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Gaza-Solidarität in ItalienProteststurm gegen Israels Stoppen der Gaza-Hilfsflotte

In Italien ist die Unterstützung der Global Sumud Flotilla besonders groß. Das reicht zum Ärger von Ministerpräsidentin Meloni bis in rechte Kreise.

Blockade von Gleisen des Mailänder Bahnhofs Cadorna aus Protest gegen Israels Vorgehen gegen die Gaza-Hilfsflotte am Mittwochabend Foto: Luca Bruno/ap/dpa

Rom taz | Tausende Menschen sind Mittwochabend in ganz Italien auf die Straße gegangen, um gegen Israels Attacke auf die Global Sumud Flotilla zu protestieren. Kaum hatte die Nachricht die Runde gemacht, dass israelische Einheiten begannen, die Boote der Flotille zu entern, vereinigten sich in Turin, Mailand, Rom, Neapel, Palermo und vielen anderen Städten Menschen zu Demonstrationszügen oder Straßen- oder Bahnhofsblockaden.

In Rom marschierten zunächst nur ein paar hundert Personen vom wichtigsten Bahnhof, der Stazione Termini, los, doch binnen Stundenfrist wurde Richtung Stadtzentrum daraus ein mächtiger Zug von wohl 10.000 Leuten. Als sie diverse Straßen rund um den Bahnhof blockierten, reagierten die meisten Au­to­fah­re­r*in­nen keineswegs verärgert, sondern signalisierten mit Victory-Zeichen ihre Zustimmung – eines der Zeichen dafür, wie populär der Gaza-Protest in Italien ist.

Wie in Rom war das Bild in den anderen Städten: 70-jährige Altlinke demonstrierten an der Seite von Familien ebenso wie von reichlich präsentem jungem Volk aus den Unis und Schulen. Und es war ein Graswurzel-Protest, denn zu sehen waren keine Partei-, sondern nur ein paar Gewerkschaftsfahnen. Die Aufrufe zum Protest machten über WhatsApp und Instagram die Runde.

Aufruf zum Generalstreik am Freitag

Eine weit größere Dimension dürften die Demonstrationen am Freitag und Samstag erreichen. Für Freitag rufen Italiens größter Gewerkschaftsbund, die CGIL, wie auch diverse radikal linke Basisgewerkschaften zum Generalstreik auf. Schon bei dem – allein von den Basisgewerkschaften organisierten – landesweiten Streik- und Protesttag am 22. September waren mehrere hunderttausend Menschen auf die Straßen gegangen – allein in Rom mehr als 50.000, die in 80 Städten zu Kundgebungen gekommen waren.

Am Samstag dann wird eine schon seit Wochen geplante nationale Großdemonstration in Rom stattfinden, die alle bisherigen Proteste übertreffen dürfte. Die Breite der Bewegung in Italien erklärt sich nicht zuletzt daraus, dass das Sterben in Gaza und die Global Sumud Flotilla in deutlich größerem Maß öffentlich präsent sind als etwa in Deutschland.

Mehr als 40 Ita­lie­ne­r*in­nen sind auf die Boote der Flotille gestiegen, unter ihnen diverse TV- und Print-Journalist*innen ebenso wie vier Abgeordnete der Oppositionsparteien Partito Democratico, Fünf Sterne und Alleanza Verdi-Sinistra (Grün-Links Allianz). Sie haben die öffentliche Meinung im Rücken: Gut zwei Drittel der Menschen im Land erklären sich solidarisch mit der Flotille, selbst unter den An­hän­ge­r*in­nen der rechten Regierungsparteien erreichte die Zustimmung in einer Umfrage letzte Woche 44%.

Entsprechend nervös reagiert Ministerpräsidentin Giorgia Meloni. Ihre Regierung ist zusammen mit der deutschen der Bremser in der EU, wenn es um die Anerkennung Palästinas, um Sanktionen gegen Israel, um die Einstellung der Waffenlieferungen oder die Suspendierung des EU-Assoziierungsabkommens mit Israel geht.

Meloni beschimpft Ak­ti­vis­t*in­nen der Hilfsflotte

Stattdessen beschimpft Meloni Tag für Tag die Gaza-Aktivist*innen. Sie wirft sie zum Beispiel der Flotille vor, ihre Aktion sei „eigentlich gegen die italienische Regierung“ gerichtet, was die dort mitfahrenden Menschen aus Neuseeland, Argentinien oder Indonesien und 40 weiteren Nationen überraschen dürfte.

Zuletzt verstieg sich Melonie zu der Anklage, die mit Mehl und Konserven beladenen Boote könnten mit ihrem Versuch, die israelische Blockade zu durchbrechen, gar Donald Trumps Friedensplan zum Scheitern bringen. Angesichts des für Freitag angekündigten Generalstreiks giftete Meloni, der werde „dem palästinensischen Volk keinerlei Nutzen, dem italienischen Volk dagegen viel Ungemach bringen“.

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