965. Seine Schwerpunkte sind die Themen Klima, Energie und Umweltpolitik. Wenn die Zeit es erlaubt, beschäftigt er sich noch mit Kirche, Kindern und Konsum. Für die taz arbeitet er seit 1993, zwischendurch und frei u.a. auch für DIE ZEIT, WOZ, GEO, New Scientist. Autor einiger Bücher, Zum Beispiel „Tatort Klimawandel“ (oekom Verlag) und „Stromwende“(Westend-Verlag, mit Peter Unfried und Hannes Koch).
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