Bedrohte Pressefreiheit in USA: Sachen packen im Pentagon
Die US-Regierung will alle Medien verpflichten, nur noch vom Pentagon freigegebene Informationen zu publizieren. Fast alle weigern sich.

Es ist der Tag des großen Sachenpackens in den Presseräumen des Pentagon. Am Dienstag lief die Frist aus, die US-Verteidigungsminister Pete Hegseth den Medienorganisationen gesetzt hatte, um entweder eine Unterwerfungserklärung zu unterschreiben oder aber ihre Akkreditierungen fürs Pentagon zu verlieren und ihre Arbeitsplätze im Gebäude zu räumen. Nur ein einziger Sender, der extrem rechte One America News, unterschrieb die Erklärung – alle anderen waren am Mittwoch am Packen.
Mitte September hatte Hegseth seine Bedingungen vorgestellt: Die Medien sollten sich verpflichten, in Militärangelegenheiten nur noch Informationen zu publizieren, die zuvor vom Pentagon freigegeben wurden. Jeglicher Versuch, durch eigene Recherche an Fakten zu gelangen, sollte somit unterbunden werden.
Das ging jetzt selbst Fox News zu weit – dem Trump-Propaganda-Sender, bei dem Hegseth selbst noch bis vor Kurzem als TV-Moderator beschäftigt war. Auch der Murdoch-Sender weigerte sich zu unterschreiben und veröffentlichte stattdessen am Dienstag zusammen mit ABC, CBS, NBC und CNN eine Erklärung, in der es heißt, Hegseths Bedingungen „würden die Möglichkeiten der Journalisten einschränken, die Nation und die Welt über wichtige Dinge der nationalen Sicherheit zu informieren.
Diese Politik ist ohne Beispiel und bedroht die Grundprinzipien geschützter journalistischer Arbeit. Wir werden weiterhin über das US-Militär berichten, so wie es jedes unserer Medien seit vielen Jahrzehnten getan hat, und die Prinzipien einer freien und unabhängigen Presse aufrechterhalten.“
Es ist eine Allianz, die in den heutigen USA eigentlich unmöglich erscheint. Tatsächlich haben sich in den letzten Tagen alle großen Medien von rechts bis links geweigert, die Erklärung zu unterschreiben.
Wahrscheinlich verfassungswidrig
Auch aus den Reihen der Politik war Hegseths Vorschlag scharf kritisiert worden, als er im September öffentlich wurde. Der republikanische Abgeordnete Don Bacon schrieb da auf Twitter. „Das ist so dumm, dass es mir schwerfällt zu glauben, dass das wahr ist. Wir wollen keinen Haufen Prawda-Zeitungen, die nur die offizielle Position der Regierung lobpreisen. Eine freie Presse macht unser Land besser!“
Auch die Vereinigung der Pentagon-Reporter hat das Ministerium aufgefordert, die Maßnahmen „zu überdenken“. Sie bezeichnet das Vorgehen als „wahrscheinlich verfassungswidrig“ und erklärt: „Die vom Pentagon geforderte Bestätigung ist besonders problematisch, da sie von Reportern verlangt, ihr ‚Verständnis‘ dafür zum Ausdruck zu bringen, dass die Offenlegung nicht genehmigter Informationen, ob geheim oder nicht, unweigerlich Schaden verursache – etwas, von dem alle Beteiligten wissen, dass es nicht wahr ist.“
Massive Kritik an Hegseths Vorgehen kam aus allen großen Medienhäuser und von allen großen Nachrichtenagenturen, die sich ebenfalls weigerten, die 21-seitige Erklärung zu unterschreiben.
Minister Hegseth hingegen verteidigt seinen Zensurversuch. Bei einem kurzen gemeinsamen Pressetermin mit Präsident Donald Trump sagte Hegseth am Dienstag, sein Vorgehen sei „gesunder Menschenverstand“. „Wir versuchen sicherzustellen, dass unsere nationale Sicherheit respektiert wird, und wir sind stolz darauf.“
Trump, selbst im Dauerangriffsmodus auf jegliche kritische Berichterstattung, sprang Hegseth bei: „Wenn es um Fragen des Krieges und jetzt unseres großartigen Kriegsministeriums geht, dann stört es mich, wenn ich Soldaten oder sogar hochrangige Generäle mit euch [Journalisten; d Red.] im Schlepptau herumlaufen sehe – denn sie können einen Fehler machen, und so ein Fehler kann tragisch sein.“
Eine so einheitliche Ablehnung einer Maßnahme der Trump-Regierung durch die Presse hat es in Trumps Amtszeiten noch nie gegeben. Wenn Hegseth die Anordnung nicht zurückzieht, dürfte die Angelegenheit vor Gericht landen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert