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Böhmermanns Pleite im Berliner HKWUnd alles für die Quote

Weil das Konzert von Rapper Chefket abgesagt wurde, will nun niemand mehr bei Jan Böhmermann im HKW auftreten. Das beschädigt die Kulturinstitution.

Auftritt abgesagt: Der Rapper Chefket sollte am 7. Oktober im HAW auftreten Foto: Rudi Keuntje/imago

Das Berliner Haus der Kulturen der Welt (HKW) ist nicht zu beneiden. Obwohl nur wenige Schritte vom Kanzleramt entfernt, wurde es von der Bundespolitik zumeist geflissentlich ignoriert. Dabei finden hier gute Konzerte vor internationalem Publikum statt, zuletzt etwa ein Auftritt des haitianischen Saxofonisten Jowee Omicil.

Mit Beginn der Intendanz des Kameruners Bonaventure Soh Bejeng Ndikung 2023 geriet das HKW jedoch in die Schusslinie des deutschen Feuilletons. Ndikung, der studierte Biologe aus Yaoundé, der der ersten, komplett von Schwarzen geführten Kulturinstitution in Deutschland vorsteht, wird offen angefeindet wegen seines „postkolonial“ ausgerichteten Programms. Der große Skandal blieb freilich aus.

Bis jetzt ausgerechnet der deutsche TV-Satiriker Jan Böhmermann mit der Ausstellung „Die Möglichkeit der Unvernunft“ Quote im HKW machen sollte. Das misslang gründlich, denn ein Konzert des vom Goethe-Institut zum Rap-Botschafter geadelten Schwaben Chefket als Teil von Böhmermanns Veranstaltung musste auf Druck von Kulturstaatsminister Wolfram Weimer abgesagt werden.

Schlimmes T-Shirt

Chefket sollte am 7. Oktober auftreten, am Jahrestag des Hamas-Massakers in Israel, bei dem unter anderem Be­su­che­r:In­nen eines Musikfestivals von Terroristen ermordet wurden. Chefket wurde ein ­T-Shirt mit der Aufschrift „Palestine“ und zwei Emblemen mit den Umrissen Israels, aber in Form von arabischen Kalligrafien, zum Verhängnis.

Am Mittwoch wurde nun bekannt, dass sich alle anderen deutschen Künst­le­r:In­nen weigern aufzutreten – aus Solidarität mit Chefket. Und jetzt?

Der Nahostkonflikt wird nicht von mittelmäßig begabten Deutschrappern gelöst. Jan Böhmermann hat sich beim Verlassen seines miefigen Fernsehgartens verspekuliert. Und Wolfram Weimer ist schon wieder in einer ZDF-Talkshow aufgetreten. Die Welthaltigkeit des HKW hat durch all diese Provinzialität erheblichen Schaden genommen.

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