Koalitionspläne für Ukraine-Flüchtlinge: Der Bund schaut mal, wer die Rechnung zahlt
Weil die Regierung Geflüchteten aus der Ukraine kein Bürgergeld mehr zahlen will, kommen Kosten auf die Kommunen zu. Aber wer zahlt dafür?
In den Koalitionsverhandlungen hatte die Union die Umstellung auf die niedrigeren Asylbewerberleistungen durchgesetzt. Sie soll für Ukrainer*innen gelten, die seit April 2025 neu nach Deutschland gekommen sind oder noch kommen. Einen entsprechenden Gesetzesentwurf hat das Sozialministerium im August vorgelegt und darin auch die Absicht erklärt, „begleitend zu diesem Gesetzgebungsverfahren“ mit den Ländern eine „eine pauschalierte Kostenentlastung“ zu vereinbaren.
Dass es nicht bei der Ankündigung bleibt und dass eine komplette Erstattung kommt, hatte zuletzt unter anderem der Deutsche Städtetag gefordert. In einem Beschluss aus dem September heißt es, der Bund müsse die zusätzlichen Kosten „vollständig und dauerhaft übernehmen“.
Angesichts der leeren Kassen in den Kommunen sei nämlich zu befürchten, dass „nicht durch den Bund refinanzierte Mehraufwände (…) gravierende Auswirkungen auf den gesellschaftlichen Zusammenhalt in den Städten haben könnten“. Auszugleichen sei auch der höhere Verwaltungsaufwand.
Der Staat spart nichts
Unterm Strich, dass ging schon aus dem Gesetzesentwurf hervor, sind für die öffentlichen Haushalte durch die Reform keine Einsparungen zu erwarten. Ein großer Teil der Kosten verteilt sich höchstens anders zwischen Bund, Ländern und Kommunen. Wie das Sozialministerium in der Antwort an den Bundestag bestätigt, rechnet es einmalig sogar mit zusätzlichen Umstellungskosten in Höhe von 1,3 Millionen Euro.
Für den laufenden Betrieb geht die Regierung dann nicht von einem höheren Verwaltungsaufwand aus. Das zweifelt man aber unter anderem in der Grünen-Fraktion an, da im Asylbewerberleistungsgesetz mehr Einzelfallprüfungen vorgesehen seien als beim Bürgergeld. Anders als im Bürgergeld sind Betroffene zum Beispiel nicht krankenversichert. Über die Kostenübernahme für Behandlungen wird in den Ämtern individuell entschieden.
Die grüne Bundestagsabgeordnete Karoline Otte wirft der Bundesregierung angesichts der Pläne „rechtspopulistische Quatschpolitik“ vor. „Im besten Fall steht der Bund zu seiner Verantwortung und übernimmt die Mehrkosten bei den Kommunen, dann ist das Motto linke Tasche, rechte Tasche“, sagte sie der taz. „Im schlimmsten Fall bleiben die Städte und Gemeinden auf den Kosten sitzen.“ Ihr Fazit: „Während die überlasteten Kommunen regelmäßig als Vorwand für Verschärfungen in der Migrationspolitik herhalten müssen, werden sie nun zusätzlich belastet.“ Das beweise, dass es eben nicht um die Entlastung der Kommunen gehe.
Entlastung durch Abschottung
In der Bundestagsanfrage hatten die Grünen auch danach gefragt, wie die Regierung die Kommunen dabei unterstützt, sich auf den Worst Case vorzubereiten: einen starken Anstieg der Zuzüge aus der Ukraine wegen eines „sich verändernden Kriegsverlaufs“. Die Antwort der Regierung: Man stelle regelmäßig „Zahlen zum Migrationsgeschehen und migrationsbezogene Lageeinschätzungen“ zur Verfügung. Allgemein helfe der Bund den Kommunen schon seit Kriegsbeginn unter anderem dadurch, dass er ihnen Unterkünfte mietfrei überlasse.
Aus der Antwort an die Grünen-Fraktion geht auch hervor, dass Schwarz-Rot die Pauschale nicht erhöhen will, die der Bund den Kommunen für jede Person zahlt, die einen Asylantrag stellt. Sie wurde 2023 auf 7.500 Euro pro Jahr festgelegt und seitdem trotz der Inflation nicht erhöht. Statt durch mehr Kompensationen, so das Sozialministerium jetzt, entlaste man die Kommunen insbesondere durch eine andere Maßnahme: die „Reduzierung der Flüchtlingszahlen“.
Gemeinsam für freie Presse
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Alle Artikel stellen wir frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade in diesen Zeiten müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass kritischer, unabhängiger Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!