piwik no script img

Sparzwang der französischen RegierungNachtzug zwischen Paris und Berlin wird gestoppt

Die Nachtzugstrecke lohnt sich nicht, sagt Frankreichs Bahn SNCF. Es regte sich Protest. Doch jetzt hat der Zugbetreiber das Ende der Verbindung bestätigt.

Au revoir: Nachtzug zwischen Paris und Berlin vor dem Aus Foto: Michael Evers/dpa

Paris taz | Der Nachtzug zwischen Paris und Berlin ist ein verkehrspolitisches Symbol, doch für die französische Staatsführung hat er wegen der Sparzwänge keine Priorität. Nach nur zwei Jahren steht nun schon das Ende dieser Bahnverbindung zwischen den beiden Hauptstädten via Straßburg bevor. Der Nachtzug wird zum 14. Dezember 2025 eingestellt. Das gab die österreichische Staatsbahn ÖBB, deren Züge die Strecke bedienen, am Montag bekannt.

Als Grund nennt die französische Seite die vorgesehene Streichung der Subventionen. Der französische Staat ist verschuldet und soll auf der Ausgabenseite sparen. Und dies scheint leichter zu sein auf Kosten der Reisenden, die gerade die vergleichsweise günstige Route auf der Schiene wählen, als bei anderen staatlichen Ausgaben, deren Kürzung massive Proteste auslösen.

Die französische Zeitung Le Monde erwähnte, dass im Rahmen der geplanten Streichung von Subventionen auch der Pariser Nachtzug von und nach Wien eingestellt werden soll. Genau wie die nächtliche Verbindung mit Berlin sei diese finanziell nicht selbsttragend. Die Bahngesellschaft SNCF wird vom staatlichen Eigentümer gedrängt, in ihren Fahrplänen nur noch rentable Strecken zu bedienen.

Darum liegt es für das Unternehmen auf der Hand, diese beiden unlängst als Symbole der europäischen Freundschaft gepriesenen Nachtzüge aus seinem Verkehrsnetz zu nehmen. Die Verantwortung für die unpopuläre Entscheidung gibt die SNCF an das zuständige Ministerium weiter.

Nachtzug ist umweltfreundlicher als das Flugzeug

In Fernsehreportagen bedauern vor allem regelmäßige Benutzer der Nachtzuglinien die drohende Einstellung. Denn die Bahn sei nicht nur günstiger, praktischer – da von Zentrum zu Zentrum – und umweltfreundlicher als das Flugzeug. Sie erlaube es wegen der Fahrtzeit über Nacht zudem, eine Übernachtung im Hotel oder in einer Ferienwohnung einzusparen.

Mit einer Kundgebung vor der Gare de l’Est, von wo die Nachzüge derzeit noch in Richtung Berlin und Wien abfahren, hat das Kollektiv von Reisenden „Ja zum Nachtzug!“ am Freitag gegen das Aus protestiert. Einige der Demonstrierenden erschienen dazu mit Pyjamas und Kopfkissen, um zu zeigen, dass für sie die Nacht im Zug ein Vorteil ist.

Die finanziellen Argumente, die von der (kürzlich zurückgetretenen) französischen Regierung vorgebracht wurden, lässt der Sprecher des Kollektivs, Nicolas Forien, nicht gelten: „Es besteht eine echte Nachfrage, nachts in Europa mit der Bahn zu reisen. Es ist deshalb ziemlich unverständlich, diese Linien nach bloß zwei Jahren schon wieder zu stoppen.“ Statt nur drei Mal sollten die Nachtzüge im Gegenteil häufiger fahren, fordert Forien.

Empfohlener externer Inhalt

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob Sie dieses Element auch sehen wollen:

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Laut SNCF liegt die Auslastung bei ungefähr 60 Prozent, was nicht genüge, um ohne Subventionen von angeblich mehreren Millionen rote Zahlen zu vermeiden. Eine Online-Petition zugunsten des Weiterbetriebs im Interesse der CO2-Bilanz und der europäischen Freundschaft ist bereits von fast 40.000 Personen unterzeichnet worden. Vielleicht, so hoffen sie, ist die Einstellung ja doch noch abzuwenden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • Dass 60% Auslastung wenig genug sind, um die Verbindung zu streichen, finde ich besonders erschreckend, weil meiner Erfahrung nach ein Zug, der zu 100% ausgelastet ist, vollkommen unerträglich ist.

  • "Der französische Staat ist verschuldet und soll auf der Ausgabenseite sparen." Der Sparzwang ist ein Mythos. Ein Staat kann sich in inländischer Währung nicht verschulden im Sinne von sich bei jemandem Geld leihen. Denn ein Staatsdefizit an sich ist - ähnlich wie ein privater Bankkredit - nur eine Geldschöpfung auf Knopfdruck, die niemanden belastet: www.bundestag.de/r...29-20-pdf-data.pdf Ebenso sind bereits laufende Staatsausgaben für sich genommen eine technische Gelderzeugung. Der Verkauf von Staatsanleihen ist also nur ein unnötiger Umweg: www.oekologiepolit...fn7gp_CqM0RuxG5kVo Vor einer Inflation durch mehr Staatsdefizit muss man dabei keine Angst haben: www.geldfuerdiewel...gen-buch-inflation Warum das kaum jemand weiß? Darüber lässt sich nur mutmaßen. Fakt ist aber: verzinste Staatsanleihen bringen den Reich(st)en leistungs- und ziemlich risikolose Zusatzgewinne. Und mehr Staat bedeutet weniger Marktanteile und Zusatzgewinne für Privatinvestoren.

  • Signalstörung, wirklich fatal … dabei wäre es so einfach, einfach Kerosin-Subvention umleiten … europaweit