Sparzwang der französischen Regierung: Nachtzug zwischen Paris und Berlin wird gestoppt
Die Nachtzugstrecke lohnt sich nicht, sagt Frankreichs Bahn SNCF. Es regte sich Protest. Doch jetzt hat der Zugbetreiber das Ende der Verbindung bestätigt.
Als Grund nennt die französische Seite die vorgesehene Streichung der Subventionen. Der französische Staat ist verschuldet und soll auf der Ausgabenseite sparen. Und dies scheint leichter zu sein auf Kosten der Reisenden, die gerade die vergleichsweise günstige Route auf der Schiene wählen, als bei anderen staatlichen Ausgaben, deren Kürzung massive Proteste auslösen.
Die französische Zeitung Le Monde erwähnte, dass im Rahmen der geplanten Streichung von Subventionen auch der Pariser Nachtzug von und nach Wien eingestellt werden soll. Genau wie die nächtliche Verbindung mit Berlin sei diese finanziell nicht selbsttragend. Die Bahngesellschaft SNCF wird vom staatlichen Eigentümer gedrängt, in ihren Fahrplänen nur noch rentable Strecken zu bedienen.
Darum liegt es für das Unternehmen auf der Hand, diese beiden unlängst als Symbole der europäischen Freundschaft gepriesenen Nachtzüge aus seinem Verkehrsnetz zu nehmen. Die Verantwortung für die unpopuläre Entscheidung gibt die SNCF an das zuständige Ministerium weiter.
Nachtzug ist umweltfreundlicher als das Flugzeug
In Fernsehreportagen bedauern vor allem regelmäßige Benutzer der Nachtzuglinien die drohende Einstellung. Denn die Bahn sei nicht nur günstiger, praktischer – da von Zentrum zu Zentrum – und umweltfreundlicher als das Flugzeug. Sie erlaube es wegen der Fahrtzeit über Nacht zudem, eine Übernachtung im Hotel oder in einer Ferienwohnung einzusparen.
Mit einer Kundgebung vor der Gare de l’Est, von wo die Nachzüge derzeit noch in Richtung Berlin und Wien abfahren, hat das Kollektiv von Reisenden „Ja zum Nachtzug!“ am Freitag gegen das Aus protestiert. Einige der Demonstrierenden erschienen dazu mit Pyjamas und Kopfkissen, um zu zeigen, dass für sie die Nacht im Zug ein Vorteil ist.
Die finanziellen Argumente, die von der (kürzlich zurückgetretenen) französischen Regierung vorgebracht wurden, lässt der Sprecher des Kollektivs, Nicolas Forien, nicht gelten: „Es besteht eine echte Nachfrage, nachts in Europa mit der Bahn zu reisen. Es ist deshalb ziemlich unverständlich, diese Linien nach bloß zwei Jahren schon wieder zu stoppen.“ Statt nur drei Mal sollten die Nachtzüge im Gegenteil häufiger fahren, fordert Forien.
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Laut SNCF liegt die Auslastung bei ungefähr 60 Prozent, was nicht genüge, um ohne Subventionen von angeblich mehreren Millionen rote Zahlen zu vermeiden. Eine Online-Petition zugunsten des Weiterbetriebs im Interesse der CO2-Bilanz und der europäischen Freundschaft ist bereits von fast 40.000 Personen unterzeichnet worden. Vielleicht, so hoffen sie, ist die Einstellung ja doch noch abzuwenden.
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